Deutschland 2012 · 96 min. · FSK: ab 12 Regie: Nina Grosse Drehbuch: Nina Grosse Kamera: Benedict Neuenfels Darsteller: Katja Riemann, Sebastian Koch, Tobias Moretti, Barbara Auer, Sylvester Groth u.a. |
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Im Wald spazierengehen: Irgendwie langweilig, dieses Wochenende |
»Ich will, dass du dich entschuldigst für dein mieses verpfuschtes Leben.« – »An mich wird man sich erinnern. An dich nicht.« Ein Streit zwischen Vater und Sohn und eine überaus sprechende Auseinandersetzung, bei der zweierlei Selbstgerechtigkeiten aufeinanderprallen: Die Rechthaberei des Berufsrevolutionärs, der nach langjähriger Haft endlich aus dem Gefängnis freikommt, und keinen einzigen Fehler eingestehen will, und die Arroganz des Sohnes, der alles besser weiß, und für alles, was in seinem Leben nicht läuft, die Fehler des Vaters als Ausrede benutzt.
Nina Grosses Film Das Wochenende liegt der gleichnamige Roman von Bernhard Schlink aus dem Jahr 2008 zugrunde. Es geht um die inzwischen deutlich gealterte Generation der einstigen RAF, die auf sehr verschiedene Art und Weise mit ihrer Vergangenheit zurecht kommt: Jens (Sebastian Koch) ist ein verurteilter Linksterrorist, der nach 18 jähriger Haft begnadigt wird. Seine Schwester Tina (Barbara Auer) lädt nach der Haftentlassung Jens' wichtigste Freunde von damals auf ein Wochenende im ein Brandenburger Landhaus ein. Darunter finden sich Jens' alter Kampfgefährte Henner (Sylvester Groth), der aus der gemeinsamen Vergangenheit ein Buch gemacht und damit viel Geld verdient hat. Seine Exfreundin Inga (Katja Riemann) ist Literaturagentin und mit dem Edel-Konditor Ulrich (Tobias Moretti) verheiratet.
Und dann wird diskutiert: Ein bisschen Vergangenheitsbewältigung, ein bisschen mehr Familienaufstellung, und ganz viel Melodram – dies ist die Mischung der Romanverfilmung. Vergangenheit, Verstrickung und Schuld, dazu eine deftige Portion Sex und ein politisch brisantes Thema, das ist die Mischung, die generell den Erfolg von Bernhard Schlinks Roman ausmacht: Bei der Literaturkritik fiel das Buch seinerzeit eher durch – »erstaunlich konventionell« nannte es die FR, »klischeehafte Beschreibungen ..., steife Dialoge und überhaupt allzu simple Charakterzeichnungen« bemängelte seinerzeit die FAZ.
Leider fehlen im Film zwei der interessantesten Romanfiguren: Die Bischöfin Karin und der rigorose Marco, der die Hauptfigur zur Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes bewegen möchte. Erhalten blieben dagegen ein paar Spannungsbögen zur Abwechsung und viel Gerede. Aber auch die Antwort auf die Frage, wer Jens denn damals nun verraten hat, kann gar nichts lösen, sie stillt nur die voyeuristische Neugier des Publikums.
Was diesen Film dann trotzdem ein wenig über den Kino-Durchschnitt hinaushebt, sind die Bilder und die Inszenierung. Es herrscht das Grau-Grün-Braun vor, dass in vielen Filmen dominiert, in denen es irgendwie um Historisch-Politisches geht – offenbar dürfen dann die Farben nicht zu hell sein. Die Grundatmosphäre eines Kammerspiels wird immer wieder unterbrochen von entfesselten Bildern, von Kamerafahrten und Schwenks, wenn die emotionale Achterbahnfahrt der Figuren symbolisiert werden soll. Auch die Schauspieler überzeugen, besonders Sylvester Groth und Sebastian Koch.
Einen neuen Blick auf den Terror ergibt der Film allerdings nicht, eher ist dies ein weiteres, vergleichsweise bedeutungsloses Glied in der langen Kette der »RAF-Filme«, die sich – von Die innere Sicherheit über Der Baader Meinhof Komplex bis zu Wer wenn nicht wir – bislang nicht zu einem abgeschlossenen Ganzen fügen wollen. Das Wochenende möchte alle seine Figuren gleich gut verstehen, und entscheidet sich deswegen leider nicht, was er uns denn nun über die RAF erzählen will. Angedeutet wird die Heimkehr der RAF in die Mitte der Gesellschaft über ihre Verpoppung zu T-Shirt-Ikonen und Filmhelden. Liebe und Sex sind es, die hier die allermeisten Wunden heilen – nach 18 Jahren Haft ist das vielleicht doch ein bisschen zu wenig...