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"vortrag" von hans belting alte methoden für neue medien? - fragen an die inhalte der zukunftsperspektive im fach
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Pardoxerweise wurde dem Vortrag, dem die Studenten mit größter Spannung entgegengefiebert hatten, gleich zu Beginn das Wesen eines Vortrags aberkannt: Prof. Hans Belting erklärte, daß er hier in München keinen Vortrag halten, sondern vielmehr die Gelegenheit nutzen wolle, um dezidiert mit den Studenten (seiner ehemaligen Wirkungstätte) über Zukunftsperspektiven des Faches Kunstgeschichte zu diskutieren. Nur als Grundlage und Vorbereitung für diese Diskussion wollte er seine anschließend vorgetragenen Forderungen an das Fach sowie seine Vorschläge zum Umgang mit den neuen Medien verstanden wissen. | |
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Es sei wichtig voranzustellen, so Belting, daß nicht nur
eine “kleine Truppe” der Kunsthistoriker für die Erforschung
“Neuer Medien” abgestellt werden dürfe und der Rest im “alten
Trott” weitermache, sondern daß die Auseinandersetzung
mit den neuen Medien für eine generelle Standorts- und Zukunftsbestimmung
genutzt werden müsse. Belting wolle jedoch nicht als “Werbeagent”
der neuen Medien auftreten, sondern zum reflektierten Umgang
mit diesen anregen. Die Kunstgeschichte solle aus dem Dornröschenschlaf der nur auf das “Schöne” bezogenen, bildimmanenten Methoden aufwachen und “lebendiger und selbstbewußter” sich einerseits der eigenen Aufgabe bewußt werden und andererseits sich anderen Disziplinen öffnen. Eine Stilisierung der Errungenschaften früherer Kunsthistoriker, die zu einer “Selbsthistorisierung” führe, zeige dagegen die fatale Kreativitätslosigkeit des Faches. Als Beispiel dafür, daß die Kritik angebracht sei, verwies Belting auf die kürzlich in der Kunstchronik erschienene Rezension durch Otto Karl Werckmeister, die sich mit seiner Revision vom “Ende der Kunstgeschichte” (1995) auseinandersetzte: Die hier formulierte Kritik an Belting - daß ihm durch sein “emphatisches Engagement” für die zeitgenössische Kunst die von einem Wissenschaftler geforderte Objektivität abginge - quittierte er mit dem Verweis auf die “Subjektivität und Kunstgeschichte”. Immerhin brächte ein subjektives Engagement seitens des Kunsthistorikers weitaus ehrlichere Ergebnisse, als die Illusion von Objektivität. | |
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Angesichts der immer größer werdenden Bedeutung von
Bildern in der heutigen Gesellschaft sei - so Belting - die Zeit
gekommen, eine “Geschichte der Bilder” zu schreiben, in der jeweils
ihre Bedeutung für den Menschen und ihre Rezeption behandelt
werde - ein Projekt, welches aber die Kunstgeschichte als solche
nicht absetzen wolle. Mit dem Schlagwort der Globalisierung verwies Belting auf die Chance, einer Öffnung des Faches auf der Ebene eines interkulturellen Diskurses, um auf diesem Wege zu einem vertieften Bewußtsein der eigenen Kultur zu gelangen. Im Sinne eines anthropologischen Verständnisses der Bilder regte Belting dazu an, das gesamte Bildmaterial der Geschichte und den Umgang mit diesem sowie die Rolle der Kunst generell für den Menschen zu überdenken. Die Aueinandersetzung mit den neuen Medien bietet die Chance, uns mit unseren Lebensbedingungen auseinanderzusetzen und damit unsere Kultur zu retten. In einer abschließenden Präsentation eines Videos, in welchem Studenten der Hochschule in Karlsruhe Videoinstallationen Bill Violas zu dokumentieren versuchten (“Slowly Turning Narrative”, 1992 und “Heaven and Earth”), zeigte Belting im Konkreten einen Weg, die neuen Medien als Arbeitsmittel für die kunsthistorische Ausbildung zu nutzen. | |
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Die Tatsache, daß viele dieser vorgetragenen Anregungen
dem Zuhörer irgendwie bekannt vorkamen, mag daran liegen,
daß sie schlichtweg nicht neu waren. In der Diskussion
war eine Verwirrung über das tatsächliche Ausmaß
der Anregungen für die kunsthistorische Praxis zu spüren.
Es hätte vielleicht deutlicher gemacht werden müssen,
daß zwischen einer Arbeitsmittel- und Methodendiskussion
zu unterscheiden ist: Zum einen stehen mit den neuen Medien modernere
“Arbeitsmittel” zur Verfügung. Außerdem kann der Umgang
mit neuen Medien auch neue Fragestellungen und methodische Ansätze
eröffnen, was jedoch nicht heißen muß, daß
die “Methoden” des Faches generell als veraltet angesehen werden
müssen. Bedauerlicherweise schlug das Projekt gerade durch
den Versuch, ohne ausgearbeiteten Vortrag in eine Diskussion
mit Studenten überzuleiten, fehl, da diese Art der Vermittlung
nicht dazu ausgestattet war, den im Publikum sitzenden Kollegen
zu begegnen. Angesichts des vollbesetzten Hörsaals wurde
die Diskussion weitestgehend von nicht-studentischen Redebeiträgen
bestritten. Um Stellungnahmen und Diskussionsbeiträge wird gebeten. | |
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