|
fotografie special der fotografie auf der spur
| |||||||
|
Bei Andreas Binder (Knöblstr. 8) ist zur Zeit eine Ausstellung von Ursula Rogg zu sehen sowie eine Photoarbeit von Paul Graham. Roggs Arbeiten zeigen Küchenszenarien, die den Blick auf bürgerliche Küchen samt ihrer Bewohner, meist einfache Hausfrauen, freigeben. Dabei lichtete die Münchner Fotografin die Küchen jeweils in einem Moment ab, der sich kurz vor einem großen Fernsehspektakel abspielte: Berühmte Starköche bitten einfache Hausfrauen bei ihnen zu Hause vor laufender Kamera kochen zu dürfen. Rogg wählte für ihre Arbeiten nun Momente, die die Frauen in manchmal erschöpfter, manchmal nachdenklicher, immer aber stiller Pose zeigen. Momente, die nicht für die Reality-Show gedacht waren, und trotzdem - durch Roggs Arbeiten - nun öffentlich gemacht werden. Die Künstlerin beschäftigt sich schon seit einiger Zeit mit den Posen, die hinter den Kulissen stattfinden, wenn Kamera und Scheinwerfer den vermeintlichen Schauspielern eine kurze Ruhepause gönnen. Damit verdoppelt sie sozusagen den Wunsch der kurzen Fernsehstars in das Rampenlicht zu kommen: die Abgebildeten werden nicht nur im Fernsehen gesendet, sondern auch noch in der Galerie oder im Museum in Form von großformatigen Fotoarbeiten gezeigt. Rogg stellt sich mit diesen Arbeiten in die Tradition der postmodernen Fotografie bzw. der Appropriation Art, die mit Künstlern wie Richard Prince, Ellen Brooks oder auch Cindy Sherman ihren Anfang nahm. Nicht die Themen aus den Medien, sondern die Medien selbst werden thematisiert, und kommen dabei - natürlich - immer ziemlich schlecht weg. Dabei liegt die Gefahr bei dieser Medienkritik natürlich immer darin, einfach mit dem Hammer drauf zu hauen, eine Schwäche, der sich auch Ursula Rogg nicht ganz entziehen konnte. Denn der Betrachter verweilt schließlich vor den Bildern mit dem nicht neuen Gedanken, daß Medien, allen voran die Reality-TV-Show dem Menschen nur Schlechtes wollen, er aber in seiner Unschuld nichts bemerkt. Daß aber der Mensch selbst die Medien bestimmt, wird hier vielleicht manchmal vergessen. (Galerie Andreas Binder, noch bis 20.2.1999) | |||||||
|
In der Goethe 53 ist derzeit eine Ausstellung von Andrej Barov zu sehen. Barov setzt sich über die Grenzen der klassischen Fotografie hinweg, und arbeitet nicht mehr mit der Kamera, sondern - ausschließlich - mit dem Computer. Nach seinen fotografischen Anfängen, in denen er penibel kleine Theaterbühnen in seinem Studio nachgebaut und abfotografiert hat, hat er mittlerweile das Digitalisierbrett des Macintosh für sich entdeckt. Anfänglich arbeitete er hier noch mit seinem eigenen Bilderfundus und mischte die Bilder im Computer nur neu auf. Mittlerweile aber entstehen auch die "Bilder für die Bilder" am PC, indem sie mit einem 3-D-Programm entworfen und im wahrsten Sinne des Wortes modelliert werden. Dabei setzt Barov auf zweierlei Themengebiete, die szenische Darstellung (etwa das Leben von Oscar Wilde) und das Stilleben. Für letzeres hat er eine Reihe von - zumeist altertümlichen - Küchenutensilien mit einer Haut aus Lebensmitteln überzogen, so daß sprichwörtlich aus dem Teegeschirr ein "Zitronenteegeschirr" wird oder aus dem Fleischwolf ein Gerät, das nicht nur Fleisch dreht, sondern auch Fleisch ist. Wenn bei diesen technischen Raffinessen zuweilen auch die Inhalte etwas verloren gehen, so ist die Ausstellung doch insofern sehenswert, da sie die große Spannbreite an Möglichkeiten zeigt, die die Fotografie mittlerweile bereithält. (Goethestr. 53, noch bis 12. Februar, Montag bis Freitag 11.00 - 18.00 Uhr) christine walter
| |||||||
|
Zwiespältig steht man vor den photographisch-pornographischen Arbeiten von Jan
Saudek. Wie soll man sich diesen kopulierenden, fettwulstreichen, krampfaderbrüstigen, dabei
noch himmelschreiend kolorierten Exponaten nähern? Will man es überhaupt? Seit Saudek
durch diverse Publikationen des Taschenverlags omnipräsent ist, muß man sich wohl auch
damit auseinandersetzten. Vor Ort gelingt das momentan in der Galerie Objekte noch bis zum 2.
März (Kufürstenstr. 17, werktags 14-18.30 Uhr, tel. 2711345).
1935 in Prag geboren, gilt Saudek heute als einer der bekanntesten Photographen der Nachkriegszeit. Da die Prager Photographie dank Sudek, Drtikol, Funke und vielen anderen ein schwergewichtiges Erbe darstellt, dem man so leicht nichts entgegensetzt, mag hier ein Grund für die überspannten Diversifizierung Saudeks liegen. Und vielleicht datiert der Photograph auch deshalb seine Bilder in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es entsteht so eine mögliche Photographie, die damals nur in Ansätzen verwirklicht wurde. Oder sollen die Anfänge der Pornographie karikiert werden? Die spielerische Harmlosigkeit früher pornographischer Versuche, deren eklatante Bemalung jedes Fünkchen Erotik raubte, führt Saudek weiter, teilweise ebenso lieblich-naiv wie anno dazumal, andererseits unerträglich überspannt. Schön zu sehen, daß er auch anders kann und mit einer Reihe Schwarzweißaufnahmen an seine Prager Ahnen anknüpft. Diese Porträts (z.B. Black Tear) und Akte sind von tschechischer Poesie traumschwer gekennzeichnet und schrammen meist haarscharf am Kitsch vorbei.
|
galerien und museen in muenchen |
berichte, kommentare, stellungnahmen |
meinungen, thesen, aktionen |
kulturinformation im internet |