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Die Begründungen
der Jurys
De
droom van de beer
Der Film zeigt mit witzigem, poetischem und filmischem Flair, wie der
sowjetische Staatszirkus als Propagandainstrument gefördert und benutzt
wurde. Durch seinen ironischen Blick auf einige der berühmtesten
Artisten und auf verschiedene Tiere entsteht ganz nebenbei ein Bild künstlerischer,
menschlicher und tierischer Schicksale vor dem politischen Hintergrund
der ehemaligen Sowjetunion.
Riben
Guizi
Riben Guizi (Soldaten des Teufels) von Minoru Matsui ist das erschreckende
Dokument über eines der düstersten und oft verdrängten
Kapitel japanischer Geschichte: von 1931 (japanischer Einfall in die Mandschurei)
bis Ende des Zweiten Weltkriegs 1945. Es sind die Selbstbekenntnisse der
unbeschreiblichen Greueltaten, begangen von Soldaten der Kaiserlichen
Armee (vom einfachen Soldaten bis zum General).
Die Einmaligkeit des Films besteht darin, daß sie selbst in noch
nie dagewesener Ehrlichkeit von ihren Verbrechen an der Zivilbevölkerung
berichten. Der Film ist inhaltlich so wichtig, weil die Aussage exemplarisch
für die katastrophalen Folgen unmenschlicher Befehle steht.
Er zeigt, daß es nicht allein darum geht, Kriegsverbrecher hinzurichten,
sondern um einen Prozess des Bewußtwerdens der Verantwortung, die
an die nachfolgenden Generationen weitergegeben wird.
To
Spiti Tou Kain
... und Kain erschlug seinen Bruder Abel, so die Anspielung des Titels
auf die Hauptpersonen des Films. Sieben Männer und Frauen, die als
MörderInnen ihre Strafe verbüßen, erzählen von ihren
Erinnerungen an die Tat. Das Schicksal der Opfer bleibt bewußt ausgespart.
TO SPITI TOU KAIN zeigt die dunklen Abgründe der menschlichen Seele
auf. Christos Karakepelis hat es sehr gut verstanden, sich der tiefgreifenden,
zeitlosen Thematik des Films in einer intensiven wie auch sensiblen Art
und Weise anzunähern. Besonders beeindruckt hat das handwerkliche
Können des Regisseurs, der durch seine erstklassige Arbeit mit Licht
und Kameraführung eine eindrucksvolle Wechselwirkung zwischen Poesie
und Symbolik einerseits, sowie thematischer Eindeutigkeit andererseits
erzielt hat. Christos Karakepelis zeigt uns, daß es nicht nur die
"ANDEREN" sind. Eine Reduktion von Erklärungsansätzen
auf eine simple Schwarz-Weiß-Polarisation kann nicht immer eine
adäquate Antwort liefern.
Eine lobende Erwähnung geht ausdrücklich an den Film VIVRE APRÈS
- PAROLES DE FEMMES von Laurent Bécue-Renard."
Anonym
Alexandra Guleas Film ANONYM vermittelt seine Aussage ohne Sprache durch
bis ins Detail durchkomponierte Bilder und einer einfühlsam gestalteten
Tonebene. Der erkennbare Gestaltungswille der Regisseurin wirkt dabei
nie prätentiös und aufdringlich. Ihr Film ist ein Gedicht in
schwarz-weiß über Gefühle und Empfindungen. In seiner
Kürze vermittelt er mehr über das Fremdsein als manch lange
Reportage. ANONYM ist ein Film wie man ihn nur als Künstler machen
kann, poetisch, sensibel und getragen von der Liebe zum Menschen.
Verbrechen
in Florenz - Die Schriftstellerin Magdalen Nabb
Peter Goedels Film "Verbrechen in Florenz" erzählt in ruhigen
und poetischen Bildern vom Leben und Arbeiten der englischen Schriftstellerin
Magdalen Nabb in Florenz. Mit der Autorin wirft der Filmautor einen Blick
hinter die touristischen Fassaden der Stadt, in der es Korruption und
Verbrechen aus Leidenschaft gibt.Peter Goedel hat für seinen Film
eine unterhaltsame und spannende Erzählweise gefunden. Der unaufgeregt
geschnittene Film nimmt den Zuschauer mit auf die Recherche zu verschiedenen
Polizeistationen und führt ihn an authentische Orte des Verbrechens.
Die Schriftstellerin kommt in geschickt eingeschnittenen Interviewszenen
ausführlich zu Wort. Die Lust des Filmautors an seinem erzählerischen
Gegenstand dokumentiert sich in inszenierten Episoden mit Spielfilmcharakter.
Der Film regt Zuschauer, die noch nie ein Buch von Magdalen Nabb gelesen
haben, zum Einstieg in aufregende Lektüren an.
Elke
Schmitter: "Frau Sartoris"
Claudia Kucza gelingt es, uns in ihrem Magazinbeitrag zu Elke Schmitters
Roman "Frau Sartoris", ein offenes Bildangebot zu machen. Sie
lässt uns bei aller Schönheit der Bilder den Freiraum für
eigene Assoziaitionen.
Mit liebevoll inszenierten Spielszenen versetzt sie uns in die Erzählzeit
des Romans - die 50er und 60er Jahre - und vermag es gleichzeitig, auch
die aktuelle Rezeptionsgeschichte eines literarischen Debüts zu thematisieren.
Die Autorin entlockt der Schriftstellerin Elke Schmitter geistreiche Gedanken
zu ihrem Roman. Vom ersten bis letzten Schnitt bietet ihr Film intelligente
Unterhaltung. Mehr kann man eigentlich von 5 Minuten Fernsehen nicht erwarten.
Stille
Rebellen - Bürgermut gegen Naziterror
Ein Treffen in Berlin
Ein fast vergessenes Ereignis aus dem Kriegsjahr 1943: Drei junge Männer
des belgischen Widerstandes bringen einen deutschen Zug zum Halten, mit
dem anderthalb Tausend Juden nach Auschwitz gebracht werden sollen. Einigen
Gefangenen gelingt unter dramatischen Umständen die Flucht. Ulrich
Harbecke dokumentiert in seinem Film "Stille Rebellen - Bürgermut
gegen Naziterror" ein Treffen von Überlebenden mit der Publizistin
Marion Schreiber, die dieses Ereignis recherchiert und in einem Buch wiedergegeben
hat. In direkten, unprätentiösen Bildern läßt der
Autor uns an der bewegenden Arbeit von Erinnerung und Trauer teilhaben.
Am Anfang und am Ende zeigt er uns historische Aufnahmen von den Deportationen,
die uns der Film neu zu sehen verhilft. In diesem respektvollen Akt von
audiovisueller Geschichtsschreibung entsteht die berührende Form
eines filmischen "Kaddish": Gedenken an die Opfer, menschliche
Nähe zu den Überlebenden.
Kulturzeit:
Martin Heidegger
Frank Hertweck skizziert in seinem filmischen Essay über Martin Heidegger
die ideologischen Verstrickungen des Philosophen in die Ideologie des
Nationalsozialismus. Hertweck verfügt über eine eigenwillige
und originelle Filmsprache. Er kommt ohne belehrende Kommentare aus. In
der Freisetzung einprägsamer Bilder, anhand einer rhythmisch gestalteten
Schnitt-Technik, dank visuell raffiniert eingesetzter Heideegger-Zitate
und mittels prägnanter Originaltöne von Heidegger-Experten gelingt es
Frank Hertweck, seine Zuschauer für eine andauernde kontroverse Diskussion
zu interessieren.
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The Jury's Decisions
De
droom van de beer
The Documentary Film Prize of the Bavarian Television Corporation Bayerischer
Rundfunk, with DM 20,000 prize money, goes to Cherry Duyns for the film
DE DROOM VAN DE BEER.
With witty, poetic and cinematic charm, the film shows how the Soviet
state circus was promoted and implemented as a propaganda instrument.
The film's ironic examination of several of the most famous artistes and
the various animals incidentally renders a portrait of artistic, human
and animal fates against the political backdrop of the former Soviet Union.
Riben
Guizi
The Special Documentary Film award, sponsored by the film equipment rental
company Licht & Ton and the festival, with DM 5,000 prize money, goes
to Minoru Matsui for the film RIBEN GUIZI. The film is the shocking document
of one of the darkest and most suppressed chapters in Japanese history:
from the Japanese invasion of Manchuria in 1931 to the end of the Second
World War in 1945. The film documents the confessions of horrifying acts
of atrocity committed by soldiers of the Japanese Imperial Army - from
simple recruits to generals.
What makes the film so unique is the unprecedented honesty with which
the soldiers speak about their crimes against the civilian population.
The content of the film is so significant because the statements are striking
examples of the disastrous consequences of inhumane orders.
It shows that it is not enough to execute war criminals. More important
is the process through which a sense of responsibility can grow and be
passed on to following generations.
To
Spiti Tou Kain
The Planet Audience Award goes to Christos Karakepelis for the film TO
SPITI TOU KAIN. "...And Cain killed his brother Abel." The film's
title is a reference to ist protagonists. Seven men and women who are
serving time as murderers talk about their memories of the crimes. The
fates of their victims are consciously omitted.
TO SPITI TOU KAIN shows the dark depths of the human soul. Christos Karakepelis
has managed to deal with the film's gripping, timeless topic in an intense
and sensitive manner. The jury was especially impressed by the director's
technical skill, the top-notch lighting and camera-work which achieved
an impressive combination of poetry and symbolism, on the one hand, and
unequivocal statement of fact, on the other. Christos Karakepelis shows
us that we cannot just refer to the "others". When reduced to
simple black-and-white polarization, attempts to explain cannot always
provide an adequate answer.
The Jury explicitly gives an honorable mention to the film VIVRE APRÈS
- PAROLES DE FEMMES by Laurent Bécue-Renard.
Anonym
The Special Prize of the Bavarian Film and Television Fund Filmfernsehfonds
Bayern, with DM 10,000 prize money, goes to Alexandra Gulea for the film
ANONYM. The film makes its statement without words, through meticulously
composed images and a sensitively designed soundtrack. The director's
creative drive is never pretentious or heavy-handed. Her film is a black-and-white
poem about emotions and feelings. Short as it is, the film says more about
the state of alienness than many a long film reportage. ANONYM is a film
which only an artist can make: poetic, sensitive and inspired by a love
for human beings.
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