Das Fantasy Filmfest ist 10 Jahre alt geworden und nach dem
10ten mal Horror und Grauen fragt man sich nach seinen Zielen. Die
Veranstalter beschreiben diese im Vorwort des Programms: Als
"Trüffelschweine" wollen sie dem Schauerfreund die Arbeit abnehmen,
sich mühsam durch den Sumpf des Fimmatschs zu schnüffeln, um die
kleinen Schätze des Genres zu finden. Mit solch einem Anspruch
wirft man selbstverständlich die Frage auf, ob dies gelingt oder ob
der Trüffel nicht manchesmal nach Stinkmorchel schmeckt.
Das Fantasy Filmfest bedient seit jeher eine Gegenszene. Gegen
Mainstream, gegen Hollywood, gegen bürgerliche Moral und guten
Geschmack. Ein Publikum, das sich gerne auch blutig unterhält, das
lachen will, wo andere Menschen schreien. Horror ist für das
Filmbuisiness, was Punk für die Musikszene war: Ein Freiraum ohne
Tabus, ein Experimentierfeld am Rande des Erlaubten; nicht umsonst
finden sich hier wie dort Indizierungen und Kürzungen durch FSK und
Jugendprüfstelle.
Um solchen Filmen und dem Publikum, das sie liebt die Chance auf
eine Kinoleinwand zu geben, dazu scheint das Faytasy Filmfest
geeignet. Allerdings bleibt dann strittig was Previews großer
Produktionen und Serienpromotionen dort zu suchen haben. Insgesamt
betrachtet lassen sich die Filme in eine Typologie einordnen, die
so aussieht:
1. Filme, die selbst bei großzügigster Definitionsbreite des
Wortes absolut nichts mit "Fantasy" zu tun haben. Deutlichstes
Beispiel hierfür war in diesem Jahr "Fallen Angels" von Wong
Kar-Wai, dem Regisseur von "Chungking Express". Denn dieser schöne
Film basiert - trotz seiner recht merkwürdigen Protagonisten - auf
einer potentiellen Realität: dem Leben einiger jungen Leute im
untergangsschwangeren Hongkong der Neunziger.
2. Hollywood-Produktionen, die auf altbewärte Weise Elemente des
Untergrunds im Mainstream verwursten. Sie kommen meist im
Mäntelchen einer Preview, wie "Barb Wire" und "Akte X", oder als
Kinoauflage von Videofilmen, wie "Virtuosity", die besser in
Vergessenheit geblieben wären. Solche kommen natürlich nicht nur
aus Hollywood, alle produzieren Müll und es macht den Anschein, daß
die Schatzgräber des Fantasy Filmfests uns häufig Belanglosigkeiten
als Perlen verkaufen wollen.
3. Wirkliche Spezialitäten, die nur in stark zensierter Version
oder gar nicht ins Kino kommen. Wodurch sie, zumindest formell, dem
Anspruch einer Gegenbewegung des tabubrechenden phantastischen
Films gerecht werden. In den letzten Jahren traf dies auf
"Braindead" und "Dellamorte, Dellamore" zu, dieses Jahr wird wohl
"Hellraiser: Bloodline" die Liste erweitern.
Es gibt also (natürlich) noch den anderen, gegenströmenden Film.
Die Position des Fantasy Filmfests dazu wird aber nicht klar. Will
es diese Filme unterstützen oder ist es nur ein weiteres Forum für
Überallzusehendes und Belangloses? Mit anderen Worten: Will das
Fest vor allem Geld oder Spaß machen und weh tun?
Es scheint als wird ein Spagat zwischen beidem versucht. Aber um
"Texas Chainsaw Massacre" zu sehen, muß man doch weiter ins
Werkstadtkino gehen.
Max Hermann und Christian Rechmann
|