Zweite Chance für Ralf König
Vorsätzliche Unsachlichkeit ist bei ehrenwerten Rezensenten
Trumpf, wenn es um Literaturverfilmungen geht. Bei solchen
unterteilen wir einerseits in mißlungene (80%), gelungene (Raymond
Chandlers "The Big Sleep") und die, bei denen eh alles wurscht ist
("Das Geisterhaus", "Salz auf unserer Haut").
ähnlich verheerend muß die Bestandsaufnahme bei den
Realfilmversionen von Comics ausehen. Wo meist schon, wie z.B. bei
Asterix und Lucky Luke, der Zeichentrick versagt, muß die
Schauspielvariante erst recht scheitern.
Jane Fonda als "Barbarella" aus dem Jahre 1967 kann man aufgrund
er zeitlichen Distanz schon wieder lustig finden, die Nachfolger
der 80er und 90er, Superman, Batman, Hulk und ihre Freunde, sind
Filme von Dreißigjährigen für Dreizehnjährige; kein Mensch braucht
sowas. Verschweigen sollte man Robert Altmans "Popeye" mit Robin
Williams, verdammen Terence Hills unentschuldbare Lucky
Luke-Adaption, preisen aber ausnahmweise den wackeren Warren
Beatty. Der nämlich hat's grad umgekehrt gemacht: Aus einem
schlechten Comic einen edlen Film.
Doch "Dick Tracy" wird wohl auf einige Zeit einsam bleiben als
geglücktes Experiment, Schlimmes nämlich wurde schon angekündigt,
z.B. ein Peanuts-Film mit Phil Collins als Charly Brown,
hoffentlich eine Zeitungsente; außerdem wiederholen sich beharrlich
die Pressemeldungen über ein Projekt mit Gerard Depardieu als -
Augen zu - Obelix. Dies zu vereiteln, wollen wir uns alle einen
gütigen Blitz herbeisehnen, gell?!
Der Schwulcomic "Der bewegte Mann" war eine der harmlosesten
Arbeiten von Ralf König, wurde von Söhnke Wortmann noch harmloser
besetzt und in einer Art Hetero-Kuschel-TV-Mix verwässert. Gelobt
wurde Wortmann hauptsächlich für die witzige Story, die aber nun
mal von König stammt. Durch den blöderweise eingetretenen Erfolg
von "Der bewegte Mann" ist nun die Bahn frei für stärkeren Tobak.
"Das Kondom des Grauens", ebenfalls von Ralf König ist weniger
familienf ilmtauglich, bietet sich wegen der drehbuchtauglichen
Geschichte prima zur Verfilmung an, wobei eine glaubwürdige
Filmversion andererseits ohne das Zeigen von mehreren Erektionen
kaum möglich erscheint. 'Schau ma mal!' wie der Kaiser sagt. Ab
dieser Woche fängt das Kondom in unseren Kinos zu beißen an, und
weil Herr König persönlich beteiligt ist und außerdem noch Herr
Buttgereit und Leonard Lansink, geben wir uns hoffnungsfroh trotz
aller historisch bedingter Bedenken. Haps.
Richie Oehmann
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