Das Kino wird immer brutaler heißt's; seit Pulp Fiction, möcht
man meinen, verschlimmert sich das unterhaltsame Gemetzel
zusehends, und deswegen - logisch - steigt ja auch die Kriminalität
an unseren Schulen, Kindergärten und Laufställen. Unsere Kinder
werden verroht durch die tägliche Gewalt im Kinderradio. Wer soll
dereinst unsere Rente zahlen, wenn sich die Jugend dann bald tot
schießt?
Doch ach, welch wüste Vorurteile! Unsere Alten treiben's ja
viel, viel schlimmer. Grauslicher, wilder, härter, kompromißloser
pfeifen sich's die beinharten Senioren und kruppstahlflinken
Seniorinnen nach Feierabend ins Hirn. Schonungslose Inhalte und
bullenfiese Botschaften direkt vom Kabel unreflektiert in die
Birne. Und keine Zensur schützt unsere siechen Greise vor den
satanistischen Manipulationen durch geldgierige Scharlatane.
Fernsehverbot kommt wohl zu spät.
Da tut Aufklärung not.
Das Werkstattkino, Brutstätte für alles Gute, Wahre und Edle,
(ungefähr vergleichbar mit dem Goethe-Institut) gibt uns, die wir
uns einer zurechnungsfähigen Altersgruppe zugehörig fühlen,
Gelegenheit, die Wahrheit über die perversen Exzesse unserer
hinfälligen Ahnen zu erfahren.
"Der Himmel küßt die Berge" ist eine packende Dokumentation von
Pascale Schmidt über das verruchteste volkstümliche Duo des
ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts, Maria und Margot Hellwig.
Ohne Kompromisse wird uns der Blick gerichtet auf die beiden
jodelnden Naturkatastrophen (Twister? Ha! Independence Day?
Lachhaft!), in Farbe, aber gottlob nicht in Dolby Surround.
Bavarian horror! Bis einschließlich 3. 10 um 21 Uhr im
Werkstattkino. Übrigens: Wer sagt eigentlich, daß unsereins debile
Zombies, deren sinnentleertes Leben nur noch mit schlechtem Gejodel
zu füllen ist, noch länger tolerieren muß. Da g'hört amal einer
her, der aufräumt. Man sollte erwägen, ob man nicht die
Rentenzahlungen einstellt.
Richard Oehmann
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