Bevor sie hinüberwandern ins Schattenreich der Redaktionen,
seelenlose Serien zu stümpern, erhebt sich für die Filmschüler
die Frage, ob sie es vorher nochmal krachen lassen in ihren
Übungsfilmen mit Sex oder Surrealismus, mit Symbolik
oder Sarkasmus, oder ob sie sich mit gef„lligen Nettigkeiten
schon mal bereit machen für die harte Zeit als Fernsehsklave.
Die Münchner nun zeigten sich größtenteils nicht gerade
draufgängerisch mit ihren Werken beim Festival der Filmhochschulen,
andererseits wurde man dafür etwas weniger mit penetranten
Bedeutungsschwangerschaften belästigt, wie bei vielen anderen
Beiträgen, die mittelgroße Ratlosigkeiten im Publikum hinterließen.
So waren einige der Münchner Nettigkeiten immerhin bekömmlich,
widersprachen sie dabei immerhin zwei allgemein herumbehaupteten
Phrasen: 1. Der Deutschen sind humorlos 2. Bei uns gibt's
ja keine guten Geschichten. Da gab's zum Beispiel "Buck" von
Florian Gallenberger. Welten treffen da aufeinander, wenn
eine deutsche Yuppie-Schickse den irischen Tramper Buck im
Auto mitnimmt. Dabei entstehen Szenen, die auf einfache, direkte
Weise den Unterschied zwischen zwei Mentalitäten vorführt
ohne dabei ausschließlich auf Klischees herumzureiten.
Eine Damentoilette ist der Handlungsort von Husam Chhaddats
"Die Hochzeit"; latent klamottig, aber nicht ohne Charme erzählt
Chhaddat die Begleiterscheinungen einer deutsch-türkischen
Vermählung, das Chaos, die Mißverständnisse, das Geblödel.
Kurze Einblicke in eine Feier aus der Perspektive des Toilettenspiegels.
Die Kurzfassung der vielgeschmähten Beziehungskomödie bietet
der sehr parodistischen Film "Fanny" von Andreas Schmidt-Thomae.
Al trifft nach längerer Zeit Fanny im Park wieder. Alte Liebe
flammt auf, doch Al, der Depp, vergißt ihre Telefonnummer.
Die simple Geschichte wird schließlich gekrönt von nicht einem,
sondern gleich drei Happy-Endings. Famos ironisiert der Film
einmal den Filmregen, der oft - auch beim restlichen Festival
- so unglaubwürdig eingesetzt wird, der hier aber nur für
den bekümmerten Al regnet, während im Hintergrund die Sonne
scheint. Die schmarrngeplagten Festivalbesucher dankten's
dem Regisseur mit einem Szenenapplaus. "Keine Mätzchen, Schätzchen"
hat seinen Schauplatz im Auto-Kino, Aschheim; gezeigt wird
"Zur Sache, Schätzchen" mit Werner Ehmke und Uschi Glas. Ein
Alt-Hippie-Pärchen, das den Film wahrscheinlich schon beim
ersten Start gesehen hat, fühlt sich bemüßigt dem jungen Pärchen
im Nachbar-Auto Ratschläge zu erteilen, weil's ja anscheinend
nicht so läuft. Verhöhnt wird dabei die klugscheißeriche Art
der Ewig-Jungen. "In dem Alter ham mir uns net so vui gschissen!".
Von Walter Feistle stammt eine liebvoll erstellte Albernheit
namens "Die lebende Bombe" mit vielen Stummfilm-Zutaten. Dem
wissenschaftlichen Institut für Humaballistik ist es gelungen,
eine lebende Bombe zu entwickeln. Rolf, die Bombe, bekommt
jedoch vor seiner Sprengung in die vierte Dimension Panik
und bringt das Experiment zum Scheitern. Vor den aufgebrachten
Wissenschaftlern kann er gerade noch fliehen. Erwähnt seien
auch "Haut und Haar" von Beryl Shennen, die ein geschmackvoll-kannibalisches
Abendessen zeigt, und "...And she smiled" von Benjamin Herrman,
die tragikomische Geschichte von einem Verkehrspolizisten,
der sich in eine junge Sportwagenfahrerin verliebt.
Alle diese Filme, von denen die meisten in einem HFF-Special
außer Konkurrenz zu sehen waren, stellen keine großen künstlerischen
Wagnisse dar, doch mit Vergnügen würde man sie gerne als Apperitif
in unseren Kinos finden. Die Forderung nach Vorfilmen sei
hier nochmal schon rein notorisch wiederholt.
Ja, und dann gab's ja noch einen Film von Stefan Schneider,
ebenfalls aus München, namens 'Der Steuermann', verschwiemelt
und bedeutungsschwanger. Mei, und der hat dann halt 'nen Preis
gekriegt.
Richard Oehmann
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