RECHMANN: Na, Willmann, schon CON AIR gesehen?
WILLMANN: Ei selbstverfreilich! Da waren wir doch beide in der
Pressevorführung. Haben Sie zuviel englisches Rindfleisch gegessen,
daß Ihr Erinnerungsvermögen nicht mehr ausreicht, oder ist's der
Alzheimer?
RECHMANN: War italienisches Rind, aber egal…; irgendwie soll der
Film wohl als "this year's THE ROCK" verkauft werden - aber soooo
schlecht ist er nun auch wieder nicht.
WILLMANN: Von wegen "get ready to fly" statt "… to rock", stimmt;
aber was heißt da "soo schlecht", Rechmann? - die Grundidee ist
doch klasse.
RECHMANN: Grundidee??? Glauben Sie wirklich, daß bei diesem Film
eine Grundidee vorlag, Willmann?
WILLMANN: Auf jeden Fall, der Drehbuchautor hat sicher viel
gedacht und viel gelacht …
RECHMANN: …der Regisseur hat davon wahrscheinlich nur noch die
Hälfte mitgekriegt…
WILLMANN: …und Jerry Bruckheimer hat dann alles voll ernst
genommen. Wie käme sonst ein "Put the bunny in the box" in eine
ernste Auseinandersetzung zwischen Männern?
RECHMANN: Und zwischen was für Männern! Über einen Mangel an
Bösewichten kann man sich bei diesem Film zumindest nicht beklagen.
Einer schlimmer als der andere; beinahe ein paar zuviel, so daß dem
Einzelnen gar nicht gebührend Aufmerksamkeit zuteil werden
kann.
WILLMANN: Obwohl es die Einzelnen verdient hätten, schließlich
hat der Film eine tolle Besetzung. John Malkovich ist endlich mal
wieder erträglich, anstatt nur zum wiederholten Male lustlos die
bekannte Nummer durchzuziehen - und Steve Buscemi stiehlt allen die
Show.
RECHMANN: Stimmt, und das, obwohl er sich an keiner einzigen
Actionsequenz beteiligt, nur traurig guckt und ab und zu mal einen
Satz von sich gibt. Aber Willmann, eigentlich hätte der Film ja eh
OVER THE TOP heißen müssen - das wäre dem gnadenlos übertriebenen
Charakter des Streifens näher gekommen. Gibt's nur leider
schon.
WILLMANN: CON AIR ist ja, anderslautenden Gerüchten zum Trotz,
nicht Spanisch für "mit Eiern", obwohl der Film ja wirklich
cojones hat -und zwar in Großmarktquantitäten, oder
Rechmann?
RECHMANN: Stimmt Willmann, das Testosteron-Level sprengt glatt
die Skala. Jede zweite Einstellung sieht aus, als hätte es
gegolten, den Weltuntergang zu inszenieren; jedes Gesicht wirkt wie
ein Berg, jede Geste wie ein Erdbeben.
WILLMANN: Nur leider versäumt es der Film, seine Prämisse
konsequent durchzuziehen und schrittweise zur Eskalation zu
treiben; zu früh holt er das Flugzeug auf den Boden und nimmt dem
Plot damit die anfängliche klaustrophobische Logik.
RECHMANN: Und außerdem ist man sich nie ganz sicher, ob seine
höchst vergnügliche Gratwanderung an der Grenze zur Selbstparodie
freiwilliger Natur ist oder nicht.
WILLMANN: Aber andererseits bin ich als alter Cinéast ja mal
wieder davon überzeugt, daß das ganze Spektakel so dumm und
vordergründig nicht ist.
RECHMANN: Oh nein, Willmann. Nicht die Intellektuellen-Nummer,
bitte!
WILLMANN: Oh doch, Rechmann. Es geht nämlich letzendlich in CON
AIR um den Kampf gegen das Irrationale, das Unkontrollierbare.
Deswegen muß das Finale ja auch in Las Vegas stattfinden. Und
das wirklich Schöne: trotz aller entfesselter Zerstörungswut
seitens der Kräfte des vermeintlich Guten trägt am Ende dort das
Irrationale den eigentlichen Sieg davon.
RECHMANN: Genau wie in unseren Dialogen, Willmann.
RECHMANN & WILLMANN: Denn bedenket allzeit: There is no
Sanity Clause!
Christian
Rechmann und Thomas Willmann
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