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Angst und Schrecken
Die Comic-Welt wird bedroht durch eine Asterix-Realverfilmung

  12.03.1998
 
 
 
  Sie sind furchtbar stolz darauf, das gesamte Projekt nur aus europäischen Mitteln zu finanzieren, und dennoch rechnen sie in US-Dollars. Die Leute von der Bavaria-Film aus München haben eine große internationale Co-Produktion von "Hollywood-Ausmaßen" an Land gezogen, und wollen damit der amerikanischen Kinohoheit Contra bieten. Seit 26. Januar wird zurückgefilmt. 40 Millionen Dollar soll es kosten, das Top-Ereignis des Jahres '99, hergestellt mit Hilfe deutscher, italienischer und französischer Geldgeber. Der hehre Comic-Klassiker "Asterix" soll für einen Realfilm verwurstet werden, Claude Zidi, komödienerfahren durch seine Arbeiten mit Belmondo und de Funés, wird die Regie führen und die Hauptrollen sind mit Christian Clavier und Gerad Depardieu als Asterix und Obelix prominent besetzt. Der italienische Komiker Roberto Benigni wird in einer weiteren Hauptrolle als intriganter römischer Gouverneur zu sehen sein.

Die treuen Fans des französischen Comic-Meilensteins werden dennoch mit dem Schlimmsten zu rechnen haben, schließlich waren schon die Zeichentrickverfilmungen völlig unzureichend, so daß "Asterix und Obelix gegen Cäsar" - so der Arbeitstitel - nur eine künstlerisch mindere Antäuschung eines Mega-Film-Werks werden dürfte. Um Otto Waalkes, der gerüchteweise als Asterix gehandelt wurde, sind wir zwar noch herumgekommen, und das Gedankenspiel mit der Besetzung der Charaktere ist recht vergnüglich, aber die Vorstellung, Gerard Depardieu über 90 Minuten in blau-weißen Streifenhosen sehen zu müssen, verbreitet bei Comic-Lesern durchaus noch Angst und Schrecken.
Das Gedrängel beim Pressetermin am Drehort in München, Geiselgasteig, war dem großspurigen Anlaß entsprechend groß, auch wenn die Journalisten nicht so recht wußten, was man Schauspieler fragt, die Comic-Figuren darstellen sollen. Gottfried John, der den Cäsar spielt, mußte Auskunft geben, ob er nicht befürchtet, auf die Rolle festgelegt zu werden. Hardy Krüger jr. (Tragicomix) wurde gefragt, ob er sich auf die Rolle vorbereitet hat. Herbert Fux (Überdrus), der eingestand, nie einen Asterix-Comic gelesen zu haben, aber den Spruch "Die spinnen, die Römer." kannte, wurde aufgefordert, den Satz zu interpretieren.

Der Star der Konferenz machte sich rar, doch Gerard Depardieu hatte schon lange vor der Verfilmung verlauten lassen, daß er leidenschaftlich gern den Obelix spielen würde. Asterix-Darsteller Clavier sorgte für Skepsis in der Reihe der Experten, denn er ist zwar klein, aber ziemlich schwarzhaarig und seine Nase ist wenig knollig, sondern eher hakenförmig. Roberto Benignis kinnloses Clowns-Gesicht von der Seite betrachtet, dazu die nach oben gebogenen Augenbrauen, das paßt schon besser in den gallischen Comic-Kosmos Trotzdem schien keiner der Schauspieler von dem Projekt herzlich begeistert zu sein, nur Marianne Sägebrecht (Gutemine) referierte über die leuchtenden Augen der Menschen jeden Alters, wenn sie von Asterix hören. Dieses Leuchten dürfte schätzungsweise just in dem Moment erlöschen, da sie von der Realverfilmung erfahren.

Asterix-Erfinder Albert Uderzo, der höchstpersönlich angereist war, hielt sich eher im Hintergrund und beschränkte sich auf diplomatische Statements. Was soll er auch groß sagen, nachdem er sein Lebenswerk für solch niedrige Zwecke verschachert hat. Eine Journalistin vom Bayrischen Rundfunk, die ihn interviewen wollte, beklagte verzweifelt den Verlust ihrer gesamten Englischkenntnisse: "My English is gone. I can't speak English any more." Halb so schlimm, Monsieur Uderzo hätte eh kein Wort versanden. Die "große europäische Filmwelt" werden wir wohl alle noch üben müssen.

Richard Oehmann

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