WILLMANN: Na, Rechmann, jetzt fragen Sie mich sicher gleich, ob
ich schon SCREAM 2 gesehen habe.
RECHMANN: Ganz genau, Willmann. Und dann sagen Sie:
"Selbstverständlich, da waren wir doch zusammen in der
Pressevorführung."
WILLMANN: Und mache einen Witz darüber, warum Sie das schon
vergessen haben...
RECHMANN: Merken Sie was, Willmann?
WILLMANN: Etwa, daß wir gerade ganz toll selbstreflexiv sind?
RECHMANN: Ja. Ist es nicht fantastisch, wie dadurch unsere
Routine plötzlich wieder so ungemein frisch und witzig wirkt?
WILLMANN: Und wie nicht minder ungemein billig dieser Trick
ist?
RECHMANN: ...
WILLMANN: Aber wie kamen wir da nun gleich wieder drauf?
RECHMANN: SCREAM 2.
WILLMANN: Ach ja, richtig. Die unausweichliche Fortsetzung von
SCREAM - der ja ein zwar vielerorts als innovativ und intelligent
überschätzter, aber doch weitestgehend sehr ansehnlicher Film war.
Die Formel war einfach: Man wärme alten Käse fast unverändert
wieder auf, weise aber stets "selbstironisch" darauf hin, daß es
sich um aufgewärmten, alten Käse handelt...
RECHMANN: Indem man das ganze mit als Gag verpackten Einsichten
in die Regeln des Genres anreichert, die jedem, der in den
achtziger Jahren mal ein paar Videoabende mitgemacht hat,
problemlos hätten selbst einfallen können.
WILLMANN: Und genau da knüpft dann SCREAM 2 auch an. Wie
beeindruckend Mr. Craven und sein Drehbuchautor Kevin Williamson
die Regeln durchschaut haben und damit, wie man so oft liest, das
Genre neu definieren, zeigt SCREAM 2 ja gleich zu Anfang.
RECHMANN: Sie meinen, als das schwarze Pärchen in einen
Slasherfilm gehen will und das Mädchen sich beschwert, daß alle
Filme dieser Art ohnehin rassistischer Schmarrn wären, in dem
schwarze Charaktere nie eine wichtige Rolle haben?
WILLMANN: Ja; und die beiden dann die Ehre haben, als allererste
niedergemeuchelt zu werden. Woraufhin im Rest des Films keine
Schwarzen mehr tragende Rollen haben. Da hat's SCREAM 2 den
rassistischen Tendenzen aber gegeben.
RECHMANN: Und zwar ordentlich!
WILLMANN: Und was haben wir gelacht, als die Charaktere von
SCREAM 2 in einem Filmseminar darüber diskutieren, daß
Fortsetzungen erfolgreicher Filme immer so viel weniger gelungen
sind als das Original.
RECHMANN: Und SCREAM 2 dann doch tatsächlich so viel weniger
gelungen ist als das Original! Köstlich, einfach köstlich!
WILLMANN: Aber beschweren wir uns nicht zuviel: Nach der Halbzeit
gibt der Film seine Selbstironie ja dann gänzlich auf und nimmt
sich ernst.
RECHMANN: Und dann wird's erst so richtig schlimm!
WILLMANN: Wie wahr!
RECHMANN: Aber das dürfte Ihnen gefallen, Willmann. Von Wes
Craven liest man, er habe selbst seinen Schauspielern nicht gesagt,
wer der Killer sei, um die geniale Auflösung nicht zu verraten.
WILLMANN: Šund so spielen sie ja auch, als ob sie alle von nichts
eine Ahnung hätten. - Aber ich tue Neve Campbell Unrecht, die doch
wirklich eine gute Figur ha... äh, abgibt; und sie schreit auch
ganz doll.
RECHMANN: SCREAM 2 hat ein Opfer, wie Sie es sich wünschen,
Willmann?
WILLMANN: Und einen Killer, wie wir alle ihn uns nicht wünschen.
Š
RECHMANN: Šnein Willmann, nein, Sie werden doch nicht vorhaben,
den Ausgang des schnöden Plotts zu verraten?
WILLMANN: Wie könnte ich, wo der Verleih doch extra darum bittet,
keine Hinweise zu verstecken. Also Š
RECHMANN: Halt! Da muß ich Einspruch einlegen. Das ist
unjournalistisch, und ich bitte alle anspruchsvollen Leserinnen und
Leser, Ihre folgende Aussage zu überspringen!
WILLMANN: Ach Rechmann, der Film war so uninteressant, daß ich
mich sowieso nicht mehr an seinen Ausgang erinnere; die geballte
Langeweile, die diese überlange Schlachtschüssel verbreitet, ist ja
viel tödlicher als seine beiden... äh, als der Mörder. Ich kann
mich nur noch erinnern, daß ich, bevor ich im Kinosessel
eingeschlafen bin, so verwundert war, warum Laurie Metcalf in einer
unerheblichen Nebenrolle besetzt ist.
RECHMANN: Und wie kommen Sie jetzt grade da drauf?
WILLMANN: Ach, nur so.
RECHMANN: Gut Willmann, und haben Sie die journalistische
Lobeshymne der von mir, wie Sie wissen, immer gern gelesenen
Zeitschrift Cinema verfolgt?
WILLMANN: Ich lese, Rechmann, ich blättere nicht
Bildchenstrecken, die mit einem Daumen enden.
RECHMANN: So muß ich sie kurz für Sie zitieren: Da war schon auf
dem Titel "sexier, lustiger, blutiger" zu lesen, Š
WILLMANN: Was ja leider absolut nicht stimmt - vom einfachen
Bodycount abgesehen war dieser erneute Schrei doch immer nur
zweiterŠ
RECHMANN: Š obwohl Courtney Cox schon eine geile S.. - ein
attraktives Mädchen ist; aber weiter, da las ich noch "Gut
geschlitzt ist halb geronnen", Har, Har, Har.
WILLMANN: Das, Rechmann, könnte aber auch von Ihnen sein.
RECHMANN: Willmann, solch Kompliment aus ihrem MundeŠ, ich hätte
ein "schlecht gewitzt ist voll verkommen" vorgeschlagen.
WILLMANN: Was nicht wirklich spaßiger gewesen wäre, wie wärs mit
"Blut gespritzt und doch zerronnen", oder "Dummer Film ist schlecht
bekommen" ?
RECHMANN: "Mut besitzt, wer hier beklommen"?
WILLMANN: "Gutes Thema schlecht genommen" !
RECHMANN: Ja, da haben Sie es ja mal wieder bewiesen, Willmann,
aber lassen Sie mich fortzitieren: "Der letzte Schrei in Sachen
Horror".
WILLMANN: Und nicht einmal das stimmt, wie man hört wird ja
gerade fleißig am dritten Teil gebastelt Š
RECHMANN: Š uns bleibt auch nichts erspart Š
WILLMANN: Š und der heißt dann Schrei DreiŠ
RECHMANN: Šwas zumindest einen vierten Teil unwahrscheinlich
werden läßt, denn dann reimt sich's ja nicht mehr.
WILLMANN: Aber eines muß man den Verantwortlichen denn aber doch
lassen: Bei der Tag-Line, mit der sie den Film vermarkten, schlägt
vermeintliche Selbstreflexifität in blanke Ehrlichkeit um.
RECHMANN: "Someone's taken their love of sequels too far." ?
WILLMANN: Richtig, ein treffenderer Spruch hätte sich wohl
schwerlich gefunden.
RECHMANN: Doch: "Ersparen wir uns diesen drögen Mist."
WILLMANN: Touché, Rechmann, Touché.
Rechmann und
Willmann
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