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23.04.1998
 
 
   
 

Schrei Zwei
Rechmann und Willmann sind am Brüllen!

 
Schrei doch!
     
 
 
 
 

WILLMANN: Na, Rechmann, jetzt fragen Sie mich sicher gleich, ob ich schon SCREAM 2 gesehen habe.

RECHMANN: Ganz genau, Willmann. Und dann sagen Sie: "Selbstverständlich, da waren wir doch zusammen in der Pressevorführung."

WILLMANN: Und mache einen Witz darüber, warum Sie das schon vergessen haben...

RECHMANN: Merken Sie was, Willmann?

WILLMANN: Etwa, daß wir gerade ganz toll selbstreflexiv sind?

RECHMANN: Ja. Ist es nicht fantastisch, wie dadurch unsere Routine plötzlich wieder so ungemein frisch und witzig wirkt?

WILLMANN: Und wie nicht minder ungemein billig dieser Trick ist?

RECHMANN: ...

WILLMANN: Aber wie kamen wir da nun gleich wieder drauf?

RECHMANN: SCREAM 2.

WILLMANN: Ach ja, richtig. Die unausweichliche Fortsetzung von SCREAM - der ja ein zwar vielerorts als innovativ und intelligent überschätzter, aber doch weitestgehend sehr ansehnlicher Film war. Die Formel war einfach: Man wärme alten Käse fast unverändert wieder auf, weise aber stets "selbstironisch" darauf hin, daß es sich um aufgewärmten, alten Käse handelt...

RECHMANN: Indem man das ganze mit als Gag verpackten Einsichten in die Regeln des Genres anreichert, die jedem, der in den achtziger Jahren mal ein paar Videoabende mitgemacht hat, problemlos hätten selbst einfallen können.

WILLMANN: Und genau da knüpft dann SCREAM 2 auch an. Wie beeindruckend Mr. Craven und sein Drehbuchautor Kevin Williamson die Regeln durchschaut haben und damit, wie man so oft liest, das Genre neu definieren, zeigt SCREAM 2 ja gleich zu Anfang.

RECHMANN: Sie meinen, als das schwarze Pärchen in einen Slasherfilm gehen will und das Mädchen sich beschwert, daß alle Filme dieser Art ohnehin rassistischer Schmarrn wären, in dem schwarze Charaktere nie eine wichtige Rolle haben?

WILLMANN: Ja; und die beiden dann die Ehre haben, als allererste niedergemeuchelt zu werden. Woraufhin im Rest des Films keine Schwarzen mehr tragende Rollen haben. Da hat's SCREAM 2 den rassistischen Tendenzen aber gegeben.

RECHMANN: Und zwar ordentlich!

WILLMANN: Und was haben wir gelacht, als die Charaktere von SCREAM 2 in einem Filmseminar darüber diskutieren, daß Fortsetzungen erfolgreicher Filme immer so viel weniger gelungen sind als das Original.

RECHMANN: Und SCREAM 2 dann doch tatsächlich so viel weniger gelungen ist als das Original! Köstlich, einfach köstlich!

WILLMANN: Aber beschweren wir uns nicht zuviel: Nach der Halbzeit gibt der Film seine Selbstironie ja dann gänzlich auf und nimmt sich ernst.

RECHMANN: Und dann wird's erst so richtig schlimm!

WILLMANN: Wie wahr!

RECHMANN: Aber das dürfte Ihnen gefallen, Willmann. Von Wes Craven liest man, er habe selbst seinen Schauspielern nicht gesagt, wer der Killer sei, um die geniale Auflösung nicht zu verraten.

WILLMANN: Šund so spielen sie ja auch, als ob sie alle von nichts eine Ahnung hätten. - Aber ich tue Neve Campbell Unrecht, die doch wirklich eine gute Figur ha... äh, abgibt; und sie schreit auch ganz doll.

RECHMANN: SCREAM 2 hat ein Opfer, wie Sie es sich wünschen, Willmann?

WILLMANN: Und einen Killer, wie wir alle ihn uns nicht wünschen. Š

RECHMANN: Šnein Willmann, nein, Sie werden doch nicht vorhaben, den Ausgang des schnöden Plotts zu verraten?

WILLMANN: Wie könnte ich, wo der Verleih doch extra darum bittet, keine Hinweise zu verstecken. Also Š

RECHMANN: Halt! Da muß ich Einspruch einlegen. Das ist unjournalistisch, und ich bitte alle anspruchsvollen Leserinnen und Leser, Ihre folgende Aussage zu überspringen!

WILLMANN: Ach Rechmann, der Film war so uninteressant, daß ich mich sowieso nicht mehr an seinen Ausgang erinnere; die geballte Langeweile, die diese überlange Schlachtschüssel verbreitet, ist ja viel tödlicher als seine beiden... äh, als der Mörder. Ich kann mich nur noch erinnern, daß ich, bevor ich im Kinosessel eingeschlafen bin, so verwundert war, warum Laurie Metcalf in einer unerheblichen Nebenrolle besetzt ist.

RECHMANN: Und wie kommen Sie jetzt grade da drauf?

WILLMANN: Ach, nur so.

RECHMANN: Gut Willmann, und haben Sie die journalistische Lobeshymne der von mir, wie Sie wissen, immer gern gelesenen Zeitschrift Cinema verfolgt?

WILLMANN: Ich lese, Rechmann, ich blättere nicht Bildchenstrecken, die mit einem Daumen enden.

RECHMANN: So muß ich sie kurz für Sie zitieren: Da war schon auf dem Titel "sexier, lustiger, blutiger" zu lesen, Š

WILLMANN: Was ja leider absolut nicht stimmt - vom einfachen Bodycount abgesehen war dieser erneute Schrei doch immer nur zweiterŠ

RECHMANN: Š obwohl Courtney Cox schon eine geile S.. - ein attraktives Mädchen ist; aber weiter, da las ich noch "Gut geschlitzt ist halb geronnen", Har, Har, Har.

WILLMANN: Das, Rechmann, könnte aber auch von Ihnen sein.

RECHMANN: Willmann, solch Kompliment aus ihrem MundeŠ, ich hätte ein "schlecht gewitzt ist voll verkommen" vorgeschlagen.

WILLMANN: Was nicht wirklich spaßiger gewesen wäre, wie wärs mit "Blut gespritzt und doch zerronnen", oder "Dummer Film ist schlecht bekommen" ?

RECHMANN: "Mut besitzt, wer hier beklommen"?

WILLMANN: "Gutes Thema schlecht genommen" !

RECHMANN: Ja, da haben Sie es ja mal wieder bewiesen, Willmann, aber lassen Sie mich fortzitieren: "Der letzte Schrei in Sachen Horror".

WILLMANN: Und nicht einmal das stimmt, wie man hört wird ja gerade fleißig am dritten Teil gebastelt Š

RECHMANN: Š uns bleibt auch nichts erspart Š

WILLMANN: Š und der heißt dann Schrei DreiŠ

RECHMANN: Šwas zumindest einen vierten Teil unwahrscheinlich werden läßt, denn dann reimt sich's ja nicht mehr.

WILLMANN: Aber eines muß man den Verantwortlichen denn aber doch lassen: Bei der Tag-Line, mit der sie den Film vermarkten, schlägt vermeintliche Selbstreflexifität in blanke Ehrlichkeit um.

RECHMANN: "Someone's taken their love of sequels too far." ?

WILLMANN: Richtig, ein treffenderer Spruch hätte sich wohl schwerlich gefunden.

RECHMANN: Doch: "Ersparen wir uns diesen drögen Mist."

WILLMANN: Touché, Rechmann, Touché.

Rechmann und Willmann
 

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