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Beginnen will ich einmal ausnahmsweise ganz, ganz subjektiv:
JUNK FOOD war mein persönliches Erlebnis auf der Berlinale 1998. Der
beste unter einer ganze Reihe hochinteressanter japanischer Filme,
die wie Diamanten im grauen Kino-Einerlei mit seinen immergleichen
Geschichten (die wir natürlich alle trotzdem lieben, darum gehen wir
ja immer wieder rein) funkeln, ein faszinierender Lichtblick, der
einerseits an Klassiker der Großstadtportraits erinnert,
andererseits an Autorenfilme der letzten 30 Jahre, schließlich aber
doch an sehr zeitgemäße Independent-Movies aus Amerika und Europa.
Und natürlich an Musikclips. Wie die vielen Anspielungen dann
vermischt werden, ist dennoch ganz eigen. Das düstere
Großstadt-Panorama im Geist der Surrealisten ist unterteilt in vier
Episoden. In der besten geht es um Miyuki, die so perfekt aussieht
wie eine Manga-Figur, Mörderin ist, Junkie und tagsüber im
Tokioter-Yuppie-Milieu arbeitet. Der Film ist voll von poetischen
Bildern, und mischt eine kühle Distanz mit der Darstellung extremer
Situationen. JUNK FOOD ist sehr sinnlich, und dabei
hochintellektuell. Damit dies kein Widerspruch ist, dazu muß man
vielleicht aus Japan kommen. Und es mag sich -um noch ein wenig
subjektiv zu bleiben- durchaus auch (aber eben nur auch) um
Exotismus, um die Faszination durch das Fremde gehandelt haben.
Was besonders fasziniert, ist der Realismus des Films, seine
Nüchternheit, mit der Begebenheiten erzählt werden "so wie sie
sind". Wahre Bilder. Was das sein soll, ist mehr als schwer zu
sagen. Aber das Gefühl, das sich manchmal im Kino einstellt, wenn
man ganz übereinstimmt (übereinzustimmen glaubt) mit der Situation,
kennt jeder: Ehrliche Bilder. Und dabei wunderschön. Natürlich sehr
stilisiert. Doch dabei immer nahe dran ! Man könnte jetzt noch
vieles beschreiben, interpretieren, theoretisieren. Ein anderes Mal
an dieser Stelle. Für diese Woche gilt: Hinein ins Kino ! Dieser
Film, wie auch viele andere in der japanischen Reihe kommt so
schnell nicht wieder zu uns. Wer jetzt nicht hinschaut, ist selber
schuld !
Noch eine nachfolgende, aufs grundsätzliche zielende, trotzdem
subjektive Bemerkung. Immerhin Eberhard Hauff, Leiter des Münchner
Filmfests, auf das wir uns alle freuen, sprach auf der diesjährigen
Pressekonferenz ein Wort aus, das man im Zusammenhang mit Film
lange nicht vernommen hatte: Wahrheit. Das ist doch einmal ein
Thema. Wie wahr soll, wie wahr kann Film sein. Es scheint mir ein
unzusammenhängendes Resümee dreier Filmbesuche in letzter Zeit,
nämlich JUNK FOOD, SLAVES TO THE UNDERGROUND und BOOGIE NIGHTS (den
der sehr geschätzte Kollege Oehmann bei aller Triftigkeit seiner
Beobachtungen für meinen Geschmack ein wenig zu humoristisch
behandelt hat) zu sein, daß Authentizität plötzlich mit geballter
Macht zurückkehrt. Der Kunstwille wird durch den
Wirklichkeitswillen ersetzt. Wo die Wirklichkeit immer irrealer,
virtueller zu werden scheint, kehrt sie in den Künsten, durch die
Hintertür quasi, zurück. Woher sonst kommt die Wirkung von Filmen
wie HANA-BI und anderen Japaner, das, was der ebenfalls sehr
geschätzte Kollege Willmann zu Recht als "Kraft und Poesie"
bezeichnet hat, mit der Folge, daß "Filme tief verstören und Nerven
bloßlegen" ? Das ist nur eine These, klar. Ein paar
Gegenargumente fallen einem, mit Blick auf Lynch, Coen, Tarantino
sofort ein. Betrachten wir einfach die Frage als gestellt, und eine
Diskussion als eröffnet.
Rüdiger Suchsland
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