So, bevor Sie nun gleich das schöne Gespräch genießen dürfen,
das unser Herr Suchsland mit Tom
Tykwer geführt hat, bitte ich Sie noch um einen Moment Geduld,
in dem ich Ihnen (wie schon des öfteren an dieser Stelle) mal
wieder einen japanischen Film ans Herz legen möchte.
Herr Suchsland und ich haben es abwechselnd ja schon häufiger
betont: Das wohl spannendste Kino der letzten Jahre kommt aus
Japan. Wer bisher dieses Jahr die diversen Gelegenheiten an sich
vorüberziehen ließ, sich selbst davon zu überzeugen (HANA-BI, die
japanische Underground-Reihe und die Takeshi Kitano-Hommage im
Werkstattkino), kann das ab Freitag nachholen. Da läuft nämlich
im geschätzten Werkstattkino (wo auch sonst) GONIN an, der vor zwei
Jahren bereits einmal auf dem Fantasy Film zu sehen war. In diesem
atemberaubenden Meisterwerk von Takashi Ishii geht es um fünf
verzweifelte Männer (was auf Japanisch eben "Gonin" heißt), die
einen Yakuza-Boß überfallen und darob von einem psychopathischen
Killer gejagt werden. Als letzteren gibt es "Beat" Takeshi zu
bewundern, aber selbst ohne diesen Kultstar wäre GONIN ein mehr als
sehenswerter Film. Denn hier darf man wieder einmal über all das
staunen, was japanisches Kino im Bestfall so großartig macht:
poetische Strenge, die sich mit wahnwitzigen Gewaltausbrüchen
abwechselt, durchstilisierte Ästhetik und Plots von der Wucht
griechischer Tragödien, und vor allem ein unbändiger Ideenreichtum
und Freude an ungewöhnlichen filmischen Einfällen. Kurzum: ein
Film, der endlich wieder einmal bewußt werden läßt, daß Kino ein
Ort der fremden Träume ist; ein gefährlicher Ort voll
beunruhigender Schönheit.
Sicherlich ist GONIN zunächst auch ein leicht
gewöhnungsbedürftiger Film, aber wer sich auf ihn einläßt, wird
sich überreich belohnt sehen. Also: Wenn LOLA RENNT gerade
ausverkauft ist, man noch ein paar Tage auf ihn warten kann, oder
man ihn schon zweimal gesehen hat - nichts wie auf ins
Werkstattkino. Zwei schönere Filmerlebnisse werden Sie diese Woche
nicht haben.
Thomas
Willmann
|