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26.11.1998
 
 
   
 

Schluß mit lustig

 
Jim Curry
     
 
 
 
 

In der Unterhaltungsbranche gibt es zwei alte Weisheiten, die kritisch gesehen absolut unhaltbar sind, uns aber als Ausgangspunkt der folgenden Betrachtung genügen sollen.

Merksatz 1: Clowns (respektive Filmkomiker) sind im Grunde meist sehr ernste Menschen.
Merksatz 2: Nichts ist schwieriger, als das Publikum zum Lachen zu bringen.

Wir glauben für einen Moment blind an diese Theorien und kommen dadurch zu dem erstaunlichen Schluß:
Da Komiker ohnehin ernste Menschen sind, muß es für sie ein Leichtes sein, sich in einer ernsten Rolle zu bewähren.

Wenn wir jetzt einen Blick auf die Realität werfen, um diese Behauptung zu überprüfen, treffen wir schon auf das erste Problem. Wer ist ein echter Komiker ? Auf Anhieb fallen jedem von uns Dutzende von Komödien ein aber spielen darin wirklich nur Komiker ?
Die Besetzung von z.B. VERRÜCKT NACH MARY beweist das Gegenteil (Lee Evans einmal ausgenommen). Ich gehe sogar so weit zu behaupten, daß jemand wie Leslie Nielsen eigentlich kein guter Komiker ist. Das Leute wie Nielsen oder Matt Dillon in VERRÜCKT NACH MARY komisch wirken, liegt vor allem ihren Regisseuren wie den Zucker Brüdern, den Farrelly Brüdern, Barry Sonnenfeld oder Mel Brooks. Auf gehobener Ebene funktioniert das etwa bei Woody Allen, der noch aus den ungewöhnlichsten Schauspielerensembles ein komisches Ganzes macht.

Apropos Woody Allen. Betrachtet man das Werk Allens gemäß unseren beiden Merksätzen, ergibt sich ein ambivalentes Bild. Im Komiker Woody steckt durchaus der seriöse Allen, weshalb er von Zeit zu Zeit anstelle einer Komödie eine Tragödie oder ein Drama dreht. Die Gleichgültigkeit bzw. Ablehnung die diese ernsten Filme in der Regel beim Publikum hervorrufen, scheint jedoch zu zeigen, daß es für manche offensichtlich doch einfacher ist, die Leute zum Lachen als zum Weinen zu bringen.
Aber Woody Allen ist ein schlechtes Beispiel, da er sogenanntes "Kopfkino" macht. Gehen wir über zum "Gesichtskino". Reden wir also über Jim "The Face" Carrey.

Das erstaunliche an Carreys momentanen Erfolg in DIE TRUMAN SHOW ist ja nur zu einem Teil seine schauspielerische Leistung darin. Ebenso faszinierend ist die Frage, wie der anerkannte Regisseur Peter Weir auf die Idee kommt, einen Mann, der in seinen bisherigen Filmen vor allem durch riesige Gagen, geschmacklose Hemden und unmenschlichen Grimassen aufgefallen ist, für diese Hauptrolle zu verpflichten. Die Lösung dieser Frage ist überraschend schlicht: Type - Casting.
In einem Interview hat Weir sehr einleuchtend erklärt, daß DIE TRUMAN SHOW nur mit einem Hauptdarsteller funktionieren konnte, der auch im "wirklichen Leben" ein Superstar ist, den somit jeder kennt und den jeder lustig findet.
Anscheinend ist es also tatsächlich eine Kunst komisch zu sein, denn wenn es in ernsten Filmen die Rolle eines Komikers zu besetzten gibt, zieht man echte Komiker jedem noch so arrivierten Schauspieler vor.
Den witzigen DJ in GOOD MORNING VIETNAM spielt dann eben Robin Williams, den schlechtesten Standup Comedian aller Zeiten zeigt uns Bill Murray in MADDOG AND GLORY und wer könnte die alternde Entertainment Legende aus Las Vegas in FUNNY BONES besser darstellen als die alternde Entertainment Legende Jerry Lewis ?

Ist mit diesen Beispielen also die Theorie vom Komiker als gutem Charakterdarsteller bewiesen ? Nein, denn auf jeden dieser Filme kommt zumindest ein weiterer, in dem ein Komiker fehl am Platz ist. Etwa in DIE UNSICHTBARE FALLE, in dem Steve Martin den Bösewicht mimt und so krampfhaft versucht nicht komisch zu sein, daß er nur langweilt. Ober Danny de Vito in der John Grisham Verfilmung DER REGENMACHER, in dem es ihm nicht gelingt seine Quirligkeit abzulegen. Oder Dan Aykroyd in MY GIRL, was grundsätzlich daran liegt, daß Aykroyd ein schlechter Schauspieler ist, egal ob komisch oder nicht. Oder John Cleese in FRANKENSTEIN, was aber weniger mit dem Talent des Ex - Monty Python als vielmehr mit der blutleeren Regie von Kenneth Branagh zu tun hat.

Es zeichnet sich ab, daß sich die oben gemachte Schlußfolgerung weder rundum beweisen noch kategorisch widerlegen läßt.
So oder so wird uns die absolute Steigerung dieser Vermischung aus Ernsthaftigkeit und Komik bald der neue Film von Martin Scorsese bringen. Angeblich wird in dieser filmischen Biographie Dean Martins der Megakomiker der 90er, Jim Carrey, den Megakomiker der 70er, Jerry Lewis (der bereits selber einen Komiker in Scorseses KING OF COMEDY dargestellt hat) verkörpern.
"Im Ernst ?" fragen Sie jetzt ungläubig.
"Im Ernst !" antworte ich zweideutig.

Michael Haberlander

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