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Der Filmfreund rät

  09.02.2000
 
 
 
 

Die Hauptstadt ruft die Kinofans, Filmfreunde und Cinéasten, und diesmal folgt Artechock mit noch größerem Aufgebot. Was heißt, das die Personaldecke der Heimmannschaft im Münchner Basiscamp für die nächsten zwei Wochen etwas dünn wird - und wir z.B. nicht garantieren können, dass diese Rubrik ein Update erfahren wird. (Keine Sorge: Die Berlinale-Berichterstattung sollte Ihnen dennoch genug Lesestoff bieten.) Zur Sicherheit also diesmal Tips gleich für die nächsten vierzehn Tage - damit Sie uns dann nicht dastehen und nicht wissen, was mit Ihrer Freizeit anfangen. Und womöglich dumme Sachen anfangen wie Wett-Häkeln oder Dackelzucht.

Im Prinzip würden wir ja einfach empfehlen, mit nach Berlin zu kommen. Aber damit sich die Daheimgebliebenen nicht allzusehr grämen müssen, sei gesagt: Auch München bietet im Kino Schönes. Und zwar wahrscheinlich mehr, als wir momentan schon wissen. Das Werkstattkino nämlich ist bekannt dafür, die Berlin-Fahrer gerne ein bisserl zu tratzen mit feinen Schmankerl-Programmen für diejenigen, die dem Bayerischen Millionendorf treu bleiben. Was das diesmal sein wird, wissen wir momentan noch nicht. Wir können aber nur wärmstens empfehlen: Augen offenhalten! Es wird sich ziemlich sicher lohnen.

Ganz sicher hingegen können wir schon sagen, dass auch das Filmmuseum unsere sog. weiß-blaue Metropole nicht im Stich läßt. Dort kann man zunächst mal ausgiebig den 100. Geburtstag von Luis Buñuel feiern. Nicht mit Kuchen, Kerzen und Luftschlangen, sondern mit einer halbwegs umfangreichen Auswahl seiner Spielfilme. Was fehlt, sind leider frühe und seltene Werke. Aber immerhin gibt's Buñuels Klassiker ab den 50'er so ziemlich lückenlos zum wiedersehen oder zum entdecken - von ENSAYO DU UN CRIMÉN über NAZARIN und VIRIDIANA bis zu CET OBSCURE OBJET DU DÉSIR (und einige andere). Buñuels Attacken auf Bürgertum, Kirche und Doppelmoral, seine oft selbst besessenen Studien verborgener Obsessionen, seine gemäßigten Demontagen klassischen Erzählkinos sind wohl besonders deswegen noch immer und immer wieder prima genießbar, weil sie angenehm unverkrampft und spielerisch daherkommen, weil ihnen das Verbissene meist fern liegt. Sein Surrealismus ist in der Regel fröhlich, der unterschwellige Hauch der Perversion schützt vor trockener Verkopftheit, fein bissiger Humor liegt ihm mehr als Zähnefletschen. Deshalb empfiehlt sich diese Reihe auch besonders für Filmfans, die Berührungsängste zum "Kunst-Kino" abzubauen haben.
(FILMMUSEUM: "Zum 100. Geburtstag von Luis Buñuel", jeweils Di./Mi. 19:00, Mi./Do. 21:15, sowie am 18. und 19. Februar 18:00, 23:00; Titel siehe Programm)

Bestens geeignet ist das Programm des Filmmuseum auch speziell für Leute, die Montage hassen. Nein, nein, es gibt keine Filme für Menschen, denen raffiniert geschnittene Szenen ein Graus sind. Sondern gute Gründe, sich trotz Arbeit o.ä. auf den ersten Tag der Woche zu freuen.
Am 14. wäre da SHICHININ NO SAMURAI - auf gut Deutsch DIE SIEBEN SAMURAI. Was meinen Sie? Kennen Sie ja schon? Haben Sie gedacht! 160 Minuten kennen sie davon, und das sind 43 weniger, als der Film eigentlich haben sollte. Jetzt gibt's endlich eine Chance, die ursprüngliche Original-Fassung - mit (englischen) Untertiteln, versteht sich - in einem Münchner Kino zu sehen. Und die ist selbstverständlich unbedingt zu nutzen. (Und überhaupt: Was heißt "Kenn ich schon!"? Das ist nun wirklich kein Grund, sich diesen formidablen Film nicht zum wiederholten Male anzuschauen!)
Nochmal satte 40 Minuten draufgepackt, und wir haben die Laufzeit von GREED. Auch den kennen Sie vielleicht schon erheblich kürzer: Erich von Stroheims gigantische "Mc Teague"-Verfilmung, vielleicht sein magnus opus, bisher aber immer nur in der vom Studio verhackstückelten und -huntzten Fassung greifbar. Rick Schmidlin behauptet jetzt, sowas ähnliches wie Stroheims eigentlich gemeintes Werk wieder hergestellt zu haben, unter der Zuhilfenahme von einigen hundert Standfotos. Den (wohl unrettbar verschollenen) Film wird's nicht wirklich ersetzen, aber hoffentlich zumindest einen lebendigen Eindruck von dem vermitteln, was hätte sein können (bzw. ja kurzfristig mal tatsächlich war). Immerhin hat Mr. Schmidlin unlängst bei der Rekonstruktion von Orson Welles' TOUCH OF EVIL ja schon sehr sorgfältige, verantwortungsvolle und schöne Arbeit an den Tag gelegt. Das heißet uns Hoffen.
(FILMMUSEUM: SHICHININ NO SAMURAI (OmeU), Mo. 14. Februar, 19:00; GREED - A RECONSTRUCTION (OF), Mo. 21. Februar, 19:00)

Was Sie am Wochenende zu tun haben, ausser sich auf den Montag zu freuen, das wissen Sie ja wohl. Das brauchen wir Ihnen doch nicht nochmal zu sagen. Das ist Ihnen doch bekannt und klar wie sonst irgendwas, was ganz, ganz bekannt und klar ist. Das können Sie doch schon im Schlaf aufsagen. Das versteht sich für Sie doch mittlerweile von selbst. Das ist doch nun seit Jahr und Tag vertraut, das können Sie vor- und rückwärts aufsagen und, wenn's denn sein müsste, auch vierstimmig fugiert im Chor singen.
Ja.
Aber nur zur Sicherheit. Nur für den Fall, dass es doch jemand vergessen haben sollte. Dass jemand ohne den tröstlichen Anblick der Worte weiß auf grau nicht ruhig schlafen kann. Dass jemand hier an Gedächtnisschwund leidet oder auch neu ist. Dass jemand meinen könnte, während der Herr Oehmann auf der Berlinale weilte, möchte sein Sinn sich wandeln und mit ihm seine weisenden Worte der Weisheit.
Könnt' ja sein.
Also nur deswegen hier ebenso unmissverständlich wie unbestechlich. Zur Beruhigung und -stätigung. Und für gleich zwei Wochen gültig:
"Samstags Fußball, Sonntag Lindenstraße."

Viel Spaß dabei wünscht Ihnen

Die Artechock-Redaktion

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