Sie kennen gewiss das Problem: Da will man als eifriger Cineast,
respektive Filmfan, seine pflichtgemäßen zwei bis siebzehn Filme in
der Woche anschauen - aber wie nur das Pensum schaffen? So viele
andere Dinge gibt's zu tun im Leben außer ins Kino zu gehen, wie
Schlafen, Essen, ääähhh..., ja, also viele andere Dinge gäb' es
noch. (Sagen manche.) Was also tun, um dennoch die nötige
Anzahl an Filmen zu bewältigen? Das Filmmuseum weist uns dieses
Wochenende eine mögliche Lösung. Effektiver gucken, lautet die
Devise, und das sieht so aus, dass man von Samstag abend um 20 Uhr
bis Sonntag morgen um 8 komplett im Kino verbringen und somit einen
guten Teil der Wochenquote in einer einzigen Nacht erledigen kann.
(Was übrigens eindeutig eine Hilfsmaßnahme für Kinoverrückte mit
Zeitmangel ist, wird hier verkauft als Beitrag zum "Jede Kultur hat
ihre Zeit"-Projekt des Kulturreferats. Ha, wir glauben kein Wort!
Auch wenn tatsächlich fast alle gezeigten Filme was mit Zeit oder
Nacht zu tun haben mögen...) Und wer denkt, da kämen dann aber
auch nur dumme Quotenfilme - ja, der oder die hat meilenweit
gefehlt. Ein Leckerbissen-Programm ist's sondergleichen und wäre
auch abgesehen vom Effektivitätsaspekt eine Pflichtveranstaltung.
NIGHT OF THE HUNTER, Charles Laughtons geniales, finsteres Märchen
gibt's da zum Beispiel, und Scorseses so unfair vernachlässigten
AFTER HOURS, die herrliche 1959er Verfilmung von Wells' THE TIME
MACHINE und der Lesben-Vampir-Klassiker BLUT AN DEN LIPPEN. Sowie
prima Kurzfilme - darunter Chris Markers grandioser LA JETÉE, der
die Inspiration zu 12 MONKEYS geliefert hat - und klassische
Cartoons wie WHAT'S OPERA, DOC? (mit Bugs Bunny als Brünhilde und
Elmer Fudds "Im gwonna kill the wabbit"-Arie zum
Walküren-Ritt). Also, stimmen wir ein mit Herrn Gründgens, der
es ja schon lange gesagt (bzw. gesungen) hat: "Die Nacht ist nicht
allein zum Schlafen da, die Nacht ist da das was geschieht..." Er
meinte bestimmt Kinogehen.
Jetzt werden Sie aber vielleicht - weniger abgehärtet als wir,
was Dauer-Kinositzungen angeht - sagen: "12 Stunden am Stück im
Kino? Das hält man doch nie aus!" Sie könnten's uns jetzt einfach
glauben, dass doch - wir haben das bei diversen Filmfesten schon
des öfteren getestet. Aber Sie können auch einfach ein bißchen
trainieren. Am Freitag. Auch im Filmmuseum. (Da ließe sich ja schon
der persönliche Sessel etwas weichsitzen.) Immerhin so um die
viereinhalb Stunden sind da nämlich zu absolvieren - und kein Weg
führt dran vorbei. WINNETOU I bis III kommt! Was sollen wir da noch
sagen, ohne in seitenlanges Schwelgen zu geraten oder kübelweise
Tränen der Rührung zu vergießen! Da fangen wir doch lieber gar
nicht an zu erzählen, was uns der Häuptling der Appachen in unserer
frühen Jugend bedeutet hat. Wie sehr Ntschotschi (hoffentlich haben
wir das jetzt richtig geschrieben...) unser Herz zum Klopfen
brachte. Wie sehr wir uns gewünscht haben, nur einmal mit der
Silberbüchse im Arm und Old Shatterhand an unserer Seite zu
lustigen Indianerspielen in den Wilden Westen aufzubrechen, der uns
seltsamerweise immer so an den Jugoslawien-Urlaub erinnerte. Oder
dass wir ein echtes Pierre Brice-Autogramm im Schrank haben. Und zu
Fasching immer als Indianer gegangen sind. Dass wir das
Winnetou-Sammelbilder-Klebealbum voll bekommen haben, und die
aufregende Winnetou-Guckscheibe für den Viewmaster (wer erinnert
sich an diese Dinger?) besaßen. Oder gar, dass wir Nächte lang
nicht mehr gut schlafen konnten, als dieser elende Schurke Winnetou
erschossen hat - der sich für seinen Freund opferte! Schluchz!
Heul!! Nein, nein, da fangen wir überhaupt nicht mit an. Da
sagen wir nur: Als filmhistorisches Dokument speziell im Hinblick
auf die Rolle des kommerziell orientierten deutschen
Nachkriegskinos sowohl als Auslöser für italienische Genre-Zyklen
als auch die Welle pan-europäischer Produktionen und auch als
Feindbild des Neuen Deutschen Filmes durchaus bedeutsam. M-hm.
Jawoll. Nur deswegen gehen wir rein. Klar. (Und jetzt alle
zusammen die Titelmelodie:"Mmm-hmmmmmmmmm,
mmm-hmmm-hmmm-hmmm-hmmm-hmmmmmmm. Mmm-hmmmmmmm,
mmm-hmm-hmm-hmm-hmm-hmmmmmmmm....")
Nur zu gern würden wir Ihnen jetzt auch noch berichten, was unser
Western-Fan und Musik-Kenner Herr Oehmann zu diesem Themenkomplex
im Allgemeinen ebenso wie im Speziellen zu sagen hat. Nun weilt der
aber, ganz uneffektiv, noch immer in Berlin, obwohl doch die
Berlinale schon vorbei ist. Deshalb einfach so noch schnell was
ganz anderes, nämlich der entscheidende Tip für alle, denen
entweder diese beiden cineastischen Marathon-Veranstaltungen noch
nicht genug sind (das wären dann Leute ganz nach unserem
Geschmack...), oder so viel zu viel (Memmen!), dass sie einfach nur
einen Film empfohlen haben mögen für diese Woche. So oder so, oder
auch ganz anders, wurscht, wichtig ist nur: SLEEPY HOLLOW muss
angeschaut werden. Mehrmals. Unbedingt, sonst haben Sie bewiesen,
dass sie Kino nicht mögen. Und wir müssten dann schmollen. Und das
(um wenigstens ein - wenn auch aus anderem Kontext stammendes -
Zitat des Herrn Oehmann angebracht zu haben) kann doch kein Mensch
wollen. (Das hat sich jetzt auch noch gereimt, und was sich
reimt... - na ja, sie wissen schon.) Was wir (und viele, viele
Menschen) hier noch wollen, ist dann eigentlich nur noch das
Oehmannsche Mantra, das uns wohlbehütet und bestens gestimmt in
diese effektiv-filmreiche Woche entlässt. Und hier ist's:
"Samstags Fußball, Sonntag Lindenstraße."
Viel Spaß dabei wünscht Ihnen
Die
Artechock-Redaktion
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