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Ui, was ist das schön! Diese Woche können wir endlich mal wieder
unter ein richtiges, ach was, nachgeradezu veritables und dabei
ebenso griffiges wie reimendes (Sie wissen: Was sich reimt ist gut)
Motto stellen. Jawoll. Und das tun wir dann auch gleich. Jeden
Moment. Gemach. Sekunde noch. Sofort... Jetzt aber: Ohne
weitere Umschweife, Abschweifungen, Verirrungen, Seitenwege,
Nebenpfade und -sächlichkeiten, ohne langes Herumgerede um den mehr
oder minder heissen Brei (auch nicht um Mus, Grütze oder
Haferschleim), also quasi zielstrebig wie etwas, das ganz furchtbar
zielstrebig ist, also eins von diesen Dingens z.B., diese... na,
Sie wissen schon, diese zielstrebigen halt..., also ganz direkt und
frei heraus, ruck zuck, ratz fatz und womöglich auch holleröh (da
allerdings sind wir nicht ganz sicher...)... Gut, gut, wir
hören schon auf. Hier ist's, das Motto: "Frauen schauen." Ist
doch ein schönes solches. Also Motto halt. Oder? Eben.
Nicht schwer zu erraten dürfte es fallen, was erste Inspiration
dazu geliefert hat: Ganz klar, das 15. internationale
Dokumentarfilmfestival, das seinerselbst unter dem zwar veritablen,
aber weitaus weniger griffigen und schon gar nicht gereimten Motto
"Der weibliche Blick" steht. (Tja, hätten die mal zuerst uns
gefragt...) Eigentlich würde das nun von uns fast schon
zwingend verlangen, dass wir erstmal gaaaaaaaanz weit ausholen.
(Viel weiter noch als zu Beginn!) Von wegen
Geschlechterdifferenz-Diskursen und so. Da wäre zu so einem Motto
ja doch dieses, jenes, das eine oder ander oder ganz andere (The
Other?) zu sagen. Haben wir jetzt aber weder Platz, Zeit noch Lust
zu. Hätten Sie was Gescheites studiert, eine halbwegs zeitgemäße
Kultur- oder Literaturwissenschaft z.B., dann müssten wir Ihnen da
eh nix dazu erzählen. So ist das eben. Ällerbätsch. Wie dem/der
auch sei: Ob jetzt zwischen Manderln und Weiblein tatsächlich eine
nicht reduzierbare, essentielle Differenz besteht, wie unsere
Kultur als eine ihrer Grundwahrheiten annimmt (selbstverständlich
besteht sie nicht, Blödsinn freilich, aber das nur nebenbei...),
oder ob das alles nur sozio-kulturelle Konzepte sind, denen Körper
unterworfen werden - jedenfalls gibt's zweifelsfrei bei uns die
Vorstellung von Mann und Frau, und weil wir alle brav gelernt
haben, dass die sich auf ganz anderer und fundamentalerer, gott-
oder naturgegebener Ebene als beispielsweise Blau- und Braunäugige,
Leute über 1,70m und unter 1,70m, Alte und Junge, Arme und Reiche
radikal unterscheiden gibt's auch Verhaltens- und Blickweisen, die
wir als recht eindeutig männlich und weiblich benennen. Und somit
für FilmemacherInnen auch die Möglichkeit, sich dieser - bewußt
oder unbewußt, aus voller Identifikation oder als Strategie - zu
bedienen. Ist halt so. Glauben Sie uns! Und jedenfalls geht's
somit schon in Ordnung, wenn sich ein Dokumentarfilmfestival
solchen Filmen widmet. Und überhaupt ist's letzlich ja auch
wurscht, warum wo wann welche Filme laufen, wenn sie denn
interessant und/oder schön sind, diese Filme, und es kommen ja auch
ganz viele Dokus auf dem Festival, die mit diesem Thema gar nichts
am Herren- oder Damenhut haben, und überhaupt sollten im Kino
wieder viel öfters auch Dokumentarfilme laufen, wobei ja die
Unterscheidung zwischen Dokumentar- und Spielfilm auch keineswegs
eine einfache oder klare ist und da jetzt eigentlich auch JEDE
Menge zu sagen wäre, zu den unausgesprochenen Mythen, die hinter
dem rhetorischen Konzept "Dokumentation" stehen, aber wir haben ja
jetzt schon viel zu viel gesagt und wahrscheinlich liest das eh
keine/r mehr und mal schauen ob vielleicht doch noch jemand wach
ist, hallo, FICKEN, aha, sehen Sie, DA gucken Sie sofort wieder
hin, haben wir uns gleich gedacht, ja ja, geben Sie's nur zu und
jedenfalls: Schauen Sie halt mal beim Dokumentarfilmfestival
vorbei, lohnt sich gewiss, das wollten wir eigentlich nur gesagt
haben...
(15. internationales
Dokumentarfilmfestival, 5.- 14. Mai )
Irgendwo weiter oben waren wir mal stehengeblieben bei "Frauen
schauen". (Und: Danke der Nachfrage, es geht uns jetzt wieder
besser. Wirklich. Alles wieder in Ordenunung.) Für alle, die's
nicht sofort gemerkt haben sollten: Dieses unseres Wochenmotto ist
selbstverfreilich nicht nur veritabel, griffig und reimend - es ist
zu allem Überfluss (und grade so, als hätt' es wer absichtlich so
eingerichtet, schaus'an!) auch noch gar doppeldeutig und womöglich
-bödig! Toll, gell? Wie die Frauen da potentiell zwischen Subjekt
und Objekt schwanken, wanken, oszillieren! (Und:
Meineherrenunddamen, was könnten wir DA jetzt wieder anfangen,
vonwegen Geschlechterdiskurs, au Backe!) Sintemalen die Frauen da
also nicht nur ihrerselbst gucken (wahrscheinlich in Schaufenster
oder Frauenzeitschriften...), sondern auch (nur als Exemplum unter
vielen möglichen: von uns) angeschaut werden (mit einiger
Sicherheit lüstern und geifernd...). Und also jedenfalls aber
dann obwohl aha diese Woche nirgends die Gelegenheit zum Frauen
schauen sich so lockend und bereitwillig bietet als wie im
Werkstattkino. Wo jedoch vor allem eine spezielle Frau angestiert
und -gegafft werden soll: Linda Fiorentino. Der widmet unser aller
Lieblingskino eine seiner unregelmäßigen "Frauen, die wir
lieben"-Reihen, und das - wie üblich - zu recht: Die gute Linda
fiel uns erstmals angenehm - trotz grausiger 80er Jahre-Frisur -
auf in Martin Scorseses gröbst unterschätztem AFTER HOURS (auf
Deutsch - und so läuft er hier leider auch, buhuu - DIE ZEIT NACH
MITTERNACHT), als sexuell etwas abseits vom Mainstream veranlagte
Künstlerin. Da war schon klar: Die ist keine von diesen
Hollywood-Püppis, und die läßt sich so schnell nicht nahtlos in
eine der bekannten Frauenbild-Backformen gießen. Nicht, dass ihre
bekannteste und erfolgreichste Rolle in THE LAST SEDUCTION (DIE
LETZTE VERFÜHRUNG) nicht etliche bestens vertraute Vorbilder hatte
- eiskalte femme fatale, Schwarze Witwe. Aber mit soviel schamlosem
Spaß an der Freud hatte man's lange nicht gesehen, und dann war das
Ende ja doch auch noch ganz anders als gewohnt aus tausend
Männerphantasien vorher. Dazu gibt's noch einen Film, den wir
selbst nicht kennen, aber Linda Fiorentinos Mitwirkung wird auch da
den Besuch sicherlich lohnen, zumal dann noch unsere
Lieblings-Psychos Michael Madsen und Charlie Sheen mit von der
Partie sind. Und wer dann noch nicht genug von Linda hat (und
warum sollte jemand?), kann gleich in Kevin Smiths DOGMA und in
(s.o.) ORDINARY DECENT CRIMINAL gehen: Denn gottseilobunddank ist
Frau Fiorentino - für die Blockbuster-Rollen einfach ein zu herber
und selbstbestimmter Typ - derzeit mal wieder in Filmen
beschäftigt, die's auch hierzulande zu einem Kinostart bringen.
(WERKSTATTKINO: "Frauen, die wir lieben - Linda Fiorention",
Titel und Zeiten siehe Programm)
Bei ihm, da schauen sie auch, die Frauen, besonders, wenn er
seinen Kasper herausholt: Unser Herr Oehmann. Wenn der mal seine
Autobiographie schreibt, na, die hätte was zu erzählen...! Erstmal
aber schreibt er nicht. Sondern scholt (schalt? schiltete?) uns ob
unserer unlängst begangenen Vernachlässigung des "Besten Films der
Welt" (Herr Oehmann), Buster Keatons THE GENERAL, in diesen unseren
Wochenempfehlungen. Auweh zwick! Aber anstatt, dass wir uns
ordentlich schämten (schämeten? schomten?), sind wir sofort zum
Gegenangriff übergegangen und haben ihn (den Herrn Oehmann) mit dem
alten, billigen "Selber bessermachen!"-Geraunze dazu gebracht -
Trommelwirbel! Licht aus, Spot an! Spannung! Excitement! Suspense!
- uns so halb zuzusagen, dass ER selbst nächste Woche an dieser
Stelle zur Tastatur und das Wort er-greifen und letzteres an Sie
richten würde!!! Tusch!!! Noch sind wir nicht 100% sicher, ob er's
denn auch wirklich tut. Aber das wäre nicht nur DIE Chance, alle
bösen (und - nicht weitersagen! - von uns selbst in die Welt
gesetzten) Gerüchte zu widerlegen, dass es ihn in Wirklichkeit gar
nicht gibt, den hier dauernd zitierten Herrn Oehmann, sondern dass
er eine reine Kunstfigur ist wie Don Quixote, Josef Filser oder
Hemuth Kohl. Sondern auch für Sie alle eine großartige Gelegenheit,
ihn an dieser Stelle möglicherweise endlich einmal etwas anderes
empfehlen zu hören als: "Samstags Fußball, Sonntag
Lindenstraße."
Viel Spaß dabei wünscht Ihnen
Die
Artechock-Redaktion
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