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24.08.2000
 
 
   
 

Martial Film Arts

 
Jet Li und Aliyah
     
 
 
 
 

Als sich vor einigen Jahren Firmen wie Sony oder Panasonic in die großen Hollywoodstudios einkauften, kam das vielen Amerikanern einem Landesverrat gleich.
Hollywood, dieses uramerikanische Symbol, vergleichbar mit Coca Cola oder Harley Davidson, wurde an das Land ausverkauft, dass 50 Jahre früher Pearl Harbor angegriffen hatte. Einem echten Amerikaner graute vor dieser Vorstellung und viele sahen bereits den Verfall der amerikanischen Filmkultur heraufziehen.
Natürlich kam es nicht so, da auf der Prioritätenliste der japanischen Konzerne die Zerstörung der amerikanischen Kultur ganz weit hinter Punkten wie Gewinnmaximierung oder Geschäftsfelderweiterung stand.

Doch zehn Jahre später bahnt sich in Hollywood scheinbar eine ganz andere asiatische Vormachtstellung an. John Woos MISSION IMPOSSIBLE II setzt Maßstäbe im Actionkino und zählt ebenso zu den finanziellen Gewinnern, wie der umherfliegende Jet Lee in ROMEO MUST DIE. Und während Jackie Chan den Markt der leichten Unterhaltung bedient, steht Chow Yun Fat an der Seite von Stars wie Mark Wahlberg oder Jodie Foster.
Übernehmen die Asiaten durch stete Unterwanderung nun doch die amerikanische Filmindustrie ? Ganz eindeutig nein.

Im Vergleich zur Vergangenheit ist die asiatische Beteiligung in Hollywood tatsächlich enorm gestiegen, aber das hat weniger mit einem nachhaltigen künstlerischen Einfluss zu tun, als vielmehr mit dem gewinnorientierten Pragmatismus der Filmstudios.
So wie neuerdings an allen Ecken und Ende Sushi-Bars und Asia-Shops auftauchen, so sind auch asiatische Regisseure und Darsteller nur eine nette Mode, die Hollywood für einige Monate oder Jahre einen frischen Wind verleiht.
Denn so gleichgültig, wenn nicht gar abschätzend Hollywood ansonsten den anderen Filmnationen gegenübersteht, so flexibel ist es doch in der Integrierung ausländischer Filmschaffender. Ob Petersen, Emmerich, Harlin, Sam Mendes als Regisseure oder Banderas, Schwarzenegger, Binoche oder zuletzt Iben Hjejle (HIGH FIDELITY) als Darsteller. Während in Amerika kein Mensch die Filme aus deren Heimat sehen will, sind sie in und bei amerikanischen Produktionen gern gesehen. Dass sie bei ihrer Arbeit in Amerika dabei etwas von der Filmkultur ihrer Heimat mit einbringen, bleibt ein frommer Wunsch, man vgl. dazu aktuell Petersens DER STURM oder Roland 'Mr. America' Emmerichs DER PATRIOT.

Nun ergeht es nach Europa eben auch Asien so. Während man bisher nur Filmstoffe aus Japan und Hongkong importierte (z. B. DIE SIEBEN SAMURAI), heuert man jetzt (erleichtert durch die politischen Veränderungen in Hongkong) Darsteller und Regisseure für die eigenen Produktionen an. Von der filmischen Ästhetik Asiens bleibt dabei bedauerlich wenig übrig, augenfällig sind es genau genommen nur zwei Eigenschaften.
Zum einen natürlich die wilden Martial Arts-Kämpfe, die vorzugsweise von den Meistern wie Lee oder Chan persönlich dargeboten werden, ihren Eingang aber auch in Filme wie MATRIX gefunden haben. Wirklich neu ist dieser Trend jedoch nicht, da bereits vor 30 Jahren Bruce Lee eine vergleichbare Karatewelle auslöste.

Zum anderen brachte uns vor allem das Hongkong Kino eine neue Actionästhetik, die in Tarantinos Debüt RESERVOIR DOGS ebenso zu sehen ist, wie gerade jetzt, in ihrer extremen Ausprägung, in M:I-2 von John Woo.
Man sollte sich von der Vorstellung verabschieden, dass Woo nur einer von vielen ist, die diese Stilrichtung prägen. Wenn sich in einem Film zwei Männer mit chromblitzenden automatischen Waffen gegenüberstehen, dann ist das in erster Linie nicht typisch Hongkong, sondern typisch John Woo. Wie alle guten Regisseure hat er einen eigenen, unverwechselbaren Stil, der immer erkennbar bleibt, egal wo und was er dreht.

Es zeichnet sich ab, dass der asiatische Einfluß in Hollywood das gleiche Schicksal erleiden wird, wie etwa der Blaxploitationfilm in den 70ern. Nach einem wilden Auftakt wurde dieser so lange angepaßt und vereinnahmt, bis er alles Frische, Ungewohnte und Kontroverse verloren hatte und schließlich zum unverfänglichen Black Cinema von heute verkam (man vergleiche hierzu etwa die absolut austauschbare Komödie NEXT FRIDAY mit Ice Cube).
Wenn sich Chris Tucker und Jackie Chan nun gemeinsam durch die RUSH HOUR kaspern oder Jet Lee um das Herz von Aaliyah kämpft (ROMEO MUST DIE) dann mag das alles ganz annehmbare Unterhaltung ergeben, die ungestüme Kraft, die man sich aber von dieser afro-asiatischen Allianz erwartet, findet man leider nicht.

1971 trat Richard Roundtree in SHAFT an, um ein schwarzer James Bond zu werden. Heute wird sich Samuel L. Jackson im Remake dieses Klassikers wohl eher an Ethan Hunt aus Jon Woos M:I-2 messen müssen.
Gewinnen wird dabei auf jeden Fall Hollywood, dass wie ein Vampir die Vitalität aus unterschiedlichen Genres zieht, um den eigenen, blutleeren Produkten wieder Leben einzuhauchen und damit weiterhin gutes Geld zu verdienen.

Michael Haberlander

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