Gute Zeiten für schlechte Frisuren! Zu dieser Erkenntnis kommt
man zumindest, wenn man sich einige aktuelle Komödien ansieht.
Da ist etwa Michael Douglas, der sich in EINE NACHT BEI MC COOL'S
mit einer enormen Haartolle endgültig von seinem geschleckten WALL
STREET-Image verabschiedet. Oder Jamie Lee Curtis, die in DER FALL MONA eine
furchterregende, abgefressene VoKuHiLa-Frisur zur Schau trägt. Oder
John Travolta, der mit seinem Topfschnitt in LUCKY NUMBERS seinen
coolen Sunny Boy Status massiv gefährdet. (Auf keinen Fall zu
vergessen: David Spade in JOE DIRT, wenn man diesen erstaunlich Lacher-freien Film
denn als Komödie durchgehen läßt. -Die Red.)
Der gedanklich Weg von schlimmen Frisuren zu den 80er Jahren ist
nicht weit, weshalb es nicht verwundert, dass etwa LUCKY NUMBERS im
Jahr 1988 spielt und sich dabei nicht nur in Ausstattung und
Garderobe, sondern auch filmisch dieser Zeit verpflichtet fühlt.
Das muntere Aneinanderreihen von kleinen und großen
Katastrophen, unterlegt mit einigen schmissigen (ich meine das Wort
so abwertend wie es klingt) Rocksongs, ausgerichtet auf den
tragischen Held im Zentrum dieses Chaos; wer sich bei dieser
Mischung nicht an die 80er Jahre Filme mit Steve Martin oder von
John Landis (allen voran INTO THE NIGHT) erinnert fühlt, hat dieses
schreckliche Jahrzehnt entweder verschlafen oder lebt mit der Gnade
der späten Geburt.
LUCKY NUMBERS ist trotzdem eine weitgehend gelungene Komödie, die
temporeich unterhält, ohne dabei Humor unterhalb der Gürtellinie
bemühen zu müssen. Etwas störend ist jedoch John Travolta, der
durchaus in Komödien passen mag (etwa SCHNAPPT SHORTY), aber
keineswegs ein guter Komiker ist. Alles halb so wild, da eine Reihe
begabterer Schauspieler wie Bill Pullman als antriebsloser Polizist
oder der immer wieder gute Tim Roth als smarter Nachtclubbesitzer
das unkontrollierte Chargieren Travoltas schnell wieder vergessen
lassen.
Auch in DER FALL MONA sind die allgegenwärtigen Yugo-Autos nicht
das einzige, was an die 80er Jahre gemahnt. Spätestens bei der
Besetzung mit Danny DeVito und Bette Midler erinnert man sich an
RUTHLESS PEOPLE (DIE UNGLAUBLICHE ENTFÜHRUNG DER VERRÜCKTEN MRS.
STONE) und somit an das Gespann Zucker - Abrahams - Zucker. Bevor
diese drei dazu übergingen langweiligen Klamauk zu produzieren,
drehten sie einige wunderbare Komödien wie eben RUTHLESS PEOPLE, in
deren Tradition DER FALL MONA nun steht.
Die gerne beschworene Spielfreude ist den Darstellern hier
wirklich anzusehen und tröstet auch über das etwas wirre und
planlose Ende hinweg. Davon abgesehen überrascht der Film mit einer
spannenden Krimihandlung, vielen visuellen Einfällen und einem
erfrischend sarkastischen Humor, der sich in seiner liebevollen
Schilderung des American White Trash von gelackten Komödien wie
WEDDING PLANNER oder HALS ÜBER KOPF angenehm abhebt.
Ähnlich respektlos (aber keineswegs ordinär) unterhält auch EINE
NACHT BEI MC COOL'S, der langsam wieder von den Spielplänen
verschwindet. Matt Dillon gerät hier nach TO DIE FOR zum zweiten
Mal an eine tödliche Schönheit, die von Liv Tyler im wahrsten Sinne
des Wortes verkörpert wird. Zur Seite stehen ihnen der souveräne
John Goodman als verliebter Cop und der hypernervösen Paul Reiser,
der in seiner Fahrigkeit das ist, was John Travolta in LUCKY
NUMBERS wohl gerne gewesen wäre.
Und Mitten drin Michael Douglas, der als Bingo spielender Killer
das zu Ende bringt, was er in WONDER BOYS begonnen, aber nicht
vollendet hat (woran das schreckliche Ende des ansonsten sehr guten
Films schuld ist). Er zeigt eine erstaunliche Portion Selbstironie,
hat Mut zur Hässlichkeit und ist einmal nicht der alles im Griff
habende Macher. Diese ungewohnte Darstellung und manch
unerwartete Wendung der Handlung machen auch diesen Film zu einem
geistreichen Vergnügen.
Nicht ganz so unbeschwert wie die gerade genannten Komödien über
kleine Leute in kleinen Städten, gibt sich DER SCHNEIDER VON
PANAMA. Dort geht es um wichtige Leute (zumindest glauben sie
das von sich ) in einer großen Stadt und um große Politik und noch
größere Geschäfte, wobei die Grenze zwischen beiden bekanntlich
fließend ist. Und wieder sind es vor allem die Darsteller, die
diesen Film sehenswert machen. Etwa der brillante Geoffrey Rush,
als von allen Seiten bedrängter Schneider oder Pierce Brosnan, als
die zynische James Bond Version, die man seit Jahren in den
regulären 007-Filmen schmerzlich vermisst oder die einmal mehr
faszinierende Jamie Lee Curtis, die von der prolligen
Thekenschlampe (siehe DER FALL MONA) bis zur erfolgreichen
Kanalingenieurin (wie in diesem Film) jeder Rolle gewachsen
ist.
In seinen besten Szenen, die ohne großen Aufwand und Brimborium
inszeniert sind, ist DER SCHNEIDER VON PANAMA eine gallige Satire
auf die Geltungssucht und die Machtgeilheit der Menschen. Sobald
der Film aber versucht "großes" Kino zu machen und den dunklen
Mächten in Politik und Wirtschaft ans Knie zu pinkeln, wirkt der
Film wie ein Mann in einem viel zu großem Sakko, welches er nicht
ausfüllen kann (um beim Geschäft des Schneiders zu bleiben).
Spätestens als über Panama die amerikanischen Hubschrauber
einfliegen, ist der Spaß in jeder Hinsicht zu Ende.
Einigen Filmkritikern scheinen Komödien wie die eben
beschriebenen immer noch als Filmkunst zweiter Klasse, da sie vor
allem auf die Unterhaltung des Publikums abzielen. Besser bei einem
"anspruchsvollen" Film langweilen, als sich bei einer Komödie zu
amüsieren! scheinen sie zu denken und vergessen dabei, dass die
Komödien mit ihren Anspielungen, Parodien und filmischen Ideen oft
mehr der Kunstform Film verpflichtet sind, als manch verwackeltes
Handkamera Sozialdrama.
Michael
Haberlander
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