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24.05.2001
 
 
   
 

Selten so gelacht
Aktuelle Komödien aus Amerika

 
Nu lach doch mal! John Goodman in ONE NIGHT AT MCCOOL'S.
     
 
 
 
 

Gute Zeiten für schlechte Frisuren! Zu dieser Erkenntnis kommt man zumindest, wenn man sich einige aktuelle Komödien ansieht.
Da ist etwa Michael Douglas, der sich in EINE NACHT BEI MC COOL'S mit einer enormen Haartolle endgültig von seinem geschleckten WALL STREET-Image verabschiedet. Oder Jamie Lee Curtis, die in DER FALL MONA eine furchterregende, abgefressene VoKuHiLa-Frisur zur Schau trägt. Oder John Travolta, der mit seinem Topfschnitt in LUCKY NUMBERS seinen coolen Sunny Boy Status massiv gefährdet. (Auf keinen Fall zu vergessen: David Spade in JOE DIRT, wenn man diesen erstaunlich Lacher-freien Film denn als Komödie durchgehen läßt. -Die Red.)

Der gedanklich Weg von schlimmen Frisuren zu den 80er Jahren ist nicht weit, weshalb es nicht verwundert, dass etwa LUCKY NUMBERS im Jahr 1988 spielt und sich dabei nicht nur in Ausstattung und Garderobe, sondern auch filmisch dieser Zeit verpflichtet fühlt.
Das muntere Aneinanderreihen von kleinen und großen Katastrophen, unterlegt mit einigen schmissigen (ich meine das Wort so abwertend wie es klingt) Rocksongs, ausgerichtet auf den tragischen Held im Zentrum dieses Chaos; wer sich bei dieser Mischung nicht an die 80er Jahre Filme mit Steve Martin oder von John Landis (allen voran INTO THE NIGHT) erinnert fühlt, hat dieses schreckliche Jahrzehnt entweder verschlafen oder lebt mit der Gnade der späten Geburt.

LUCKY NUMBERS ist trotzdem eine weitgehend gelungene Komödie, die temporeich unterhält, ohne dabei Humor unterhalb der Gürtellinie bemühen zu müssen. Etwas störend ist jedoch John Travolta, der durchaus in Komödien passen mag (etwa SCHNAPPT SHORTY), aber keineswegs ein guter Komiker ist. Alles halb so wild, da eine Reihe begabterer Schauspieler wie Bill Pullman als antriebsloser Polizist oder der immer wieder gute Tim Roth als smarter Nachtclubbesitzer das unkontrollierte Chargieren Travoltas schnell wieder vergessen lassen.

Auch in DER FALL MONA sind die allgegenwärtigen Yugo-Autos nicht das einzige, was an die 80er Jahre gemahnt. Spätestens bei der Besetzung mit Danny DeVito und Bette Midler erinnert man sich an RUTHLESS PEOPLE (DIE UNGLAUBLICHE ENTFÜHRUNG DER VERRÜCKTEN MRS. STONE) und somit an das Gespann Zucker - Abrahams - Zucker. Bevor diese drei dazu übergingen langweiligen Klamauk zu produzieren, drehten sie einige wunderbare Komödien wie eben RUTHLESS PEOPLE, in deren Tradition DER FALL MONA nun steht.

Die gerne beschworene Spielfreude ist den Darstellern hier wirklich anzusehen und tröstet auch über das etwas wirre und planlose Ende hinweg. Davon abgesehen überrascht der Film mit einer spannenden Krimihandlung, vielen visuellen Einfällen und einem erfrischend sarkastischen Humor, der sich in seiner liebevollen Schilderung des American White Trash von gelackten Komödien wie WEDDING PLANNER oder HALS ÜBER KOPF angenehm abhebt.

Ähnlich respektlos (aber keineswegs ordinär) unterhält auch EINE NACHT BEI MC COOL'S, der langsam wieder von den Spielplänen verschwindet. Matt Dillon gerät hier nach TO DIE FOR zum zweiten Mal an eine tödliche Schönheit, die von Liv Tyler im wahrsten Sinne des Wortes verkörpert wird. Zur Seite stehen ihnen der souveräne John Goodman als verliebter Cop und der hypernervösen Paul Reiser, der in seiner Fahrigkeit das ist, was John Travolta in LUCKY NUMBERS wohl gerne gewesen wäre.

Und Mitten drin Michael Douglas, der als Bingo spielender Killer das zu Ende bringt, was er in WONDER BOYS begonnen, aber nicht vollendet hat (woran das schreckliche Ende des ansonsten sehr guten Films schuld ist). Er zeigt eine erstaunliche Portion Selbstironie, hat Mut zur Hässlichkeit und ist einmal nicht der alles im Griff habende Macher.
Diese ungewohnte Darstellung und manch unerwartete Wendung der Handlung machen auch diesen Film zu einem geistreichen Vergnügen.

Nicht ganz so unbeschwert wie die gerade genannten Komödien über kleine Leute in kleinen Städten, gibt sich DER SCHNEIDER VON PANAMA. Dort geht es um wichtige Leute (zumindest glauben sie das von sich ) in einer großen Stadt und um große Politik und noch größere Geschäfte, wobei die Grenze zwischen beiden bekanntlich fließend ist.
Und wieder sind es vor allem die Darsteller, die diesen Film sehenswert machen. Etwa der brillante Geoffrey Rush, als von allen Seiten bedrängter Schneider oder Pierce Brosnan, als die zynische James Bond Version, die man seit Jahren in den regulären 007-Filmen schmerzlich vermisst oder die einmal mehr faszinierende Jamie Lee Curtis, die von der prolligen Thekenschlampe (siehe DER FALL MONA) bis zur erfolgreichen Kanalingenieurin (wie in diesem Film) jeder Rolle gewachsen ist.

In seinen besten Szenen, die ohne großen Aufwand und Brimborium inszeniert sind, ist DER SCHNEIDER VON PANAMA eine gallige Satire auf die Geltungssucht und die Machtgeilheit der Menschen. Sobald der Film aber versucht "großes" Kino zu machen und den dunklen Mächten in Politik und Wirtschaft ans Knie zu pinkeln, wirkt der Film wie ein Mann in einem viel zu großem Sakko, welches er nicht ausfüllen kann (um beim Geschäft des Schneiders zu bleiben). Spätestens als über Panama die amerikanischen Hubschrauber einfliegen, ist der Spaß in jeder Hinsicht zu Ende.

Einigen Filmkritikern scheinen Komödien wie die eben beschriebenen immer noch als Filmkunst zweiter Klasse, da sie vor allem auf die Unterhaltung des Publikums abzielen. Besser bei einem "anspruchsvollen" Film langweilen, als sich bei einer Komödie zu amüsieren! scheinen sie zu denken und vergessen dabei, dass die Komödien mit ihren Anspielungen, Parodien und filmischen Ideen oft mehr der Kunstform Film verpflichtet sind, als manch verwackeltes Handkamera Sozialdrama.

Michael Haberlander

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