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15.11.2001
 
 
   
 

Bandit Queen
Die Schauspielerin Cate Blanchett

 
 
Cate Blanchett in BANDITEN (BANDITS)
 
 
 
 
 

Zu Beginn des fulminanten Films ELIZABETH von Shekhar Kapur gibt es eine Szene, in der man die jugendliche Prinzessin Elizabeth in den Tower bringt, da sie von der Königin, ihre Halbschwester Mary, der Ketzerei bezichtigt wird. Ein Vorwurf, der damals meist tödlich endete. In einem dunklen Verließ des gefürchteten Gefängnisses sitzt die Prinzessin mit langen, roten Haaren und einem unschuldig weißen Kleid, wird von mißtrauischen Edelleuten und Bischöfen wie von gierigen Wölfen umkreist und mit bitteren Anschuldigungen konfrontiert. Obwohl jede unbedachte Aussage ihren Tod bedeuten kann, zeigt Elizabeth neben ihrer Angst auch Trotz, begegnet sie der Polemik mit vernünftigen Argumenten und hält den Erniedrigungen ihre unzerstörbare Würde entgegen.

Im Laufe des Films wird man diese Gleichzeitigkeit von so verschiedenen Gefühlen und Empfindungen immer wieder bei ihr entdecken und ist jedes Mal aufs Neue beeindruckt. Wenn es vielen Hollywoodschauspielern kaum gelingt ein einziges Gefühl glaubhaft zu vermitteln, ist diese Leistung der Schauspielerin Cate Blanchett, die die Rolle der Elizabeth so perfekt ausfüllt, doppelt hoch anzusetzen.

ELIZABETH ist aus künstlerischer Sicht zweifelsfrei der bisher größte Erfolg von Cate Blanchett. Ihre physische und psychische Metamorphose von der hübschen, lebensfrohen Prinzessin zur machtvollen, verhärmten Königin, sticht aus diesem Film, der an guten Schauspielleistungen nicht gerade arm ist, deutlich hervor. Trotz einhellig guter Kritiken und zahlreichen Preisen blieb der wirklich große Ruhm jedoch aus.
Der Film ELIZABETH ist wohl zu sperrig für das Durchschnittspublikum und Cate Blanchett ist nun einmal keine nette Schönheit, die dem weiblichen Publikum Gelegenheit zur romantischen Identifikation bietet und die bei den Männern Hormonstöße oder Beschützerinstinkte hervorruft. Wen wundert es da, dass sich Film und Schauspielerin bei der Oscarverleihung 1999 dem unverfänglichen SHAKESPEARE IN LOVE und der putzigen Gwyneth Paltrow geschlagen geben mußten.

Cate Blanchett hat keine offensichtlich erotische Ausstrahlung, die jungen Schauspielerinnen reihenweise zum schnellen (wenn auch oft nur kurzen) Erfolg verhilft. Dafür strahlt sie Stil, Eleganz, Charakter und Intelligenz aus; Eigenschaften, die im täglichen Leben durchaus erstrebenswert sind, die einen im Filmgeschäft aber scheinbar für die zweite Reihe qualifizieren.

Nach der starken englischen Königin durfte sie in der Oscar Wilde-Verfilmung EIN PERFEKTER EHEMANN nur die sittsame Ehefrau eines Londoner Aristokraten spielen. Die Rolle des verführerischen und verführenden Luders überließ man Julianne Moore. Nicht weniger brav musste sie in PUSHING TIN als Ehefrau eines von John Cusack gespielten Fluglotsen sein. Diesmal übernahm Angelina Jolie die Rolle der ehebrechenden Sexbombe.
Und in DER TALENTIERTE MR. RIPLEY fiel sie als elegante Millionenerbin Meredith Logue bereits am Anfang auf den Betrüger Ripley (Matt Damon) herein, während die rehäugige Gwyneth Paltrow einmal mehr alle Aufmerksamkeit auf sich zog.
Cate Blanchett machte aus diesen mehr oder weniger kleinen Rollen das Beste und brachte damit so manchen Hauptdarsteller in arge Bedrängnis.

Erst in Sam Raimis Gruselfilm THE GIFT konnte man sie kürzlich als alleinerziehende Mutter mit hellseherischen Fähigkeiten wieder in einer Hauptrolle bewundern. Sie bewies darin, dass sie mehr ist als "Eine Frau für jede Jahreszahl", die sich perfekt in die verschiedensten Jahrzehnt und Jahrhunderte einfügen kann.
Die von ihr gespielte Annie Wilson ist keine klassische Scream-Queen, die ihrer Angst nur schrille Schreie entgegenzusetzen hat, sondern ein Mensch, der mit seinen Ängsten beinahe körperlich kämpft. Dass wir als Zuschauer dabei mitleiden und mitzittern, liegt einmal mehr am eindringlichen Spiel von Cate Blanchett.

Selbst die abwechslungsreichste Rollenwahl kann nicht verhindern, dass man als Schauspieler auf bestimmte Figuren festgelegt wird. Cate Blanchett hat mit ihrem aktuellen Film BANDITEN! von Barry Levinson das ihr aufgesetzte Image von der klugen, besonnenen aber auch etwas spröden Frau nun gründlich demontiert. Als frustrierte, reiche Ehefrau flüchtet sie ihr tristes Leben und schließt sich den von Bruce Willis und Billy Bob Thornton gespielten Gangstern an. Sie ist dabei so sexy und charmant, dass ihr die zwei Banditen zwangsläufig verfallen. Man kann die beiden verstehen.
Ein großes komödiantisches Talent legt sie hier an den Tag, wobei sie nicht den Fehler begeht (wie zuletzt etwa Julia Roberts in einer vergleichbaren Rolle in THE MEXICAN), nur in nervtötende Hysterie zu verfallen. Sie behält kühlen Kopf und wahrt immer so viel Ernsthaftigkeit, wie zum Funktionieren von guter Komik nötig ist.

Mit dem Superstar-Status hat es bisher trotzdem noch nicht geklappt, was Cate Blanchett selber gelassen hinnimmt. Ihr ist wohl die Qualität einer Rolle wichtiger als die Größe oder das Blockbuster Potential. Der gute Ruf, den sie sich mit dieser Haltung mittlerweile erspielt hat, gibt ihr jetzt die Möglichkeit, mit einigen innovativen Regisseuren arbeiten zu können, weshalb wir uns in den kommenden Monaten freuen dürfen auf ihre Rollen in THE MAN WHO CRIED von Sally Potter, HEAVEN von Tom Tykwer und THE SHIPPING NEWS von Lasse Hallström.

Und wenn es eine Nummer größer und spektakulärer sein soll, dann muss man nur auf die heraufziehende HERR DER RINGE-Trilogie warten. Ab Dezember wird uns Cate Blanchett dann zwischen Hobbits und Gnomen als feenhafte Galadriel erscheinen. Peter Jackson hätte keine bessere Wahl für diese Rolle treffen können, denn im Be- und Verzaubern hat Cate Blanchett ein großes Talent.

Michael Haberlander

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