Ein Wettkampf, lachend, und doch auf Leben und Tod. Ein
Japaner und ein Chinese wollen feststellen, wer der beste
ist in ihrem Beruf. Sie sind Profi-Killer, und zwischen ihnen
steht eine schöne Frau. Johnnie To ist der Genre-König
des Hongkong-Kino, und sein neuester Streich, FULLTIME KILLER
ist große Film-Oper: Elegisch und leidenschaftlich,
voller ausladender Gesten und grundsätzlicher Verspieltheit,
kein Hauch von Realität, aber alles Pathos dieser Welt
- pure Phantasie eben. Keine Frage: FULLTIME KILLER ist der
ideale Film für das am 24.7.02 in München mit dem
US-Film FRAILTY startende Fantasy-Filmfest. Zum 16. Mal findet
es statt, längst zu einer Institution geworden, wie das
soeben zuende gegangene "große" Filmfest,
das zwar noch immerhin doppelt so viele Filme hat, an Qualität
von seinem kleinen privaten, mit öffentlichem Geld leider
kaum geförderten Bruder aber schon längst eingeholt
wurde. Und da das Fantasy-Filmfest in den nächsten Wochen
mit seinen 61 Filmen noch in fünf anderen deutschen Städten
gastieren wird, dürfte es auf weniger Zuschauerzahlen
kommen.
Unter "Fantasy" versteht man längst alles
Mögliche zwischen Thriller und Science Fiction, Horror
und Mystical. Ein paar Zombies schlürfen immer noch durch
die Leinwände, aber die Regel ist das nicht mehr. Eher
begegnet man Normalmenschen in der Krise, wie zum Beispiel
Sy, dem von Robin Williams gespielten Durchschnittler, der
in ONE HOUR PHOTO als eine Mischung aus Kafkas K, Melvilles
Bartleby und Woody Allens Zelig sein unsichtbar-belangloses
Dasein als devoter Fotolaborchef in einem Supermarkt führt.
Dort philosophiert er nicht nur über die Bilder als Chance,
"die Zeit anzuhalten", sieht er nicht nur alle kleinen
Geheimnisse seiner Kunden. Für eine Familie interessiert
er sich besonders, und eines Tages sieht sich Sy genötigt,
in ihr Schicksal einzugreifen.
Einen immer breiteren Raum nimmt in den letzten Jahren die
Sektion "Focus Asia" ein, die sich ganz dem Fernost-Kino
verschrieben hat. Hier laufen diesmal unter anderem Andrew
Laus romantische Ballade THE AVENGING FIRST und Jang Kyu-Sungs
Satire FUNNY MOVIE - Koreas Antwort auf SCARY MOVIE. Oder
Kim Sung-Hongs Alptraumkino SAY YES, dass in seiner Konsequenz
allemal repräsentativer ist für den immer noch unbekannten
ostasiatischen Kinoraum als die zärtlichen, für
westliche Augen designten Kunstfilme eines Zhang Yimou. Zu
den besten Filmen und intensivsten Erlebnissen, zugleich einmal
mehr auch zu den größten Zumutungen des Festivals
dürfte wieder der neue Film des berühmten Takeshi
Miike gehören: ICHI THE KILLER ist ein überdrehter
Thriller, der von einem Teufel in Menschengestalt handelt,
und wenig auslässt - ohne dabei je plumpen Voyeurismus
zu befriedigen.
So wie im letzten Jahr besonders viele Filme aus Spanien
stammen, gilt ein diesjähriger Schwerpunkt dem französischen
Kino: Darunter findet sich BELPHÉGOR - PHANTOME OF
THE LOUVRE von Jean-Paul Salomé, auf den man schon
deshalb gespannt sein darf, weil Sophie Marceau nach langer
Zeit hier wieder einmal in einer Hauptrolle zu sehen ist -
an der Seite von Michael Serrault. Und DEMONLOVER von Truffaut-Zögling
Olivier Assayas, ein cooler Thriller über die Welt der
Reichen und Schönen. Der umstrittenste Film dürfte
ebenfalls bereits feststehen: IRREVERSIBLE von Gaspar Noe,
der Skandalfilm beim diesjährigen Festival von Cannes
- eine radikale Antwort auf Kubricks EYES WIDE SHUT. Auch
in diesem Jahr garantiert das Fantasy-Filmfest also: Kino
ohne Scheuklappen.
Rüdiger Suchsland
Bis zum 31.7. im Cinema und City, täglich zwischen 12
und 0.45 Uhr. Karten im Vorverkauf am Cinema oder eine halbe
Stunde vor Vorstellung. www.fantasyfilmfest.com
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