Freunde des fernöstlichen Kinos dürfen sich freuen: Das Asia-Filmfest
geht vom 19.-23. Oktober 2005 im Mathäser in die zweite Runde.
Gegenüber den Anfängen im Vorjahr ist es deutlich gewachsen:
1 1/2 Tage länger, doppelt so viele Filme, dreimal soviele
Vorstellungen, zwei Säle parallel - und zwei Städte: nächste
Woche zieht das Festival nach Frankfurt weiter. Das FantasyFilmFest
läßt grüßen.
Gezeigt wird ostasiatisches Unterhaltungskino pur, vom Blockbuster
bis zum schrägen Action-Streifen. Hauptsache schnell, schrill,
laut und gut. Eher ruhiges, kontemplatives Autorenkino im
Stile Kim Ki-duks oder Kore-eda Hirokazus - mit dem der ostasiatische
Film auf anderen Festivals Erfolge feiert - wird man hier
vergeblich suchen. Aber die Übergänge sind fließend. Einige
Filme liefen auch schon auf der Berlinale oder dem Münchner
Filmfest. Programmschwerpunkte bilden dieses Jahr Japan mit
10 Filmen und eine kleine John-Woo-Werkschau mit den sechs
bekanntesten Filmen aus seiner Zeit in Hongkong.
Dazu kommen vier Filme aus Südostasien, darunter CITIZEN
DOG von Wisit Sasanatieng, der letztes Jahr mit dem quietschbunten
THE TEARS OF THE BLACK TIGER begeisterte, und mit THE PRINCESS
OF MOUNT LEDANG der bislang aufwendigste Film aus Malaysia.
Asien ist natürlich deutlich größer als diese paar Länder
am Pazifik. Das haben auch die Festivalmacher bemerkt. So
ist Indien, das produktivsten Filmland Asiens, immerhin mit
einem Film vertreten. Allerdings scheint BLACK kein typischer
Vertreter Bollywoods zu sein. Laut Programmheft ist er ohne
Tanzeinlagen und mit zwei Stunden für indische Filme merkwürdig
kurz. Die Inhaltsangabe verspricht für das Drama um ein taub-blindes
Mädchen und ihren an Alzheimer erkrankten Lehrer und Vaterersatz
aber genug Plot-Twists und Herzschmerz. Zudem spielt mit Amitabh
Bachchan der Bollywood-Vater schlechthin mit. Man darf also
gespannt sein.
Südkorea, das in den letzten Jahren aufregendste Filmland,
ist diesmal nur mit zwei Filmen vertreten, darunter TAEGUKGI,
einem klassischen Kriegsfilm um zwei Brüder die in die Höllen
des Koreakrieges geraten. Aus China kommt KEKEXILI - MOUNTAIN
PATROL, der gekonnt ein klassisches Western-Thema - Ranger
im Kampf mit Wilderern - mit schönen Landschaftsaufnahmen
aus der tibetanischen Hochebene und einen Touch Umweltschutz
garniert. Im Gedächtnis haften bleibt hier vorallem eine im
wahrsten Sinne des Wortes atemberaubende Verfolgungsjagd:
Wegen der dünnen Luft in der großen Höhe müssen Verfolger
und Verfolgter besonders langsam rennen. Wer zu schnell ist
verliert.
Bei den japanischen Filmen ist Vielfilmer Takashi Miike gleich
zweimal vertreten. Mit THE CALL liefert Miike eine routiniert
gemachte Synthese des modernen japanischen Horrorfilms. Die
Grundidee - eine Art RINGU mit Handyviren statt Videos - ist
bestechend schlüssig. Sie wird geschickt mit Elementen aus
dem japanischen Original von DARK WATER kombiniert, die die
düstere Stimmung erzeugen. Der Film lief letztes Jahr unter
dem Titel ONE MISSED CALL auf der Berlinale und dem FantasyFilmFest.
Zweiter Miike-Film im Programm ist das aufwendige Fantasyspektakel
THE GREAT YOKAI WAR als Abschlußfilm.
TOKYO GODFATHERS, der einzige Anime des Festivals, erzählt
die Geschichte von drei Obdachlosen in Tokyo, die an Weihnachten
einen Säugling finden und schwören das Kind zu beschützen,
komme was wolle. Wem die Geschichte bekannt vorkommt: Es ist
das Remake von John Fords 3 GODFATHERS mit John Wayne aus
dem Jahre 1948. Die Neufassung war letztes Jahr für den Oscar
als bester Animationsfilm nominiert.
Keinesfalls verpassen sollte man den total abgedrehten SURVIVE
STYLE 5+. Die Filmemacher hatten offenbar fünf schrille, ausgefallene
Ideen für einen Film, die absolut nicht zueinander passen
wollten. Jeder normale Produzent hätte daraus sicher 10 Filme
gemacht. Nicht so bei SURVIVE STYLE 5+. Hier hat man alle
Ideen zusammen in einen Film gestopft. Heraus kommt Chaos.
Aber das stört nicht, im Gegenteil, der Film strotz so von
Kabinettstückchen, daß man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt.
Besonders brilliant: Kishibe Ittoku als biederer Familienvater,
der sich in ein Huhn verwandelt, Asano Tadanobu als Mann,
der seine Frau umbringt und im Wald verscharrt nur um sie
bei der Heimkehr wieder lebend im Haus vorzufinden, worauf
sich das ganze Spiel wiederholt, und schließlich Vinnie Jones
als stillvoller britscher Profikiller. Wer hier noch Zeit
hat, nach einem roten Handlungsfaden zu suchen, dem ist wirklich
nicht mehr zu helfen.
Kindheitserinnerungen weckt GODZILLA - FINAL WARS. Zum 50.
Jahrestag des ersten Godzilla-Films produziert, kann man hier
noch einmal ein Wiedersehen feiern mit allen Monstern, die
einmal mit- oder gegen Godzilla gekämpft haben. Schon der
Vorspann mit Szenen aus den vorangegangen Godzilla-Filmen
bietet eine Reise durch 50 Jahre Filmgeschichte. Besonders
toll: auch beim neuen Godzilla wurden bei den Trickaufnahmen
überwiegend echte Modelle verwendet - eine wohltuende Abwechslung
zum CGI-Matsch, der heute üblich ist.
Zum Schluß für Filmfreunde noch eine gute Nachricht:
Fast alles ist als 35mm-Kopie angekündigt, auch die Filme
aus der John-Woo-Werkschau, die ursprünglich nur als HD-Video-Projektion
gezeigt werden sollten. Bleibt zu hoffen, dass es dabei bleibt
und nicht wie im letzten Jahr häufig auf Video ausgewichen
werden muß, weil die Filmkopie nicht rechtzeitig ankam. Ein
Detail am Rande macht aber stutzig: Fast alle Filme sind im
Programmheft als "Erstaufführung" gekennzeichnet, egal wie
oft sie hier schon zu sehen waren - selbst John Woos THE KILLER,
der in Deutschland jahrelang ganz normal im Verleih war. Egal,
das wird uns die Freude nicht nehmen, die Filme sind ein (Wieder-)Sehen
allemal wert.
Claus Schotten
Claus Schotten |