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08.03.2007
 
 
     

The Good German Actor


 

Der letzte deutsche Hollywoodstar:
Marlene Dietrich

 
 
 
 
 

Betrachtungen zu deutschen Schauspielern im internationalen Film

In Steven Soderberghs aktuellem Nachkriegs-Retro-Experiment THE GOOD GERMAN spielt die überaus talentierte Cate Blanchett die Deutsche Lena Brandt. In der (wie immer vorzuziehenden) Originalversion spricht sie wahlweise Englisch mit einem falschen deutschen Akzent bzw. phonetisches Deutsch, mit echtem englischen Akzent. Weniger aus Unzufriedenheit (Blanchett macht ihre Sache gut und zudem ist dieser "Besetzungsfehler" offensichtlich beabsichtigt und Teil von Soderberghs Versuchsanordnung), sondern aus reiner Lust an der Spekulation fragt man sich dabei, ob es nicht auch eine deutsche Schauspielerin gäbe, die diese Rolle ähnlich gut ausgefüllt hätte.

Von den zahlreichen begabten Darstellerinnen fällt einem dabei (zufällig?) auf Anhieb Martina Gedeck als mögliche Kandidatin ein. Von all ihren tollen Rollen ist dabei wohl die des Stasiopfers im kürzlich Oscar-prämierten DAS LEBEN DER ANDEREN noch am besten in Erinnerung.
Dass mir Cate Blanchett in THE GOOD GERMAN nach kurzem Überlegen trotzdem lieber ist, hat weniger mit dem allgemein verbreiteten deutschen Misstrauen-/Selbstzweifel-/Jammersyndrom zu tun, sondern mit dem eigenartigen Phänomen, dass selbst die besten deutschen Schauspieler in internationalen (Groß)Produktionen erstaunlich oft erstaunlich belanglos agieren.
Das lässt sich im vorliegenden Fall geradezu mustergültig bei Martina Gedeck beobachten, die kürzlich in THE GOOD SHEPHERD (fehlt eigentlich nur noch der Film THE GOOD GERMAN SHEPHERD) bereits ihre Rolle im gefährlichen Nachkriegsdeutschland spielen durfte, deren ähnlich tragisches Ende wie in DAS LEBEN DER ANDEREN einen hier jedoch vollkommen ungerührt läßt.

Ein Einzelfall könnte man meinen und eventuell Unfähigkeit des Regisseurs dahinter vermuten (der ganze Film ist schauspielerisch tatsächlich sehr uneinheitlich). Doch leider kann man Vergleichbares überraschend oft beobachten.
So mühten sich z. B. im thematisch verwandten TAKING SIDES neben den gewohnt guten Harvey Keitel und Stellan Skarsgard auch zahlreiche Deutsche wie Moritz Bleibtreu oder Armin Rhode weitgehend erfolglos ab.
Und während in Bernd Eichingers deutschen Filmen doch der ein oder andere Schauspieler überzeugen kann, hat man bei seinen internationalen Großproduktionen ziemliche Mühe, die eingestreuten deutschen (Neben)Darsteller nur bis zum Ende des Film im Gedächtnis zu behalten.
Ähnlich blass bleibt regelmäßig Franka Potente bei ihren Ausflügen nach Hollywood (BLOW, BOURNE IDENTITY) und die verzweifelten Versuche Til Schweigers, sich in Amerika zu etablieren, haben schon eine fast tragische Note.

Noch nicht mal zum James Bond Bösewicht (unvergessen Fröbe! Jürgens!) reicht es mehr für die Deutschen (der letzte war Gottfried John als zweite Reihe Bösewicht in GOLDEN EYE), so dass in CASINO ROYALE nur Jürgen Tarrach für zwei kurze Lacher sorgen darf und das war es dann.

Die Geschichte von deutschen bzw. deutschsprachigen (viele große Darsteller haben wir ja Österreich und der Schweiz zu verdanken) Schauspielern (im Gegensatz zu den Regisseuren!) in Amerika war immer sehr wechselhafte und nur selten besonders glorreiche.
Die letzte, die es dort wirklich geschafft hatte, war Marlene Dietrich. Ihr folgte eine ganze Generation von Schauspielern, denen zwar (so wird es zumindest immer dargestellt) in Hollywood alle Chancen offen standen, von deren Star-Karrieren aber "nur" eine Hand voll großer Filme und ein Haufen glamouröser Anekdoten übrig geblieben sind, siehe u.a. Maria und Maximilian Schell, Horst Buchholz, Elke Sommer, Senta Berger und selbst Romy Schneider blieb ein weitgehend europäisches Phänomen.

Im Großen und Ganzen bleibt es seither undurchsichtig, wann und warum Deutsche in Hollywood eingesetzt werden. Das Argument des Typecastings trifft dabei nur selten zu und weder aufgrund des Budgets, noch des Inhalts, noch des Anspruchs, noch der Qualität lässt sich hinter den betreffenden Filmen eine Gesetzmäßigkeit erkennen (die Palette reicht von Armin Müller-Stahl in THE GAME über Jürgen Prochnow in HOUSE OF THE DEAD zu Ulrich Tukur in SOLARIS und Hanns Zischler in MÜNCHEN).
Die wirklich einzige Gemeinsamkeit ist dabei, dass Deutsche ausschließlich Nebenrollen spielen.

Für die Hauptrollen greift man dann doch lieber auf "echte" Stars zurück, was mittlerweile so weit geht, dass nun nicht einmal mehr die urtypischste aller deutschen Filmfiguren, der Nazi, in der Hauptrolle von deutschen Schauspielern verkörpert wird (in ernsthaften Filmen wie SCHINDLERS LISTE ebenso wie in offensichtlichem Kommerz wie ENEMY AT THE GATES).

Der erste, der diese Regel wieder durchbrach, war Roman Polanski, der in seinem Film DER PIANIST die (zumindest wichtige Neben)Rollen des zwiespältigen Wilm Hosenfeld mit Thomas Kretschmann besetzte, was wiederum zur neuesten Generation der deutschen Schauspieler führt.
Darsteller wie Kretschmann oder auch Diane Kruger fangen (so scheint es zumindest) direkt in Hollywood an, anstatt sich mühselig in Deutschland zu etablieren und dann ersten den großen "Sprung" zu wagen. Sie beschreiten damit einen ähnlichen Weg wie (einmal mehr: der Österreicher) Arnold Schwarzenegger, dessen Geschichte ein Thema für sich ist.
Wie sich die Karrieren von Kretschmann und Kruger weiterentwickeln werden, bleibt abzuwarten, aber ihre Chancen auf den großen Erfolg scheinen bedeutend besser zu sein, als z.B. die von Daniel Brühl oder Jessica Schwarz.

Um das diffuse Bild von den Deutschen im internationalen Schauspielgewerbe komplett zu machen, gilt es noch zu ergänzen, dass der international produktivste und ausdauerndste (aber kaum finanziell erfolgreichste) deutsche Schauspieler aktuell wohl Udo Kier sein dürfte. Eine komplette Retrospektive seines Oeuvres gäbe einen äußerst interessanten Überblick darüber, welche Rolle(n) deutsche Schauspieler in den letzten 30 Jahren international gespielt haben (auch davon unabhängig wäre eine solche Retro ziemlich spannend).

Vielleicht ist es gar nicht so schlimm, dass deutsche Schauspieler außerhalb ihrer Heimat nicht so erfolgreich sind. Ansonsten könnte den anderen Ländern angesichts von deutschen Film-Superstars, Auslands-Oscar, Papst, Handballweltmeister, Exportweltmeister und Olympia-Medaillenspiegelgewinner noch ganz Angst und Bange werden vor den Too good Germans.


Michael Haberlander


 

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