Robert Paris, ein junger Fotograf, entwickelt in seiner Altberliner
Wohnung Fotos von früher, Bilder seiner Heimatstadt, die
es so nicht mehr gibt. Nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt
fressen sich gigantische Bagger ins Erdreich der größten
Baustelle Europas. Am Potsdamer Platz entsteht ein modernes Metropolis.
Multinationale Konzerne drücken der Hauptstadt des wiedervereinten
Deutschland ihren Stempel auf. Robert erlebt, wie nach dem Zusammenbruch
der DDR, in der er aufgewachsen ist, auch das alte Berlin immer
mehr verschwindet. Dort geboren, nach dem Bau der Mauer, soll
er nun sein Leben den Gesetzen der kapitalistischen Marktwirtschaft
unterordnen. Als Sohn eines bekannten DDR-Künstlerpaares
hat er sich schon damals nicht anpassen wollen und können,
nach den Regeln der Leistungsgesellschaft will er schon gar nicht
funktionieren. Die Freude über neue Freiheiten wird überschattet
von Existenzproblemen und Zukunftsängsten. Stadt und Gesellschaft
wandeln sich nach den Gesetzen des Geldes. Durch die gewaltsamen
architektonischen Veränderungen der Stadt verschwinden die
Motive für Roberts künstlerische Arbeit. Seine Fotografien
machen diese Verluste sichtbar. In seiner Kreativität gelähmt,
verdient er sich jetzt seinen Lebensunterhalt in Szenekneipen. Auch
die alten Freunde haben sich nicht einfach mit den neuen Verhältnissen
arrangiert. Man hält sich aneinander fest, doch letztlich
muß jeder für sich neue Wege suchen. Der Film porträtiert
skizzenhaft diese Mauerkinder-Generation auf der Suche nach einer
neuen Identität.
BIO-FILMOGRAPHIE Helga Reidemeister
Geboren
1940 in Halle an der Saale. 1959 Abitur in Köln; 1961-65
Studium der freien Malerei an der HfbK Berlin. 1968-73 Sozialarbeit
im „Märkischen Viertel“ Berlin, seit 1994 Dozentin an der
Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Lebt in Berlin.
Filme: 1971 WOHNSTE
SOZIAL, HASTE QUAL 1977 DER GEKAUFTE TRAUM 1979 VON
WEGEN „SCHICKSAL“ 1980/82 KAROLA BLOCH: „DANN NIMMT DIE
FRAU DIE GESCHICKE SELBST IN DIE HAND“ 1981/83 ERNST
UND KAROLA BLOCH - DIE TÜBINGER ZEIT 1983 MIT STARREM
BLICK AUFS GELD 1987 DREHORT BERLIN 1988 AUFRECHT GEHEN
- RUDI DUTSCHKE SPUREN 1990 IM GLANZE DIESES GLÜCKES 1991 RODINA
HEISST HEIMAT 1997 FRAUEN IN SCHWARZ 1998 LICHTER AUS DEM
HINTERGRUND
Aus einem Interview mit Helga Reidemeister: Ich
hatte ursprünglich ein Persönlichkeitsportrait von
Robert und seiner Familie vor, die eine bekannte Künstlerfamilie
in der DDR war. Der Vater in der Partei, Grafiker und Maler,
dessen Bilder auch im Palast der Republik hingen, die Mutter
parteilose Künstlerin und Fotografin. Und Robert, der eher
anarchistische Sohn, der mit 19 Jahren an die Mauer gesprüht
hat „20 Jahre Mauer - wir werden langsam sauer“ und dann dafür
in den Knast gegangen ist. Wir hatten schon mehrere sehr persönliche
und offene Gespräche gedreht. Später empfand Robert
die Auseinandersetzung mit Kindheit und Jugend zu rückwärtsgewandt.
Es interessierte ihn nicht mehr. Sein Lebenskonzept geht nach
vorn, er wollte keine Aufarbeitung und Abrechnung mit der Vergangenheit
mehr, auch nicht mit der sogenannten DDR-Vergangenheit. Er wollte
statt der Familie dann lieber seine Freunde mit im Film haben. Ich
war zuerst sehr zögerlich. Aber dann habe ich mich auch
gefragt, ist es überhaupt vertretbar und angemessen, in
dieser Zeit der tiefgreifenden Veränderungen, all der Brüche
und Umbrüche, ein Persönlichkeitsportrait zu bauen?
Macht es nicht viel mehr Sinn, Roberts Anstoß zu nutzen
und über seine Freunde sich dem Lebensgefühl dieser
Generation anzunähern?! Es ist schwierig, über eine
Person allein eine etwas umfassendere Aussage über diese
Zeit zu machen.
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