ARTECHOCK FILM BESPRECHUNG
 
KINO MÜNCHEN FILM AKTUELL ARCHIV FORUM LINKS SITEMAP
 
 

Lichter aus dem Hintergrund

 
 
D 1998 - 90 Minuten -
Regie: Heide Reidemeister
Kamera:
Drehbuch:
Besetzung:
 
 
 
 

Robert Paris, ein junger Fotograf, entwickelt in seiner Altberliner Wohnung Fotos von früher, Bilder seiner Heimatstadt, die es so nicht mehr gibt.
Nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt fressen sich gigantische Bagger ins Erdreich der größten Baustelle Europas. Am Potsdamer Platz entsteht ein modernes Metropolis. Multinationale Konzerne drücken der Hauptstadt des wiedervereinten Deutschland ihren Stempel auf. Robert erlebt, wie nach dem Zusammenbruch der DDR, in der er aufgewachsen ist, auch das alte Berlin immer mehr verschwindet. Dort geboren, nach dem Bau der Mauer, soll er nun sein Leben den Gesetzen der kapitalistischen Marktwirtschaft unterordnen. Als Sohn eines bekannten DDR-Künstlerpaares hat er sich schon damals nicht anpassen wollen und können, nach den Regeln der Leistungsgesellschaft will er schon gar nicht funktionieren. Die Freude über neue Freiheiten wird überschattet von Existenzproblemen und Zukunftsängsten. Stadt und Gesellschaft wandeln sich nach den Gesetzen des Geldes. Durch die gewaltsamen architektonischen Veränderungen der Stadt verschwinden die Motive für Roberts künstlerische Arbeit. Seine Fotografien machen diese Verluste sichtbar. In seiner Kreativität gelähmt, verdient er sich jetzt seinen Lebensunterhalt in Szenekneipen.
Auch die alten Freunde haben sich nicht einfach mit den neuen Verhältnissen arrangiert. Man hält sich aneinander fest, doch letztlich muß jeder für sich neue Wege suchen.
Der Film porträtiert skizzenhaft diese Mauerkinder-Generation auf der Suche nach einer neuen Identität.

BIO-FILMOGRAPHIE
Helga Reidemeister

Geboren 1940 in Halle an der Saale. 1959 Abitur in Köln; 1961-65 Studium der freien Malerei an der HfbK Berlin. 1968-73 Sozialarbeit im „Märkischen Viertel“ Berlin, seit 1994 Dozentin an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Lebt in Berlin.

Filme:
1971 WOHNSTE SOZIAL, HASTE QUAL
1977 DER GEKAUFTE TRAUM
1979 VON WEGEN „SCHICKSAL“
1980/82 KAROLA BLOCH: „DANN NIMMT DIE FRAU DIE GESCHICKE SELBST IN DIE HAND“
1981/83 ERNST UND KAROLA BLOCH - DIE TÜBINGER ZEIT
1983 MIT STARREM BLICK AUFS GELD
1987 DREHORT BERLIN
1988 AUFRECHT GEHEN - RUDI DUTSCHKE SPUREN
1990 IM GLANZE DIESES GLÜCKES
1991 RODINA HEISST HEIMAT
1997 FRAUEN IN SCHWARZ
1998 LICHTER AUS DEM HINTERGRUND

Aus einem Interview mit Helga Reidemeister:
Ich hatte ursprünglich ein Persönlichkeitsportrait von Robert und seiner Familie vor, die eine bekannte Künstlerfamilie in der DDR war. Der Vater in der Partei, Grafiker und Maler, dessen Bilder auch im Palast der Republik hingen, die Mutter parteilose Künstlerin und Fotografin. Und Robert, der eher anarchistische Sohn, der mit 19 Jahren an die Mauer gesprüht hat „20 Jahre Mauer - wir werden langsam sauer“ und dann dafür in den Knast gegangen ist. Wir hatten schon mehrere sehr persönliche und offene Gespräche gedreht. Später empfand Robert die Auseinandersetzung mit Kindheit und Jugend zu rückwärtsgewandt. Es interessierte ihn nicht mehr. Sein Lebenskonzept geht nach vorn, er wollte keine Aufarbeitung und Abrechnung mit der Vergangenheit mehr, auch nicht mit der sogenannten DDR-Vergangenheit. Er wollte statt der Familie dann lieber seine Freunde mit im Film haben.
Ich war zuerst sehr zögerlich. Aber dann habe ich mich auch gefragt, ist es überhaupt vertretbar und angemessen, in dieser Zeit der tiefgreifenden Veränderungen, all der Brüche und Umbrüche, ein Persönlichkeitsportrait zu bauen? Macht es nicht viel mehr Sinn, Roberts Anstoß zu nutzen und über seine Freunde sich dem Lebensgefühl dieser Generation anzunähern?! Es ist schwierig, über eine Person allein eine etwas umfassendere Aussage über diese Zeit zu machen.

  top
   
 
 
[KINO MÜNCHEN] [FILM AKTUELL] [ARCHIV] [FORUM] [LINKS] [SITEMAP] [HOME]