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Filmfest München 2002 04.07.2002
 
 
 
 

Betty Fischer - Die Masken der Mütter
Frankreich 2001 - Regie: Claude Miller

   
 
 
 
 

Bettys Muter ist verrückt. Und darum wundert es auch niemanden, wenn sie mit schräger Logik auf haarsträubenden Ideen verfällt. Betty ist traurig, weil ihr kleiner Sohn gestorben ist? Kein Problem: Dann nimmt man eben kurzerhand ein Ersatzkind von der Straße mit.

Anfangs ist Betty ahnungslos und ehrlich empört, als ihre Mutter in totalem Mangel Einfühlungsvermögen mit einem kleinen Jungen in ihre Trauer platzt. Angeblich der Sohn einer Freundin, die verreist ist. "Ich hab noch nie so ein hässliches Kind gesehen", sagt Betty mit einer für sie untypischen Brutalität, geboren aus dem Schmerz des frischer Verlustes. Doch der Kleine, der Kummer gewohnt ist, lässt sich so leicht nicht abschrecken. Seltsamerweise scheint die verquere Logik der Mutter tatsächlich zu funktionieren. Schon bald schmilzt Bettys Ablehnung dahin. Und als ihr dann irgendwann die unerhörte Wahrheit dämmert, zögert sie, das Kind zurückzugeben.

Trickreich führt einen die Geschichte aufs Glatteis. Betty, grandios gespielt von Sandrine Kiberlain; ist dem Kleinen zweifellos eine bessere Mutter als die leibliche, der das Kind eigentlich eher lästig ist. Und so findet sich der Zuschauer unversehens in einem ethischen Dilemma wieder: Im Grunde ist die Lösung für alle Beteiligten die Beste, wenn sie nur moralisch nicht indiskutabel wäre!

Wann fangen völlig normale Menschen an, verrückte Dinge zu tun? Wann und warum werden sie zu Verbrechern, zu Mördern oder Kindsdieben? Das ist eines der großen Themen von Thrillerqueen Ruth Rendell, deren Roman Die Masken der Mütter als Vorlage für den Film dient. Wie groß ist der Unterschied zwischen Betty und ihrer Mutter tatsächlich? Der Grat zwischen Richtig und Falsch erweist sich als gefährlich schmal. Und Unbehagen macht sich breit, wenn man sich zu fragen beginnt, unter welchen Umständen man denn wohl selbst zum Täter werden würde...

Nani Fux

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