Ländliche Hölle
Die Hölle hat Tapeten mit Prielblumenmuster. Die Hölle,
das sind die hasserfüllte, bettlägerige Schwägerin
und die selbstgerechte Dorfkrämerin. Das ist vor allem
der eigene Mann, ein wortkarger Pastor, herzlos, kalt und
unerbittlich.
Lena ist noch nicht alt, doch ihr scheint das Leben bereits
abhanden gekommen zu sein, irgendwo in der Ödnis von
Tischgebeten, Orgelspiel und freudlosem Beischlaf. Wer genau
hinschaut sieht, dass sie jenseits der altbackenen Aufmachung
ein wenig aussieht wie Romi Schneider. Ein Umstand, den jedoch
keiner bemerkt. Außer vielleicht Paul, der Dorfmechaniker,
der schnell zum Angelpunkt für Lenas Sehnsucht wird.
Es wird nicht besonders viel gesprochen in diesem Film. In
die tödliche Stille zwischen den Eheleuten tickt unerbittlich
die Standuhr. Lena leidet stumm und als sie endlich ein wenig
rebelliert, passiert auch das ohne viele Worte. Wichtig ist
das, was nicht gesagt wird. Lenas Schweigen ist ihr einziges
Schutzschild gegen die boshaften Angriffe der Schwägerin
und den Despotismus ihres Ehemannes. Und so schweigt sie auch
dann, als ihn ihr der Verdacht aufkeimt, dass der Geliebte
der Mädchenmörder ist, der in dem Dorf umgeht. In
stummer Verzweiflung versucht sie, das bisschen Hoffnung zu
schützen, dass sie sich gerade erst erobert hat. Auch
als der hartnäckige Polizeibeamte mit seinen Fragen die
Schlinge immer weiter zuzieht, verbarrikadiert sich Lena hinter
ungesagten Worten. Doch schließlich bietet auch das
Schweigen keine Zuflucht mehr.
Teil 3 von Ivan Diltheys Sehnsuchtstrilogie ist ein harter
Brocken. Mit seinem Abschlussfilm entzieht sich der Regisseur
dem gegenwärtigen Trend des deutschen Kinos, ums junge
Publikum zu buhlen. Hier wird eine menschliche Tragödie
entfaltet, der jeglicher Glamourfaktor fehlt. Der Film hat
die Chuzpe, sperrig und deprimierend zu sein. Und gerade das
macht ihn sehenswert.
Nani Fux
|