Wichtigste und zentrale Aufgabe eines Filmmagazins ist es,
über Filme zu berichten. Das war und ist die unumstößliche
Maxime von artechock und daran wird sich auch in Zukunft nichts
ändern. Film bzw. Kino ist aber immer auch mehr als nur die Summe
der einzelnen Werke, weshalb es zahlreiche interessante Nebenaspekte
gibt, die einer Betrachtung lohnen.
Regelmäßig kann man deshalb bei artechock z. B.
etwas über die Macher der Filme, über Festivals
oder die Möglichkeiten und Schwierigkeiten des Filmgenusses
erfahren.
In den kommenden Wochen widmet sich artechock in loser Folge
einem weiteren, bisher kaum gewürdigten Gesichtspunkt,
der uns doch alle bei jedem Kinobesuch ganz unmittelbar betrifft. Es sind dies die Zuschauer, die Kinogeher, die Männer,
Frauen und Kinder, die vor, hinter und neben uns sitzen, mit
denen wir für zwei Stunden einen Raum und ein Filmerlebnis
teilen, die wir im besten Fall gar nicht wahrnehmen, die uns
manchmal stören, manchmal zum Schmunzeln bringen, manchmal
verunsichern, manchmal ratlos zurücklassen.
artechock bringt endlich Licht ins Dunkel der Kinoreihen
und stellt im Rahmen eines kleinen Bestiariums einige der
interessantesten und markantesten Arten der Kinogeher vor.
Etwa den Schwarzaugenring-Cineasten und den Buntgescheckten
Festivalgast, den scheuen Allesgucker ebenso wie manch possierlichen
kleinen Popcorn-Nager, den weitverbreiteten Gemeinen Schwätzer
mit all seinen Unterarten wie dem Graumelierten Klugschwätzer
oder dem Dummschwätzer, Sitzplatznomaden und Nestbauer,
Schädlinge wie den Rückenlehnenklopfer, Störenfriede
wie den Polternden Zuspätkommer, den unscheinbaren Randsitzer
und den lautstarken Pscht!Pscht!, Exoten wie den bei uns heimisch
gewordene Johler, vom Aussterben bedrohte Arten wie den Filmstar-Verehrer
und noch manches mehr.
Das Wichtigste an einem Kinobesuch sind und bleiben natürlich
die Filme auf der Leinwand. Doch so lange wir es vorziehen,
Filme nicht alleine im sicheren Heim, sondern in einem dunklen
Saal, umgeben von wildfremden Menschen zu sehen, kann es nicht
schaden, wenn man weiß, wer diese Leute sind und warum
bzw. wie sie mehrstündiges Dauerrascheln erzeugen, warum
sie freiwillig in gesundheitsgefährdender Haltung in
der zweiten Reihe sitzen oder warum sie hysterisch auflachen,
wenn auf der Leinwand Köpfe explodieren. Es ist dabei nicht ausgeschlossen,
auch etwas über sich selbst zu erfahren. Michael Haberlander
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