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Cannes 2007 22.05.2007
 
 
Tagebuchnotizen, 5. Folge

Die Kunst, sich dumm zu erzählen

Cannes 2006
PARANOID PARK von Gus Van Sant
 
 
 
 

Der "deutsche Tag" in Cannes, paranoide Pakis, bodys in motion und die Zukunft des Kinos - Cannes-Tagebuch, 5.Folge

Am Montag ist traditionell der deutsche Tag in Cannes. Vielleicht war es darum kein Zufall, dass dann gleich auch zwei deutsche Filme liefen. Statt in Volker Schlöndorffs ULZHAN zu gehen, von dem, mir vertrauenswürdige Freunde schon Schlechtes berichteten, bevorzugte ich aber Michael Winterbottoms A MIGHTY HEART, der ebenfalls außer Konkurrenz lief. Wir seien "not very patriotic" behauptete der Kollege in der Schlange gegenüber Violeta aus Barcelona. Ich widersprach: "No - for patriotic reasons, we are not going."

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A MIGHTY HEART war dann aber auch überaus anstrengend. Ästhetisch gesehen. Das lag nicht zuletzt an Angelina Jolie, die die zukünftige Witwe des US-Journalisten Daniel Pearl, als heilige Angelina von Karatschi spielte. Die Geschichte ist bewegend, und wer Winterbottom kennt, der schon immer ein Idealist war, sich immer mehr zum an reiner Unschuld interessierten Moralisten des Weltkinos entwickelt, kann sich schon denken, was ihn an dem Stoff interessierte, der von den Wochen zwischen Pearls Entführung und der Gewissheit seines Todes erzählt, und die französische Frau Pearls, die auch noch Marianne heißt, ins Zentrum stellt: Tapfere Journalisten, zwei Helden des Engagements werden hier vorgeführt, in einem hastigen, gepressten, einer Dokumentation ähnlichen Stil.
Ich mag die Art wie Winterbottom Tempo macht, wie er schneidet, und der Film hat wunderbar dichte Momente, tolle Szenen. Am besten ist er in dem Mittelteil, wenn die Invasion des Polizeiapparats ins Leben von Marianne gezeigt wird, wenn das Privatleben abrupt verschwindet und das System die Macht übernimmt. Und in den Passagen, die die Macht der Verschwörungstheorien zeigen, die Angst vor Indien, paranoide Pakis. Dann wieder führt er vor, wie in Pakistan Polizeiarbeit abläuft: mit Folter und Einschüchterung, also "wie man's sich vorstellt". Auch wenn der gefangene Terrorist sagt: "I was trained, to stand for something, I believe." Das ist etwas billig und insgesamt ist A MIGHTY HEART ein sehr spekulativer Film.
Aber alles dies wird überlagert von der Hauptdarstellerin. Wenn sie - nicht ein- oder zwei- sondern dreimal - ein Schaumbad nimmt, und sich den schwangeren Bauch streichelt, wenn sie mehrfach beim buddhistischen Gebet gezeigt wird, verschmelzen Charakter und Star, erleben wir die Invasion des Boulevard-Glamour-Stars in den Film und über dessen Anliegen. Welches schon unklar genug ist: Denn von Anfang an wissen wir um Pearls Tod. Die Action läuft ins Leere, weil man das Ende kennt. Aber weitaus uninteressanter, als bei Fincher. Darüber hinaus ist nichts. Was will uns dieser Film also eigentlich erzählen?
Alles läuft auf die Szene heraus, in der Angelina/Marianne nach der Todesnachricht geschlagene und gestoppte 1 Minute 30 Sekunden schreit. Laut, wie am Spieß. Schlechtes Schmierentheater. Und dann brüllt "Why Dany?" - "Puta madre!" murmelt Violeta nebenan und besser kann man es nicht sagen.

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Von den Kritikerspiegeln und den Filmartikeln in den verschiedenen "Dailys" der Fachzeitschriften wie "Variety" oder "Screen International" haben wir schon erzählt. Etwas Einmaliges leistet sich aber der renommierte "Hollywood-Reporter". Dort findet man neben durchaus seriösen Filmkritiken auch täglich ein bis zwei Seiten Partykritik. Beschrieben werden darin dann ausführlich die Kategorien 1. Besucher, 2. Küche, 3 Highlights/Lowlights. Zu letzteren können dunkle Ecken und Überfüllung genauso gehören, wie unhöfliches Personal und falsch eingestellte Klimaanlagen. Und das ist alles ganz richtig so, denn in Cannes sind Partys schließlich keine Vergnügungsveranstaltung.

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Eigentlich habe ich beim letzten Mal schon viel zuviel über Ulrich Seidls IMPORT EXPORT geschrieben. Aber der Film lässt einen nicht los. Er fasziniert und ärgert, und so geht es auch den Kollegen, die ihn wahlweise menschenverachtend finden, oder zum Wettbewerbsfavoriten ausrufen. Bei mir hat sich nach zwei Tagen der unangenehme Beigeschmack eher noch verstärkt, der Eindruck verfestigt, dass es sich hier um einen Exzess für Spießer handelt. Dass der Film irgendwie schmierig ist, boshaft, und dabei kitschig in seiner Boshaftigkeit.
Verstärkt wird das auch durch eine Beobachtung beim offiziellen Festival-Sceening: Wie Seidl da mit seinen offenkundig unerfahrenen Darstellern umgeht, wie er sie herumschiebt, das hinterlässt nicht den Eindruck von viel Menschenliebe. Er wirkt er persönlich wie einer, der sich besser darstellt, als er ist - vom Film sollte man das natürlich trennen, kann es aber bei einem solchen Film nicht gut.

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"No one is ever ready for Paranoid Park" - einer der besten Filme bisher ist PARANOID PARK von Gus Van Sant. Ein Film über jugendiches Lebensgefühl, über das Leben von ein paar Skatern in Portland, Oregon. Wong Kar-wai-Kameramann Christopher Doyle, mit dem Van Sant bereits damals in seinem PSYCHO-Remake zusammenarbeitete bringt die zuletzt bewusst statische Welt Van Sants in Bewegung. Der Film folgt seinen Personen minutenlang in die Halfpipe, treibt und driftet durch die Welt. Immer wieder übernimmt die Tonspur das Kommando, werden die Dialoge heruntergefahren und die Elektro-Pop-Musik herauf. Es geht hier wieder nicht um einen Plot, es geht um das Wie und um die unendliche Zeit der Jugend. Von ihr will der Film eine Ahnung geben, wie auch von der Verlorenheit, Banalität, Schönheit und ihrem Zusammenfallen in diesen Skater-Leben.
Dazu nutzt er ausgiebig die Mittel der Zeitlupe, der Wiederholung, wobei PARANOID PARK eine weniger elliptische Struktur hat, als seine letzten Filme ELEPHANT und LAST DAYS. Der Film surft und tanzt mitunter fast schwerelos um seine Figuren. Das ist der Atmosphäre, dem Stil und der Story des Films angemessen, es ist aber auch ganz wunderbar, weil man auf diese Weise hier in Cannes einmal die Kunst und Macht eines Kameramanns vorgeführt bekommt: Wong Kar-wai ohne, Gus Van Sant mit Chris Doyle.

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Dazu Gus Van Sant auf der Pressekonferenz: "Recently there’s been a dislocation from dialogue, that the dialogue is its own idea and entity, and in some ways, some of the films haven’t been a concern of the story or the audience, it’s more coming from the movement, the characters or the movement of the bodies. … I think that comes from just trying to work with the movement, what I call blocking. It’s always eluding me; it’s not quite the way I want it… Slow motion, it really comes from Chris.”

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Wie ja überhaupt die Kameraleute, oder "Bildgestalter", wie sie in Deutschland gern genannt werden möchten, die cinematographer, in ihrer künstlerischen Autonomie zunehmend sichtbarer werden. Doyle ist nur ein Beispiel, Fred Keleman, der deutsche Kameramann des Ungarn Bela Tarr ein zweites, und die bei all ihrer Gefälligkeit großartige Qualität der Bilder in Seidls IMPORT EXPORT geht zum großen Teil auch auf Ed Lachman zurück, der für Larry Clark, Sofia Coppola und beim letzten Robert Altman-Film die Kamera geführt hat.

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PARANOID PARK passt auch insofern zu Van Sants letzten Filmen, als auch in diesem Fall etwas Gewalttätiges passiert, das Schicksal ins Leben der Figuren eingreift; auch hier erschüttert das den ennui der Hauptfiguren erstmal nicht und dann doch um so nachhaltiger. Stiller Horror. Und so wie ELEPHANT von der Gewalttat selber handelte und LAST DAYS vom Davor, so handelt PARANOID PARK vom Danach; vom Umgang mit dem Trauma. Das ist klug, glänzend inszeniert und sehr schön.
Der private Gewaltakt, der die Erschütterung im Film ausmacht, hat einen mehrfachen Subtext durch 9/11, den Irakkrieg, Guantanamo und homeland security. Das alles ist hier mit präsent, und so zeigt Van Sant gewissermaßen den Mikrokosmos als Spiegel des Makrokosmos USA als PARANOID Park.
Wichtiger aber ist hier unbedingt die Form des Films, die äußere Diskontinuität, der eine innere Kontinuität gegenübersteht: Denn der Film stülpt gewissermaßen den Bewusstseinsstrom nach Außen. Seine Substanz ist hier der Stil.

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Von jugendlichem Lebensgefühl erzählt auf andere Weise auch CONTROL von Anton Corbijn, dem bekannten niederländischen Fotografen. Mit ihm wurde bereits am Freitag die Reihe Quinzaine [http://www.quinzaine-realisateurs.com/go/2007/] eröffnet. Im Kern ähnelt dieser Film Van Sants LAST DAYS, müsste aber dann eher LAST YEARS heißen. Ein Leben das mit 23 zuende ging, und vom Filmanfang an ein Vorlaufen zum Tode.
Es geht um Ian Curtis den Lead-Sänger der britischen Post-Punkgruppe "Joy Division", aus der nach seinem Tod "New Order" wurde. Corbijn, der bereits einige Musikvideos gedreht hat, erzählt in seinem ersten Spielfilm überaus stilbewußt und -sicher in grobkörnigen, ausgeblichenen Schwarzweißbildern die Geschichte dieses Lebens nach. Etwas zu stark für meinen Geschmack konzentriert er sich dabei auf die Liebe Curtis' zu zwei Frauen, seiner Ehefrau Debbie - die er bereits mit 15 in der Plattenbausiedlung bei Manchester kennenlernte, in der er aufwuchs, von Samantha Morton gewohnt intensiv gespielt - und zu der belgischen Diplomatin Annik Honore, gespielt, und zwar ausgezeichnet, von Alexandra Maria Lara. Debbie Curtis ist übrigens auch Co-Produzentin des Film, der auf ihr Buch "Touching From the Distance" zurückgeht. Mir gefällt der Anfang besser, in dem sich Ian Curtis' Genie erst allmählich herauskristallisiert, er als ordinary Fan aufg Konzerte von David Bowie und den "Sex Pistols" geht, vom Hamlet seines Proletarierviertels zum Popstar der Stunde wird, und dann immer wieder die Passagen der Konzerte. Ich weiß zwar, was "Joy Division" und "New Order" ist, habe aber nun leider viel zu wenig Ahnung von Musik(Geschichte) um wirklich zu würdigen, was der Film auf dieser Ebene tut, wie er aus Sicht eines Fans wahrgenommen wird. Wenn man Michael Winterbottom's 24 HOUR PARTY PEOPLE kennt, wird man immerhin einige Geschehnisse wiedererkennen,
Nichts wissen muss man aber um die Genauigkeit dieses Zeitgeist-Portraits wahrzunehmen, um zu fühlen, wie traurig diese Geschichte ist, und zugleich wie zwingend erzählt. Schlechthin umwerfend ist dabei die Leistung von Sam Riley, der als Debütant in der Titelrolle gleich wie ein geborener Rockstar wirkt, charismatisch und voll lodernder Intensität.

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"Dieser Abend wird schrecklich werden" meinte Michael schon als wir gerade aus dem Bus ausstiegen. Pessimistisch, aber völlig angemessen in Anbetracht der vergangenen Stunde und dem Bild, das sich uns gerade bot. Vor einer guten Stunde wollten wir am Bahnhof in den Busshuttle zur "deutschen Party" fahren - es war wie gesagt der "deutsche Tag". Um ein Haar hätten wir einfach ein Taxi genommen, dass wäre dann unser endgültiges Verhängnis geworden und wahrscheinlich wären wir heute noch nicht da. Nur Michaels Instinkt - "wer weiß wie gut das am Ende wieder versteckt ist" - und mein Sauklaue - unentzifferbarer Straßenname unter dem Eintrag "Villa Babylone" - verhinderte das Schlimmste.
Vor dem Shuttle waren aber noch die von "German Films" für den Abend angeheuerten Söldner, besser Kettenhunde - die wir neulich erst noch voller Überzeugung gelobt hatten. Sie konnten schon mal kein Deutsch, wozu auch? Deutsche sind ja bekanntermaßen Weltbürger, und sprechen fließend Französisch. Wir glücklicherweise schon, deswegen konnten wir uns verständlich machen. Die Einladung hatten wir zwar, aber ein Name fehlte auf der Gästeliste. Man wurde angeschaut wie ein Penner, erst auf nachdrückliche Aufforderung der Anruf beim Veranstalter, die glücklicherweise bestätigten, man sei eingeladen. Der Bus war inzwischen allerdings weg. Warten. Zigarettenpause.
Dann fuhr der nächste Bus, allerdings nicht nach Mougains, wo die Party stattfand, sondern erst mal über La Bocca und Le Cannet, einen nach unserem übereinstimmenden Eindruck Riesenumweg, sodass die Fahrt eine gute halbe Stunde dauerte. Dann noch mühsames Wenden des Busses, ohne die Fahrgäste vorher rauszulassen, und weitere zehn Minuten Fußweg. Das war nur der Auftakt zu einer Party, die man in den Vorjahren in jeweils zehn Minuten erreichen und wieder verlassen konnte. Was viel Sinn macht auf einem Festival, wo jeder arbeitet, und immer drei, vier Dinge gleichzeitig geschehen. Vielleicht will man noch ins Kino, vielleicht zu einer anderen Party, vielleicht später wieder kommen. Denn Partys, wie gesagt, sind keine Vergnügungsveranstaltung.
Ein Einzelfall war, was uns passierte, keineswegs - Gegenteil hatten wir noch ziemliches Glück. Andere Gäste berichteten von einstündigem Warten auf den Bus, davon dass Busfahrer die Adresse nicht kannten, und sich in Sackgassen verfuhren. Der Nordmedia-Chef, ein bekannter Verleiher und ein Deutsche-Bank-Vertreter gingen erst gar nicht hin, weil ihnen das Warten zu blöd wurde. Oder war alles Absicht, damit keiner schnell wieder geht? Auf der Partys selbst gab es dann das übliche internationale Standardessen, glibschige Paella aus der Riesenpfanne und sonst kleine Portionen auf durchsichtigen Tellern, französischen Wein und Tannenzäpfle-Bier.
Eigentlich würde ich das gar nicht so ausführlich beschreiben. Es ist super, überhaupt in Cannes zu sein, keine Frage. Und man freut sich über Einladungen, und, klar, viele kommen hier nie im Leben rein, würden sonst was für ne Einladung tun. Ist also hier alles Jammern auf hohem Niveau. Und "German Films", wie gesagt, macht wirklich eine gute Arbeit. Sie waren auch nicht daran schuld, dass parallel zur Party ausgerechnet Robert Thalheims "Certain Regard"-Beitrag AM ENDE KOMMEN TOURISTEN lief. Im Gegenteil.
Aber man soll ja ehrlich sein, und wenn auf einer Party das Hauptgesprächthema die - schlechte - Qualität der Party ist, und die Frage: "Wie bist Du jetzt hergekommen?", dann ist was schiefgelaufen. Das war diesmal ein Rückfall in die schlimmen Zeiten, als "German Films" noch "Export Union" hieß, und in denen man noch in der Markthalle von Cannes feierte.
Man könnte es dabei sooooo viel besser machen. Warum wollen Deutsche immer so verkrampft originell sein? Und dabei doch überkorrekt. "Festlich" und "international". Einen Minister mag das beeindrucken. Aber ist dies das Ziel der deutschen Party von Cannes? Der müsste es doch darum gehen, dass nicht nur diejenigen sich treffen, die sich immer treffen, auch in München, Berlin, Hof. es müsste darum gehen, internationale Gäste anzulocken, nicht, einen Staatsminister und seine Ministerialbeamten zufriedenzustellen. Die Unifrance und die koreanische KOFIC - die nebenbei bemerkt weißgott bessere Filme zu vertickern haben, und sich Extravaganz ergo weitaus eher leisten könnten - machen es richtig: Eine Party in Festivalnähe, dort dann nationale Spezialitäten zum Essen, etwas, was man mit dem Land verbindet, was spezifisch ist. Darum traf man dort auch viele Gäste aus anderen Ländern.

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Pressevorführung zu THE MAN FROM LONDON von Bela Tarr. Auch dies ein Film in wunderbarem Schwarzweiß, aber ganz anders, matter neoexpressionistischer Schattenspiele, bei denen man an einen Film Noir denken muss. Der Film sieht schön aus, aber die Langsamkeit der Erzählweise wirkt in diesem Fall - in der letzten Woche haben wir anderes gesehen - prätentiös, und der Film interessiert mich nicht genug. Anderen geht es ähnlich, bereits nach 20 Minuten beginnt die Fluchtbewegung. Ich gehe nach etwa 40 Minuten.
Zehn Minuten später setzt sich mir im Presseraum an den Computer gegenüber Ernesto aus Brasilien, den ich für viel seriöser halte, als mich selbst. "Sogar Du bist rausgegangen?" frage ich ihn. "Jeder ist rausgegangen." antwortet er, "Jeder. Wer wird uns bloß das Ende erzählen?" Dann fügt er noch hinzu: "Aber ich habe Bela Tarrs Sachen noch nie gemocht." Und Pamela aus Chile hatte mir schon vorher gesagt: "Ja, ich wäre gern hingegangen, aber es macht keinen Sinn, sich in etwas reinzusetzen, wo ich garantiert nach zwei Minuten einschlafe."

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Eine halbe Stunde mit Alexander Kluge und man hat Themen für ein Jahr. Am Dienstag war es sogar ein langes Mittagessen. Anlass war der kommende Kluge-Tribut bei en Festspielen von Venedig. Da saß man dann bei gutem Essen, und hörte zu: Kluge, der genauso alt ist wie Mostra, rekapitulierte das damalige Programm von 1932, sprach mit einem über Niklas Luhmann - "ein Teufel der Analyse" -, über "Wagner in Dekonstruktion", King Kong und den Eiffelturm, Köhler und Klar, die Holzwolle im Kopf von der Leiche Gudrun Ensslins, die Hymne Napoleon III., die statt von Frankreich von Syrien und Beirut handelte, seinem neuen Film für Venedig - "Glück in der Proportion von einer Kerze", der eigentlich lieber "in der Proportion von einem Lux" heißen sollte - "Aber das verstehn die Leute nicht."
Kluge ist ein Meister der Equilibristik, des Gleichgewichts zwischen High und Low, zwischen verschiedenen Formen, zwischen Theorie und Geschichten. Wie bei einem Komponisten protestantischer Kantaten ist seine Form die der kurzen kleinen Stücke, in denen er eine Unendlichkeit von Variationen eines Themas herstellt. Für mich entscheidend bei diesem Großartigsten unter unseren Gegenwartskünstlern/denkern: Kluges Gegenwärtigkeit. Die nicht nur eine des Geistes ist. Die Gegenwart von Allem als Thema. Eine mittelalterliche Schlacht ist ihm genauso präsent, wie das Heute.

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Kurz ging es auch um das Kino der Zukunft. Im Internet, so Kluge, komme der Kurzfilm zurück, und mit ihm "jedes Thema der Welt." "Man kann sich dumm erzählen, und das ist, in Wahrheit, die Vernetzung."

Rüdiger Suchsland

 

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