Liebe Freunde von artechock,
im März präsentiert artechock den japanischen Dokumentarfilm MANZAN BENIGAKI (Der Berg ist voller Kakipflaumen) von Shinsuke Ogawa und Xiaolian Peng.
Ein ganzer Film über eine kleine Frucht aus einem entlegenen japanischen Bergdorf? Eine Frucht, die zwar hübsch anzusehen ist, frisch gepflückt aber nicht einmal schmeckt? Erst die sorgfältige Verarbeitung durch den Menschen macht aus der Kakipflaume einen Genuss. Ähnlich verhält es sich mit dem Thema des Films. Erst die einfühlsame Beobachtung durch die Filmemacher weckt beim Betrachter das Interesse an den Menschen von Kaminoyama, einem Dorf in der Präfektur Yamagata im Norden Japans. Die Kakipflaume ist dabei der Kristallisationskeim.
Rund um das Schälen und Trocknen der Kakipflaume hat sich eine Jahrhunderte alte Kultur entwickelt, die in den Geschichten der Bauern wieder lebendig wird. Nach und nach taucht der Betrachter ein in diese kleine Welt. Er sieht die leuchtend rote Frucht an den kahlen Bäumen, verfolgt die ganze Verarbeitungskette, von der Blüte des Baumes bis zur Verpackung der essfertigen Frucht, lernt einen Schmied kennen, der Kakipflaumenschälmesser herstellt
und erfährt schließlich die komplette Entwicklungsgeschichte der Kakipflaumenschälmesser und -maschinen. Und das Überraschende: Ja, das ist ungemein spannend und faszinierend.
Dies liegt an der Kunst von Regisseur Shinsuke Ogawa, der sich Zeit nimmt, sich seinen Gesprächspartnern behutsam nähert, die Details beobachtet und den Menschen so einfühlsam zuhört wie Volker Koepp in seinen besten Momenten.
Shinsuke Ogawa war ein Nestor des japanischen Dokumentarfilms. Berühmt wurde er in den 70er Jahren mit Filmen über den Widerstand der Bauern und Studenten gegen den geplanten Großflughafen in Narita. Als die Schlacht dort verloren war, zog er mit seiner Produktionsforma und dem gesamten Team Mitte de 70er Jahrein das damals noch ländlich-abgeschiedene Yamagata. Dort hielt er die vom Verschwinden bedrohte traditionelle Kultur der Bauern für die Nachwelt fest und verfolgte den rasanten Einbruch der Moderne. Berühmt wurden seine Filme DAS DÖRFCHEN FURUYASHIKI und GESCHICHTEN AUS MEGINO.
Als Ogawa Anfang der 80er Jahre anfing, die Kakipflaumenbauern von Kaminoyama zu filmen, war dies als Teil der GESCHICHTEN AUS MEGINO geplant. Doch der Film wurde viel zu lang. So dass Ogawa die Episode über die Kakipflaumen schweren Herzens herauszuschneiden musste. Er beschloss daraus einen eigenen Film zu machen, drehte weiter und entwickelte einen detailierten Schnittplan. Doch dann wurde er krank und konnte das Projekt nicht vollenden. Seine Witwe übergab das Material schließlich an die chinesischen Regisseurin Peng Xiaolian, die zuvor schon einmal für Ogawa gearbeitet hatte.
Peng hat sich den Stil des von ihr verehrten Ogawa angeeignet und noch etliche Szenen nachgedreht. Durch den langen Produktionszeitraum wird der Wandel, den das Leben der Bauern in Kaminoyama unterworfen ist, besonders augenfällig. Das alte material dokumentiert eine Welt, die es so nicht mehr gibt. Immer wieder werden Fotos von Interviewpartnern eingeblendet, die zwischenzeitlich verstorben sind. Der Film hält die Erinnerung an sie wach. Das letzte Bild zeigt Ogawa.
Bei aller Großartigkeit hat MANZAN BENIGAKI einen kleinen Makel: Das Geschmackskino ist noch nicht erfunden. Wenn man 90 Minuten in die Welt der Kakipflaume eingetaucht ist, alles über sie gehört und gesehen hat, möchte man schließlich in sie hineinbeissen. Der Film kann diesen Wunsch nicht erfüllen, Artechock beim anschließenden Foyer-Gespräch schon.
Kino Neues Arena, Sonntagsmatinee, 2.3.2008
11.00 h mit Einführung und Foyergespräch, Karten zu 6 Euro unter
Tel. 089/260 32 65 oder an der Tageskasse am Veranstaltungstag ab 10.30 h
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Die Reihe "artechock präsentiert" wurde ins Leben gerufen, um Filme in München zu zeigen, die entweder keinen Verleih in Deutschland gefunden haben oder in München bislang noch nicht gezeigt wurden.
Mit freundlicher Unterstützung der
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