Erwin ist der Albtraum aller Frauen. Dabei ist er doch eigentlich ganz nett. Zugegeben, ein bisschen plump und unbeholfen wirkt er vielleicht, mit dem riesigen Schlüsselbund, der vorne an seiner Hose baumelt, und seinen grauen Socken, die er zu Altherrensandalen trägt. Er ist eben eher einer von der stillen Sorte, einer, der lieber seine Fische füttert, anstatt Frauen anzusprechen. Der Haken an ihm ist eigentlich nur eines: seine Mutter.
In seinem neuen Film DIE ZWEITE FRAU bedient sich Hans Steinbichler des allseits bekannten Klischees vom Muttersöhnchen. Mit seinen 41 Jahren wohnt Erwin Kobarek (Matthias Brandt) noch immer bei seiner Mutter (Monica Bleibtreu), die ihm mittags die Soße über die Knödel gießt und ihm in der Badewanne den Rücken einseift. Auch sonst führt die Mutter das Regiment in dem kleinen Haus im Nirgendwo. Kein Wunder also, dass es mit den Frauen nicht so recht klappt. Erwins Leben ändert sich schlagartig, als ausgerechnet seine Mutter es für angebracht hält, ihren Sohn mit der Frauenwelt in Kontakt zu bringen. Sie schickt den schüchternen Erwin nach Rumänien zu einer Heiratsagentur, damit er sich eine Frau aussucht.
Hier beginnen die Peinlichkeiten, bei denen man sich angesichts des ungeschickten 41-Jährigen am liebsten im Kinosessel verkriechen möchte. So wird der Zuschauer zum Beispiel Zeuge, wie Erwin beim Treffen mit einer potenziellen Heiratskandidatin einen von Mutti zusammengestellten Präsentkorb, in dem sich Schokolade, Schwarzwälderschinken, Nescafé und Kosmetika befinden, mit den Worten überreicht: "Wir dachten, so was gibt´s hier nicht!" Der Film übertreibt nicht nur das Muttersöhnchen-Klischee, sondern gründet seine Komik auf dermaßen platten Witzen, dass eigentlich nur die eingeblendeten Lacher, die man aus amerikanischen TV-Serien kennt, fehlen.
Wer hätte es gedacht, der plumpe Erwin wird in Rumänien trotz seiner Ungeschicktheit fündig und nimmt die attraktive Krankenschwester Irina (Maria Popiastasu) mit nach Hause. Natürlich ergeben sich aus der neuen Dreierkonstellation im Hause Kobarek enorme Probleme: ein Machtkampf zwischen Erwins beiden Frauen ist unvermeidlich, da die Mutter Irina zu verstehen gibt: "Erwin ist mein Sohn" - und sie damit die erste Frau im Haus.
DIE ZWEITE FRAU ist eine Komödie, deren Geschichte auf platten Klischees aufbaut, es aber dennoch schafft, sich gegen Ende des Films zu emanzipieren. Ganz langsam entwickelt sich Erwin vom Muttersöhnchen zum Rebellen, der zum ersten Mal in seinem Leben für etwas kämpft – für die Liebe einer Frau. Dem Zuschauer bleibt nichts erspart, vom ersten Orgasmus Erwins bis zu seiner Suche nach Irina, die sich nach einiger Zeit vergeblichen Bemühens in ihre Heimat zurückflüchtet. Am Ende aber blickt uns dann doch noch ein anderer Erwin von der Leinwand an – einer, der eigentlich doch ganz nett ist.
Anna Steinbauer
DIE ZWEITE FRAU
Freitag, 27.06., 19:30 Uhr, Forum 1
Samstag, 28.06., 16:30, Maxx 4
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