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"Medienkunst" - eine "neuzeitliche" Wortfindung,
die den Eingeweihten nie so recht behagte und auch sonst wohl eher auf
Unverständnis stößt - gepaart mt Ehrfurcht oder Geringschätzung,
je nach dem.- Mit der Wahl der neuen Kulturreferentin, Lydia Hartl,
Medizinerin und Wahrnehmungspsychologin, am vergangenen Mittwoch steht
das Wortgebilde nun auch auf öffentlichen Fahnen. Ihr Vorgänger
Nida-Rümelin, heutiger Kulturstaatsminister, hatte damit angefangen
und Frau Hartl bereits vor über einem Jahr damit betraut, ein Konzept
zur Förderung neuer Medien im Kultur- und Bildungssektor für
München zu entwerfen. Seitdem ist klar, daß München nicht
einzig und allein auf ein großes Medienzentrum nach bekannten Vorbildern
bauen wird, sondern vor allem die bereits bestehenden Initiativen und
Einrichtungen in der Stadt, die sich in den letzten Jahren mit Theorie
und Praxis des Phänomens auseinandergesetzt haben, dezentral fördern
und fordern wird. Und so ist zu erwarten, daß man nun - motiviert
durch die Neuwahl - verstärkt mit dem Wort und dem, was es bezeichnen
soll, ins Gericht gehen wird.
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runder
tisch der medienkünstler
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Terminlich wie abgepaßt mit der Wahl der neuen Kulturreferentin, Lydia
Hartl, fand am 25. April der erste Runde Tisch der Medienkünstler
2001 (noch ohne besagte Dame) statt. Organisiert vom Kulturreferat
der LH München und dem Medienforum München e.V. stellen sich anläßlich
dieses get-to-together zwei Mal im Jahr Institutionen und Künstler mit
aktuellem Programm und Projekten vor.
Was kommt nach dem Medien-Hype? - diese Frage stellte sich als allgemeiner
Tenor schnell ein. Den Anfang machte Gerhard Blechinger (1. Vorsitzender)
für das Medienforum München e.V.. 3 Standbeine hat
die Institution, die alle eng verknüpft sind. Für München gilt es zunächst
den theoretischen Diskurs um Kunst und neue Technologien zu stärken und
internationaler zu gestalten. In diesem Jahr führt das MFM seine 3 Veranstaltungsreihen
fort: Digital Happy Hour - in wechselnden Kooperationen - unter
der Leitung von Nina Stuhldreher, in dem Künstler neue und neueste Projekte
zur Diskussion stellen. Netzblicke - in Kooperation mit dem FIWM
(Förderkreis für Internet Wirtschaft München) - unter der
Leitung von Patrick Gruban und Maja Bott mit Themenabenden zur Internet-Wirtschaft
sowie insgesamt 3 Kultur-Veranstaltungen, die den Akzent auf die kulturellen
Auswirkungen neuer Technologien legen. Die MedienKunstPerspektiven
unter Leitung von Christian Schoen - in Kooperation mit dem Kulturreferat
der LH München und der lothringer13/halle - die gattungsübergreifend medientheoretische
Standpunkte besprechen. Zweites Standbein ist ein neues. Hier geht es
im Kontext der Projektentwicklung um die Softwareproduktion für den künstlerischen
Bedarf. Und nicht zuletzt bleibt das Medienforum Forum, in dem Künstler
und Kulturschaffende gemeinsam Projekte entwickeln, in dem Kompetenzen
gebündelt werden und Raum für Diskussionen geschaffen wird.
Leibhaftig erschienen die virtuellen Moderatoren der Kunstforen
des Medienforums (Projektleitung: Angela Dorrer, Patrick Gruban): Cornelia
Oswald-Hoffmann und Heidrun Waadt (Künstlerinnen und Neue Medien) sowie
Wolfgang Diller (Videokunst in den Zeiten von Multimedia und Internet)
waren sich einig: ein bisschen mehr Trubel um den Chat wäre ganz willkommen;
mehr Links auf die Foren, vor allem von websites zum gleichen Thema, mehr
Bezug auf aktuelle Veranstaltungen und vielleicht auch mal die Diskussionsbeiträge
als Anlaß nehmen, den Schritt aus dem Netz aufs reale Podium zu wagen.
Auch ein Infoboard mit nützlichen Hinweisen zu Wettbewerben, Stipendien,
Veranstaltungen, Soft-und Hardware.
Ulrich Müller (neben Jörg Stelkens Kurator der Tube) berichtet von der
Front der radiophonen KlangKunst. Tube - die Radioröhre
ist klangtechnisch schon eingedeuscht. Ebenso das Programm. Lag der Schwerpunkt
in der Anfangsphase noch auf renommierten Künstlern der internationalen
Klangkunst, um das Thema in München bekannt zu machen, so widmet man sich
heute verstärkt auch Münchner Künstlern, vor allem den ganz jungen. Schöpferische
Anstöße bekämen die Klangmusizisten vor allem auch durch das Equipment
vor Ort. Wichtig ist den Kuratoren, beide Pole zu präsentieren: hermetischere
Projekte wie auch Beispiele aus der Clubszene. Drei Schwerpunkte haben
sich die Kuratoren seit ihrem Amtsantritt gesetzt. Künstler realisieren
vor Ort, mit Bezug auf den Raum, Klanginstallationen. Großgeschrieben
auch das Thema Hörspiel im Hörkino (immer wieder in Kooperation mit dem
BR). Schließlich stehen theoretische Veranstaltungen auf dem Plan, deren
bisherige Besucherzahlen allerdings noch zu toppen wären. Immer wieder
gern gesehen Kooperationen mit anderen, selbstverständlich auch überregionalen
und internationalen Klangkunst-Veranstaltern.
Die lothringer13 stellte sich im - seit Herbst letzten Jahres
- bewährten Dreierpack vor. Die halle mit ihren Kuratoren
Patrizia Drück/Christian Schoen hat sich der ganz aktuellen medienorientierten
Kunst verschrieben. Zusätzlich zu der unermüdlichen und spannenden Ausstellungsmache
haben sich die beiden vorgenommen, auf ein reiches Abendprogramm zu setzen:
Neben diskursiven Veranstaltungen stehen Performances, Aktionen und Parties
auf dem Programm; ausstellungsbegleitend oder einfach so; in diversen
Kooperationen oder auch mal im Alleingang. Die Besucherzahlen lassen nicht
zu wünschen übrig. Die nächste Ausstellung startet am 11. Mai: "inSITEout"
handelt von dem Rückzug aus dem Internet in den realen Raum. Seit Anbeginn
mit dabei die Reihe lothringer13/open: Das sind künstlerische Projekte
im städtischen Außenraum.
spiegel, das ist die Kunstvideothek und dienstältester Hausherr
der lothringer13. Auf der Basis der Video-Sammlung des Lenbachhauses kann
das Archiv allerdings nur recht langsam ausgebaut werden. Etat gibt es
nicht. Ankäufe sind also eher selten. Dagegen werden Künstler eingeladen,
um vor Ort zu produzieren. spiegel, das sind aber auch die vielen sauber
geschichteten Stahlkästen, in denen sich das Archiv Münchner Künstler
befindet. Die Sammlung soll demnächst mit neuem Schwerpunkt erweitert
werden: Kunst in Münchens öffentlichem Raum soll auf DVD für den allgemeinen
Zugriff archiviert werden.
Lothringer wäre nicht DREIzehn, wenn nicht noch der laden
wäre. Hier kann's nicht bunt genug werden. Als Experimentierfeld, auf
dem Ideen entstehen können und an dem die Begegnung zwischen Künstlern,
Werk und Besuchern zu ungeahnten Projekten führen. Die regelmäßigen Kamingespräche
sind Vortragsrunden, in denen auch die Theorie zu Wort kommen darf.
imke bösch
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