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magazin



 

reihe: netz.kunst
neues und altes. vom frühstückstisch auf die datenmüllkippe

teil 1 - von neuen und alten medien
teil 2 - netz.kunst, kunst im netz, web art und ein bisschen netzkunst
teil 3 - digging the net
teil 4 - internet-performance als netz.kunst
teil 5 - neues und altes. vom frühstückstisch auf die datenmüllkippe

etxtreme

Was gibt es Neues im Internet? Wer sich diese Frage stellt, mag beim Durchkämmen des WWW verzweifeln. Das Internet ist wie eine riesige Bibliothek, bei der jedoch die Neuzugänge nicht an einem besonderen Ort präsentiert werden, bevor sie in den riesigen, unüberschaubaren Regalen verschwinden. Jegliche Information läßt sich aus dem Arsenal Netz herausziehen, doch welche Website ist neu? Was ist in, was hip? Bei ‘Etxtreme.ru‘ werdeb die 9 wichtigsten Wörter des Tages von einem robot aus etwa hundert aktuellen Webseiten und Mailinglisten verschiedenster Kontexte destilliert, bewertet und verknüpft. Als Abonnent bekommt man so zum Frühstück das Neueste aus dem Netz. Mahlzeit!

 

landfill,
dump your trash

Als Reaktion des schnellen Wachstums des Netzes und seiner stetig sich steigernden Unübersichtlichkeit haben Netzkünstler Strategien entwickelt, sich (symbolisch) von dem überflüssigen Datenmüll zu trennen. Der New Yorker Künstler Mark Napier beispielsweise programmierte in seiner Netzkunst-Arbeit ‘The Landfill’ (Die Müllkippe) eine Art virtuellen Komposthaufen. Internet-Nutzer können dort Dateien vom eigenen PC oder von fremden Websites ‘auf den Müll werfen’. Die verschiedenen CGI-Scripts, die Napier in PEARL programmiert hat, verwandeln die Daten und entsorgen sie auf einer Deponie, wo bereits digitale Informationen vergangener Jahre vor sich hinmodern. Die einst aktuellen Informationen werden so zurückgeführt auf ihre elektronische, textuelle und digitale Urmaterie. Bei ‘Dump your trash’, einem Netzprojekt von dem Künstlerduo (Blank & Jeron), das unter der Bezeichnung ‚sero.org‘ fungiert, wird die ephemere und nicht faßbare Website überführt in die dauerhafte Form des Steines. Man gebe lediglich die WWW-Adresse der zu verschrottenden Site und seine E-mail-Adresse an, und wenig später erhält man die Benachrichtigung. Die nun zuerst virtuell umgewandelte und in Stein gehauene (eigene) Homepage kann als reales Objekt bei den Künstlern bestellt werden.

 
shredder, wash-saloon

Eine weitere Vernichtungsstrategie führt der ‘Shredder’ vor, der die jeweiligen Websites unbrauchbar macht, in dem das Layout zerschreddert wird. Doch noch in diesem Zustand der Zerstückelung- und das ist sehr wesentlich - funktionieren die Links auch weiterhin, so dass die Hierarchie nicht angegriffen wird. Informativ ist die Seite aber nun nicht mehr und ihre Ästhetik gehorcht nun anderen gesetzen. Mark Napier geht es auch in dieser Arbeit darum, dem Betrachter vorzuführen, dass das Bild des Monitors lediglich ephemere und zudem fiktive Darstellung von etwas ist, das nur dadurch zu existieren scheint, weil ein Web-Browser dieverse HTML-Befehle uminterpretiert. Das Internet als Informationsmedium basiert darauf, dass die Browser einheitlich diese Codes entziffern können. Napier selbst schreibt: „By altering the HTML code before the browser reads it, the Shredder appropriates the data of the web, transforming it into a parallel web. Content become abstraction. Text becomes graphics. Information becomes art."

Mit "wash-saloon" präsentiert Natalia Borissova eine weitere Variante der Wiederverwendung, wo ebenfalls die Gleichsetzung der immateriellen Daten aus denen eine Website besteht mit unserer dinglichen Alltagswelt vorgenommen wird. Gereinigt von jeglichem kommerziellen Schmutz wird unsere Homepage zu einer Kunstsite. Dreckige Seiten, pornographisch, rassistisch, faschistisch oder wie auch immer können hier mithilfe der Kunst reingewaschen werden.

christian schoen

 




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