KINO MÜNCHEN FILM AKTUELL ARCHIV FORUM LINKS SITEMAP
04.07.1996
 
 
   
 

Filmfest '96

 
Das Filmfestplakat
     
 
 
 
 

Es ist Filmfest,

Menschenmengen schieben sich durch das Foyer des MaxX, Filmteams beleuchten ausgewählte Ecken einzelner Kinos, in die sich dann ausgewählte Menschen stellen und ausgewählte Worte sprechen, überall trifft man intentional oder versehentlich auf große und kleine Prominenz und -fast gerät der eigentliche Grund des ganzen Trubels in Vergessenheit- täglich versucht man mindestens 3 Filme zu gucken, um wenigstens 1/10 des angebotenen Programms mitzunehmen. Irgendwie schon stressig die vielen Menschen, aber es ist Eustreß -anregender, stimulierender Streß- und schließlich droht schon der diesjährige Filmfest-Slogan: "im Kino ist man nie allein".

Um bei der Filmfest Eigenpromotion zu bleiben: Richtig schlimm ist der allen Filmen vorgeschaltete Trailer. Unterhalten sich zwei Raumschiffe, sagt das eine zum anderen „Where are you going?“, sagt das andere „Hollywood! And you?“, „Munich Filmfest!“ antwortet das erste und das zweite (neidisch) „Great!!“. Wollen die Macher sich damit neben Hollywood präsentieren oder eben genau davon abheben? Oder hat sich diese Frage einfach niemand gestellt? Und wieso schneidet man nach diesen computeranimierten Raumsch iffen auf ein Bild des Zunge zeigenden Albert Einsteins -hat der Filme im Programm?

Hat er nicht, aber sonst bietet die Auswahl ein Spektrum der Filmlandschaft, vom HFF-Übungffilm bis zum Big Picture aus „Holy Wood“. Überraschend war bei dieser Palette das Ziel des ersten Andranges; als erster Film in allen Vorstellungen ausverkauft war "Workaholic", die Fortsetzung der deutschen Flach-Komödien, die ohnehin in wenigen Wochen in jedem Kino laufen wird. Dabei hält das konkurrierende Programm wirkliche Leckerbissen parat (bzw. bei der Fülle des Angebots: versteckt), die man vielleicht nicht mal auf Video zu sehen bekommen wird: die Ausländischen Reihen, die Independents und natürlich das Kurzfilmprogramm hätten es tatsächlich verdient, restlos überfüllt zu sein. Immerhin muß man sich so wenigstens nicht um die Karten prügeln; also geht doch alle in Workaholic, soll ganz toll sein! (vgl. unsere Kritik von Richard Oehmann)

Ganz toll ist auch folgendes: Das Filmfest enttarnt die Klassengesellschaft. Erkennbar sind die Stände verschiedener Individuen an der Farbe ihrer VIP-Karten: keine Karte ist ganz schlecht und bedeutet "zahlen" und "kein Eintritt in besondere Vorstellungen", blaue Karte ist für Teilnehmer und ermöglicht ihren Besitzern in der Regel freien Eintritt in die Filmvorstellungen, bei Presse- oder Interviewterminen müssen diese sich jedoch heftig mit den Türstehern auseinandersetzen, um Einlaß zu bekommen, türkise Karte ist schon recht praktisch, bedeutet "Presse" und gewährt Einlaß in alle nicht ausverkauften Vorstellungen inklusive Pressevorstellungen, exklusive der Prime-Time-Vorstellung um 20:00 Uhr, ganz oben auf der "wo-darf-ich-rein?"-Liste stehen die violetten Karten der Organisatoren, mit einer solchen stehen eigentlich alle Türen offen, aber welcher Organisator hat schon die Zeit, dies zu nutzen. Schade eigentlich, diese Privilegienverschwendung....

Mit welcher Karte und in welche Vorstellung es den Besucher auch zieht, das Filmfest bietet die wirklich seltene Chance, Filme zu gucken ohne von Vorabpresse, Promotion, Trailer und Werbung bereits ein fast fertiges Bild im Kopf zu haben. Einfach einen Film gucken können, nur weil der Titel gefällt, die Hauptdarstellerin neulich schon so gut war, die Filmreihe letztes Jahr schon gefallen hat oder gerade mal 2 Stunden des Tages noch nicht verplant. Egal ob gut oder schlecht, nichts wissen macht Filme spanne nd. Und spannende Filme gibt es noch weitere 3 Tage, also „where are you going?“-“Munich Filmfest“.

Christian Rechmann

  top
   
 
 
[KINO MÜNCHEN] [FILM AKTUELL] [ARCHIV] [FORUM] [LINKS] [SITEMAP] [HOME]