Hallo, da bin ich wieder! Nachdem ich mir drei Wochen Urlaub
in Los Angeles (und den artechock-Lesern Urlaub von meinen
literarischen Elaboraten) gegönnt habe, bin ich nun wieder
ins heimische München zurückgekehrt - auch wenn ich angesichts
des April-Wetters nicht mehr so recht weiß, warum ich nicht
in Kalifornien geblieben bin.
Obwohl meine Reise hauptsächlich den Zweck hatte, Freunde
zu besuchenund mich zu erholen, hat mich der Gedanke an unsere
verehrte Leserschaft natürlich nicht verlassen, und so habe
ich mich auch bemüht, möglichst viele Infos über das aktuelle
amerikanische Kinogeschehen zusammenzutragen.(Nur in DEVIL’S
OWN und LIAR LIAR konnte mich auch der größte Korrespondenten-Ehrgeiz
nicht treiben.)
Die Kinoszene in den USA ist nicht mehr so verschieden von
der deutschen, wie sie es vor einiger Zeit noch war. Die großen
Verleiher sind immer mehr bemüht, die Starttermine ihrer Filme
international gleichzuschalten, damit die Werbekampagnen global
und somit kostengünstiger durchzuführen sind. Das bedeutet,
daß Amerika mit dem Start der Großproduktionen meist höchstens
noch ein paar Wochen Vorsprung hat, und dementsprechend ähnlich
sieht sich dann momentan auch das Programmangebot. Die meisten
Filmtheater sind in Los Angeles derzeit mit den diversen wiederaufbereiteten
Teilen der STAR WARS-Trilogie verstopft. Die zwei großen Vorteile
der STAR WARS-Manie waren dabei für mich: a) weniger Filme,
die ich anschauen mußte, und somit mehr Zeit zum die Sonne
genießen, und b)eine Neuaufführung von HARDWARE WARS, einem
Studenten-Kurzfilm von Ende der ‘70er Jahre, der alles ist,
was SPACEBALLS gerne sein wollte, nur dreimal so lustig und
in einem Zehntel der Zeit.
Dank des STAR WARS-Booms sind nun Wiederauflagen älterer
Filme überhaupt groß in Mode gekommen. Bereits zu sehen waren
THE GRADUATE (DIE REIFEPRÜFUNG) und THE GODFATHER (DER PATE),
angekündigt sind unter anderem JAWS (DER WEISSE HAI) und -
merket auf! - PINK FLAMINGOS (mit neuen Szenen!!!). Meist
handelt es sich lediglich um neu vom Negativ gezogene Kopien
mit leicht aufgemotztem Sound, aber das ist ja durchaus nicht
zu verachten, gibt es einem doch Gelegenheit, diese Filme
endlich wieder auf einer großen Leinwand in makelloser Qualität
zu sehen. Und wenn man sich anschaut, was beispielsweise mit
RETURN OF THE JEDI angestellt wurde, so ist man froh darum,
daß an den Streifen nicht weiter herumgepfuscht wurde. Besonderes
Schmankerl bei THE GODFATHER: der Film lief im berühmten Mann’s
Chinese Theater, das im Film auch kurz zu sehen ist - natürlich
gab’s da Szenenapplaus.
Wo immer George Lucas’ Weltraumsaga nicht über die Leinwand
flimmerte, war mit einiger Sicherheit einer der diversen Oscar
Anwärter oder -Gewinner zu sehen. THE ENGLISH PATIENT hält
sich nun schon seit Dezember in den Kinos, und FARGO, SECRETS
& LIES, SHINE, BREAKING THE WAVES und SLINGBLADE erlebten
alle noch einmal neue Aufführungen. So schön es war zu erleben,
daß unabhängig produzierte und teils anspruchsvolle Filme
endlich auch in Amerika ein größeres Publikum erreichen, so
erschreckend war es mitanzusehen, mit welcher Borniertheit
teilweise auf den diesjährigen Erfolg der Independents bei
den Oscar-Nominierungen reagiert wurde. Da dürfen dann in
Talkshows ganze Riegen sogenannte Filmkritiker sich darüber
ereifern, daß kein Mensch diese komischen Filme überhaupt
gesehen habe, was auch gut sei, da sie ja ohnehin unverständlich,
prätentiös und - The Horror! - ohne bekannte Stars seien,
und dann dürfen sie JERRY MAGUIRE zum einzigen Kandidaten
ausrufen, der den Sieg verdient hätte. Man sollte diese Leute
an einen Kinosessel binden und ihnen 763 Mal am Stück INDEPENDENCE
DAY vorführen, wenn nicht zu befürchten wäre, daß sie dies
nicht einmal als Strafe empfinden würden.
Der relative Mangel an neuen, aufregenden Filmen ist insgesamt
jedoch ohnehin typisch für die Zeit kurz nach der Oscar-Verleihung.
Das richtige Geschäft geht erst wieder im Sommer los, wenn
die nächste Welle der Blockbuster die hitzegeplagten Amerikaner
in die klimaanlagengekühlten Kinos treibt, und die Werbung
dafür läuft bereits auf vollen Touren. Der Trailer für VOLCANO
läßt Hoffnung aufkommen, daß endlich mal einer der zur Zeit
bei Produzenten so beliebten Katastrophenfilme auch das Geld
für die Eintrittskarte wert ist. Die Vorschau auf BATMAN &
ROBIN hingegen hinterläßt zwiespältige Gefühle: PRO - Arnold
scheint als Mr. Freeze recht amüsant zu sein (wenn auch lang
nicht so gut wie Otto Preminger in der alten Fernsehserie),
und Uma spielt Poison Ivy (hubba, hubba); CONTRA - Robin ist
wieder dabei („Wofür steht denn das R?" „Rektal!"), Alicia
Silverstone sieht als Batgirl geradezu atemberaubend blöd
aus, und Joel „Wär’ er doch nur Müllfahrer geworden" Schuhmacher
führt wieder Regie (wenn man das bei ihm so nennen kann).
Harrison Ford darf in AIRFORCE ONE endlich den amerikanischen
Präsidenten mimen (in ein paar Jahren dann in echt?) UND dennoch
etliche Terroristen eigenhändig erlegen - whatta man, whatta
man, whatta mighty good man! Und schließlich bemüht sich Universal
bereits jetzt darum, sicherzustellen daß der JURASSIC PARK
Nachfolger THE LOST WORLD erneut alle Kassenrekorde sprengt.
Man hat in ausgesuchten Kinos für den ersten (und eigentlich
noch recht nichtssagenden) Trailer spezielle Stroboskop-Lichter
installiert, die den ahnungslosen Zuschauern gehörige Schrecken
einjagen sollen. Damit die Publicity aber auch ja funktioniert,
verteilt man vorher Warnungen, die besonders ängstliche oder
empfindliche Angehörige des Publikums darum bitten, den Saal
vor Beginn des Trailers zu verlassen - was prompt zu zahlreichen
Zeitungsartikeln darüber führte, welch billiger Marketingtrick
dies sei. Und schon war überall über THE LOST WORLD zu lesen.
Fortsetzung
Thomas
Willmann
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