BUMMMMMMMM SCHEPPPPER (raschelraschel) KRAAAAAAACH WUMMMMMMMMM
(knusperknurps) KRAWOINNNNG KRAWOINNNNG (knister)
RRRRRRUUUUUMMMMMMSSSSSSS!!!!!!!! Jawoll, liebe Leserinnen, Leser
und LeserInnen, Sie haben es bestimmt schon erraten, was hier so
schön onomatopoetisch, um nicht gar zu sagen lautmalerisch,
ausgedrückt werden sollte: Die diesjährige Saison des Popcorn-Kinos
ist eröffnet. Mit dem Start von THE MUMMY RETURNS (dt. MUTTI IST WIEDER DA, oder so ähnlich)
ist es amtlich - der Sommer hält Einzug auf die Leinwände.
Popcorn-Kino heißt Popcorn-Kino, weil irgendjemand mal auf die
kluge Idee kam, es so zu nennen. Und andere ihm folgten. Pardauz!
Woher jedoch spross da der Quell der Inspiration? Aha, da ist die
rechte Frage! (Wenn man großzügig davon absieht, dass Quellen nicht
sprießen...) Zum einen Teile wohl, weil diesen Mensch die selbige
Gattung konstituierenden Filme so aufgebläht, leichtgewichtig und
bar des wahren Nährwerts dünkten, dass sie gepufften Maises Körnern
glichen. (Womit der Mensch allenfalls bedingt Recht hatte.) Zum
andren Teile aber, weil das jenigliche Filme besuchende Publikum
noch über die gewohnten Maße hinaus den Film-Genuss durch den
Genuss von Popcorn zu begleiten pflegt, ja der Verzehr der
raschelnd-knirschenden Köstlichkeit am Ritual des Kinogehens
insgeheim das recht Eigentliche für diese Leute ist.
Tatsache ist jedenfalls, dass heut so gut wie gar kein Kino
überleben könnte, wenn es nicht Snackbar mit angeschlossenem
Projektionsbetrieb wäre. Die heilige Ruhe des Münchner Filmmuseums
ist nur durch Subventionen zu erkaufen, die Aura des
Werkstattkinos, wo nur das sanfte Nuckeln und Glucksen seligen
Bierverzehrs das Leinwandgeschehn begleitet, nur durch gehörigen
Idealismus der Betreiber. Jedes normale Lichtspieltheater müsste
binnen Kürzestem schließen, kämen die Menschen plötzlich auf die
absurde Idee, es lediglich zum Betrachten von Filmen aufzusuchen
statt zur Einnahme einer Zwischenmahlzeit. Der Kartenverkauf allein
trägt meist kaum die Betriebskosten. Wen wunderts da, dass sich
eine Form von Kino besonderer Beliebtheit erfreut, die dem
begleitenden Verkauf von Atzung und Trank überaus förderlich ist?
Paranoide Cineasten jedenfalls behaupten, dass all das 37-Kanal
Dolby-Digital-Surround-Gewumm und Gesumm nur deshalb erfunden
wurde, damit bei jeder Saal- und Popcorntüten-Größe mühelos alle
Knister- und Mampf-Geräusche übertönt werden können. Denn wenn der
Film die Lautstärke eines durchschnittlichen NATO-Luftangriffs
übertrifft, stört kein Geraschel mehr.
Die Geschichte des Popcorns im Kino ist eine Geschichte voller
Missverständnisse. Sie beginnt selbstverständlich in Amerika, und
sie beginnt mit dem Filmpionier Edwin S. Porter, der 1910 als
erster auf die Idee kam, sein Publikum mit gepufftem Mais zu
speisen. Der Vorstoß hatte sofort bahnbrechende Resonanz - nicht
verwunderlich, bedenkt man, dass die Kinobesucher da schon seit 15
Jahren genötigt waren, auf ungepufften Maiskörnern herumzukauen.
Puffmais hatte den Vorteil, fast überall in den USA angebaut zu
werden, und im Transport äußerst platzsparend zu sein gegenüber dem
üppigen Verzehr-Volumen. Viele der frühen Projektoren von
Wanderkinos wurden bald mit Vorrichtungen ausgestattet, die
erlaubten, das Corn mittels der Hitze der Projektorlampe zu poppen.
(Das ist übrigens gerade alles frei erstunken und erlogen, aber
klingt doch recht überzeugend, oder?)
Der Siegeszug des Popcorns als Kinonahrung war von da an
international nicht mehr aufzuhalten. Nur unbedeutende regionale
Varianten haben sich dabei herausgebildet - während hierzulande
beispielsweise zwischen süß und salzig gewählt werden darf, kennt
der Amerikaner süßes Popcorn nur in Form von mit Nüssen versetzten
Zucker-und-Mais-Klumpen namens Cracker Jack, steht im Kino aber
lediglich vor der Entscheidung salzig mit oder ohne
Butter-Ersatz-Batz obendrauf. (Das ist jetzt ausnahmsweise kein
Witz. Wer das Missvergnügen hatte, das Zeug mal zu riechen und
schmecken weiß, dass das wirklich kein Witz ist. Oh nein!) Eine
echte Alternative zum Popcorn aber konnte sich nirgends
etablieren.
Eisensteins Versuch einer kommunistischen kulinarischen
Gegenoffensive mit madigem Fleisch führte in einem Lichtspielhaus
von Odessa zu Aufständen. In Frankreich gab man nach wenigen Jahren
schon die Herstellung von Escargot-au-pop auf, als man einsehen
musste, dass Schnecken beim besten Willen nicht richtig fluffig
werden; Experimente mit rohem Fisch führten in Japan zu nicht viel
größeren Erfolgen - zwar konnte man bei Pop-Fugo dem Mais ähnliche
Volumenzunahmen erreichen, aber die Zuschauersterblichkeit bei
dieser Kugelfisch-Spezialität erwies sich letztlich doch als
hinderlich hoch. Lediglich in einigen Regionen Süddeutschlands
konnte sich längere Zeit der Brauch halten, vor dem Betreten des
Saals einen kleinen, mittleren oder großen Eimer Sauerkraut zu
erstehen. Doch mit Abflauen der Heimatfilm-Welle verschwand auch
diese Gepflogenheit.
Noch heute kämpfen dennoch Einzelne verzweifelt den Kampf gegen
die Vormachtstellung des Popcorns in den Lichtspielhäusern. Seit
Jahrzehnten betreten in größeren Kinos unmittelbar vor dem Film
Damen mit Bauchladen den Saal und fragen "Will jemand Eis?" - und
müssen die bange Frage stets unerwidert verhallen sehen. Berichte,
nach denen im Juli 1978 in Kastrop-Rauxel tatsächlich mal jemand
Eis wollte, erwiesen sich bei späterer Recherche als Erfindung
eines "Bild"-Redakteurs. Nicht totzukriegen sind freilich dennoch
die Gerüchte von der Bauchladen-Dame, die auf die unerwartete
Forderung eines des Rituals nicht kundigen Zuschauers nach Eis
weinend zusammenbrach und gestehen musste, dass sie seit Jahren
schon ihren Umhänge-Verkaufsstand leer mit sich trage.
Kaum erfolgreicher zeigen sich gelegentliche Versuche, das
Essens-Angebot enger an spezifische Filme zu koppeln, und selbst
mit scheinbar sicheren Blockbustern konnte da so mancher schon
seine böse Überraschung erleben. Noch verhältnismäßig harmlos waren
da spätere Kundenreklamationen, als viele bei Spielbergs
Echsen-Epen zu Fruchtgummi-Dinos griffen und dann lästige
Dinosaurier-Stückchen zwischen den Zähnen hatten - zahnärztliche
Diagnose: JURASSIC PLAQUE. Wahre Stürme der Entrüstung jedoch rief
Haribos SCHINDLER-SNACK hervor - ein Tütlein voller Weingummis und
Lakritze in Davidstern- und Hakenkreuz-Form. Und auch McDonald's
musste ein Begleitprodukt zu einem Film von St. Steven schon nach
kurzer Frist vom Markt nehmen, als sich das SAVING PRIVATE RYAN
Kids-Happy-Meal trotz des neukreirten Mäc Blutwurscht unerwartet
geringer Beliebtheit erfreute. (Dafür gelten die dazu erhältlichen
Plastik-Soldaten mit abtrennbaren Gliedmaßen inzwischen als
besonders begehrte, weil rare, Sammlerobjekte.)
Der einzige, dem es mit naiver List gelang, wenn schon nicht das
Popcorn-Geschäft zu schlagen, dann doch zumindest daraus Profit zu
schlagen, ist unser lieber Vilsmaier Sepp. Der schafft es nämlich
immer wieder aufs Neue, dass man zu seinen Filmen nicht nur zum
Puffmais greift, sondern gern auch zu den gesondert erhältlichen
Brech-Beuteln.
Thomas
Willmann
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