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14.07.2005
 
 
     

artechock präsentiert:
Die Reihe im Herbst/Winter 05

mit freundlicher Unterstützung der

  "Nacktschnecken"
 
 
 
 
 

Von Nacktschnecken und anderen Menschen

Wer nicht die Chance hat, auf Festivals herumzureisen und sich die diversesten Filme anzuschauen, muss sich mit dem zufrieden geben, was die deutschen Verleiher hierzulande in die Kinos bringen. Dabei gibt es noch so viele andere Filme, die es mehr als wert sind gesehen zu werden.

Für artechock ist dies der Anlass, eine regelmäßige Reihe zu veranstalten, für die wir ganz bewusst Filme auswählen, die keinen Verleih* in Deutschland finden, auf die wir aber einen Focus setzen wollen. Um so etwas durchzuführen, braucht es jedoch Geld, denn wirtschaftlich ist so ein Unterfangen ganz und gar nicht. Dafür macht es eine Menge Spaß.
Und wir haben Glück gehabt, denn die BMW Group zeigte schnell Interesse ein Arthouse-Programm in ihre Kulturstaffel mit einzubeziehen. Mit dem Kino Neues Arena haben wir dazu einen Kooperationspartner, der sich extrem flexibel und engagiert zeigt.

Ab Oktober 05 bis zum Mai 06 zeigen wir jeden zweiten Sonntag im Monat im Kino Neues Arena einen Film, der eine Ergänzung zum regulären Münchner Kinoprogramm ist.

Gestartet wird mit dem österreichischen Film NACKTSCHNECKEN (9. Oktober, 11h30) von Michael Glawogger. Ein Vorschlag unseres Redakteurs Thomas Willmann, der sich als Fan des österreichischen Films outete und ihn folgendermaßen beschreibt: "Zwei ex-studentische Slacker werden von einer deutlich patenteren, geschäftstüchtigen Freundin auf die Idee gebracht, einen Pornofilm zu drehen: Lösung der notorischen Geldsorgen und ihrer nicht minder notorischen Sexarmut zugleich. Aber schon das Casting gestaltet sich eher ungelenk, und die Dreharbeiten im Haus der verreisten (Althippie-)Eltern zeigen vollends, wie weit die Jungs und Mädels von funktionierenden Sexindustriemaschinen entfernt sind. Der Kopf steht dem Körper im Weg. Was im deutschen Kino todsicher zu einer zotigen Teenie-Klamotte verkommen wäre, gerät der Truppe aus dem Dunstkreis des Grazer 'Theater im Bahnhof' zu einer ungleich fein-schwebenderen, melancholischeren (und manchmal einen Hauch surrealen) Art von Komödie."

Auf dem Dokfilmfest München 05 fiel uns besonders der Dokumentarfilm
IN THE SHADOW OF THE PALMS - IRAQ (13. November, 11h30) des Australiers Wayne Coles-Janess auf. Coles-Janess ging im Frühling 2003, vier Wochen vor der Invasion in den Irak, nach Bagdad. Er mischte sich unter die Bevölkerung und es gelang ihm Szenen des alltäglichen Lebens der unterschiedlichsten sozialen Schichten zu einem einzigartigen Dokument zusammenzufügen. Einzigartig deswegen, weil die Normalität des Alltags sich den uns bekannten Nachrichtenbildern aus dem Fernsehen widersetzt. Ein Kindergeburtstag, eine Schulklasse, ein Café der Dichter in Bagdad und alle anderen Protagonisten betonen weniger das Fremde, sondern sie geben die Möglichkeit der Identifikation. Diese Menschen stehen uns viel näher, als uns jede Landesgrenze oder Religion glauben machen möchte. Gleichzeitig erleben wir auch die Propagandamaschine des Saddam-Hussein-Regimes.
Doch der Film geht noch weiter und zeigt die ersten Bomben und das Leid, das sie bringen. Der Krieg wird greifbar in seiner Unmenschlichkeit, die vor allem die Zivilbevölkerung trifft. Ein Film, der berührt, Perspektiven öffnet und mit dem Blick fürs Detail auch voller Humor ist.

FOLLOWING SEAN (11. Dezember, 11h30) von Ralph Arlyck ist dagegen eine dokumentarische Zeitreise. Als junger amerikanischer Filmemacher zog Arlyck Ende der 60er Jahre in San Franciscos Viertel Haight Ashbury: Hochburg des Flower Powers. Im gleichen Haus wohnte damals der vierjährige Sean mit seinen Hippie-Eltern und seiner Schwester. Arlyck interviewte den Jungen, der ihm bereitwillig Auskunft über die Wochentage, seinen großen Zeh und auch über Drogen und Polizeizusammenstösse gab. Daraus entstand damals ein erfolgreicher Kurzfilm.
Dreißig Jahre später machte sich Arlyck wieder auf die Suche nach Sean. Was war aus diesem Jungen geworden, der Sprössling einer Weltanschauung gewesen war, die alle Tabus brach. Diese Suche nach Sean wurde für den Regisseur auch eine Suche nach sich selbst und ein Rückblick auf die eigenen Lebensstationen. Der Werdegang von Sean, der Generation seiner Eltern und des Regisseurs selbst verblüfft, ist aber ungemein spannend und berührend in diesem dokumentarischen Essay umgesetzt.

Ab Januar geht es dann weiter mit neuen Filmen und wir hoffen, dass unsere Filmauswahl Euch gefällt. Jeder Film wird kurz eingeführt und danach gibt es die Möglichkeit zum Gespräch im Foyer.

Magali Thomas

*Ausnahme NACKTSCHNECKEN, den Senator Film im Verleih hat, jedoch noch keinen Starttermin.

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