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Wong Kar-wai eröffnete: Ashes of Time Redux | ||
(Foto: Splendid/Twentieth Century Fox) |
Von Claus Schotten
Am heutigen Donnerstag beginnt im Münchner Gloria das diesjährige Asia-Filmfest.
Zwei Wochen lang beherrscht dann das Kino Ostasiens den Kinopalast am Stachus. Eröffnungsfilm ist Wong Kar-wais Ashes of Time Redux. Wong hat aus dem Material seines Wuxia-Films von 1994, der damals beim Publikum zwiespältig aufgenommen wurde, einen neuen Film geschaffen: Komplett umgeschnitten,
überarbeitet und mit neuem Soundtrack versehen, feierte das Werk diese Jahr in Cannes seine Weltpremiere. Es ist der perfekte Eröffnungsfilm für das Festival, nicht nur weil er auch die Wong-Kar-wai-Retro eröffnet. Er vereint in idealer Weise auch die beiden Standbeine des Programms – auf den internationalen Filmfestivals von Cannes bis Venedig gefeierte Werke etablierter Autorenfilmer zu zeigen, etwa Kim Ki-duks Dream, und daneben Kampfkunst-Filme und andere Genre-Produktionen auf die Leinwand zu bringen. Die Spannbreite reicht von der Literaturverfilmung Schnee im Frühling bis zum trashigen Monsterfilm Monster X Strikes Back: Attack the G8 Summit!. Da dürfte jeder
Filmfan auf seinen Geschmack kommen.
Gegenüber dem Vorjahr hat sich auf den ersten Blick wenig geändert. Das Konzept und die Spielstätte im stilvollen Gloria-Palast haben sich bewährt. Aber das Festival ist weiter gewachsen, mit den Wiederholungen kann man jetzt volle zwei Wochen lang die ostasiatische Filmkunst genießen. Die Anzahl der Filme in der aktuellen Programmschiene ist dabei kaum gestiegen, aber es gibt eine tolle Neuerung: In der Reihe »Asia Spezial« werden moderne Klassiker des ostasiatischen Films gezeigt.
Die Gelegenheit, seine Lieblingsfilme noch einmal auf einer riesigen Leinwand zu sehen!
Die Reihe reicht von Godzilla, der Mutter aller japanischen Monsterfilme, über Ghost in the Shell bis Tiger & Dragon und
Hero. Dazu Appleseed als Einstimmung auf die Fortsetzung, die in der aktuellen Programmschiene läuft und einige Geheimtipps, etwa Go, die packende Geschichte eines Jugendlichen aus der koreanischen Minderheit in Japan, oder Beyond Hypothermia über eine (im wahrsten Sinne des Wortes) eiskalte Killerin – mein Favorit!
Auf den ersten Blick scheinen in dieser Reihe fast alle wichtigen, epochalen Filme vertreten, bis auf die von John Woo, Johnnie To oder Kim Ki-duk, die schon in den vergangenen Jahren auf dem Festival gezeigt wurden. Bei genauerem Nachdenken fallen einem aber doch noch ein paar andere würdige Kandidaten ein, so
dass die Reihe unbedingt im nächsten Jahr fortgesetzt werden sollte.
Und dann gibt es noch die durch den Eröffnungsfilm gefeaturete Wong-Kar-wai-Retrospektive. Das Filmmuseum redet schon jahrelang davon sie abzuhalten, hier findet sie endlich statt. Zwar fehlen die Kurzfilme und Drehbucharbeiten des Hongkong-Chinesen sowie sein amerikanischer Film My Blueberry Nights, der schon letztes
Jahr auf dem Festival lief, richtig vermissen wird man aber allein die ursprüngliche Fassung von Ashes of Time Redux. Die wäre als direkter Vergleich zum »Redux« sehr reizvoll gewesen.