24.05.2012

Occupy UNDERDOX!

Karmakars Visualisierung der Elliott-Welle
Karmakars Visua­li­sie­rung der Elliott-Welle

UNDERDOX, das inter­na­tio­nale Film­fes­tival für Dokument und Expe­ri­ment, feiert in der Mitte seiner Vorbe­rei­tung wieder Halbzeit: in diesem Jahr unter dem Thema »Demo­kratie und Arbeit«.

Von Dunja Bialas

Von Dunja Bialas*

Demo­kratie und Arbeit: Wenn man beides nicht mehr hat, dann zerbricht die Gesell­schaft. Im Dezember 2011 wurde im Berliner Haus der Kulturen der Welt ein Symposium mit dem Titel »Angriff auf die Demo­kratie – Eine Inter­ven­tion« abge­halten: Publi­zisten, Künstler und Intel­lek­tu­elle machten sich Gedanken darüber, was Demo­kratie heute eigent­lich bedeutet, wieso die Finanz­märkte in der Krise sind und warum sich unsere Gesell­schaft in einer post-demo­kra­ti­schen Ära befindet. Redner wie Franziska Augstein, Ingo Schulze und Roger Willemsen durch­leuch­teten das Undurch­schau­bare und riefen zur Wieder­er­lan­gung der Mündig­keit auf. Auch Regisseur Romuald Karmakar war mit einem Beitrag vertreten: Er zeigte einen kurzen Film mit dem langen Titel »Ralph N. Elliott entdeckte, dass die Bewegung der Märkte allein durch das psychi­sche Verhalten der Markt­teil­nehmer wieder­ge­geben wird«.

Karmakar hat aus den Aufnahmen, die das Symposium doku­men­tieren, einen hoch­kon­zen­trierten Film montiert. Heraus­ge­kommen ist ein leiden­schaft­li­ches, kollek­tives Plädoyer für eine selbst­be­wuss­tere Welt, ein Film, der sich zugleich der Faszi­na­tion des vorge­tra­genen Wortes hingibt und es in seinen Moda­litäten vorführt: Hier wird gespro­chen, argu­men­tiert, schnell geredet, sich verspro­chen, wütend gespro­chen, es werden Gedanken aufgebaut, zuge­spitzt, es wird appel­liert und plädoy­iert. Romuald Karmakar folgt in seinem Montage-Film der Tradition seiner Filme, die sich vor allem auf den Inhalt des Wortes versehen. Vor allem, aber nicht nur: Angriff auf die Demo­kratie – Eine Inter­ven­tion ist auch ein Film über Rhetorik, Atem­lo­sig­keit, Neutra­lität, Enga­ge­ment, der einen regel­rechten Sog der Gedanken und Worte entwi­ckelt. In ihn gerät man hinein, in ihm beginnt man mitzu­denken.

Angriff auf die Demo­kratie – Eine Inter­ven­tion (D 2012, 102 Minuten),
Donnerstag, 24. Mai 2012 um 19.00 Uhr. In Anwe­sen­heit von Romuald Karmakar!

Wenn der Demo­kratie die Arbeit ausgeht, dann ist man froh, wenn sich neue Geld­quellen auftun. Neue Geld­quellen tun sich auf bei der Fort­set­zung der UNDERDOX-Halbzeit mit dem Spieler-Film Monarch.
Dieter Wendtland ist Spieler, er wird in der Szene ehrfürchtig »Monarch« genannt, weil er (fast) jeden Spiel­au­to­maten aushebeln kann. Für ihn ist Spielen Arbeit. Seine Tage verbringt er in Eckkneipen vor Geräten der Marke »Mint« und leert die »Gurken« mit System. »Fideln gehen« ist sein Beruf, für ein Monats­ge­halt reist er quer durch die Bundes­re­pu­blik. Der Film ist das Porträt eines Beses­senen, das in verrauchte Hinter­zimmer und freudlose Hotel­zimmer blickt, mit der großar­tigen Patina der späten 70er Jahre.

Johannes Flütsch & Manfred Stelzer: Monarch (BRD 1980, 84 Minuten),
Samstag, 26.05.2012, 20:30 Uhr, Werk­statt­kino

Arbeit kann auch Vergnügen sein, und Vergnügen ist bisweilen Arbeit, gerade diese Unter­schei­dung ist ja beim UNDERDOX-Festival oftmals obsolet. So wird auch im UNDERDOX-Halbzeit-Salon diversen Fragen nach­ge­gangen: Was machen die Deutschen zwischen vier und sechs? Was eigent­lich sind unstän­dige Hafen­ar­beiter, und was genau ist ein »Kammacher«? Mit Kurz­filmen von u.a. Corinna Schnitt, Jürgen Böttcher, Stefan Hayn, Karl Heil & Bärbel Freund. Ein frühes Fake Docu­men­tary zeigt dabei, dass man es mit der Arbeit nicht immer Ernst genommen hat.

UNDERDOX-SALON, Samstag, 26.05.2012, 22:30 Uhr, Werk­statt­kino

Weitere Infor­ma­tionen unter www.underdox-festival.de.

* Die Autorin ist Co-Leiterin des UNDERDOX-Film­fes­ti­vals.