Der Geschmack der Kirsche |
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Eine Straße als Metapher des Aufbruchs: Roads of Kiarostami |
Von Dunja Bialas
1978, islamische Revolution in Iran. Allein in Teheran werden über 30 Kinos in Brand gesteckt. Die Kinos sind Zielscheibe der Islamisten, repräsentieren sie doch die westliche Unterhaltungskultur. Das Cinema Rex in Abadan wird zum traurigen Symbol eines erschreckenden Bildersturms: Über 400 Menschen sterben bei den Kämpfen. In den Folgejahren schließt sich ein allgemeines Kinosterben an: die Säle werden umgebaut zu Einkaufszentren, Boutiquen, Restaurants oder Werkstätten. Die iranische Filmproduktion wird nahezu auf Null heruntergefahren, die Zensur von inländischen und ausländischen Filmen ist gang und gäbe. An ihre Stelle treten »revolutionäre Filme«, die Märtyerertum, Opfer- und Kriegsbereitschaft unter das Volk bringen wollen.
Ende der 70er Jahre also drohte das iranische Kino unterzugehen. Und doch hatte vier Jahre vorher, 1974, ein Regisseur auf dem Kinderfilmfest in Teheran auf sich aufmerksam gemacht, der zwanzig Jahre später mit Quer durch den Olivenhain ein neues iranisches Kino weltbekannt machen sollte: Abbas Kiarostami. Er kann unwidersprochen als Erneuerer einer Kultur gelten, die bereits dem Tod geweiht war. (Vgl. Histoire du cinéma iranien 1900-1990, hrg. Cinéma du Réel, Paris 1999)
Kiarostami ist Vertreter einer ersten Generation von Filmemachern, die für eine neue Qualität des iranischen Kinos einstehen und spürbar machen, welch narratives und ikonisches Potential in der persischen Kultur liegen mag. Oft sind die Helden ihrer Erzählungen Kinder, ihre Geschichten enthalten eine starke metaphorische Ebene: Erzählt wird im Uneigentlichen, in den Anspielungen, auch um die Zensur zu umschiffen. Die aber, die ihre Filme wirklich verstehen, verstehen auf Anhieb, worum es geht.
Von diesem Donnerstag an widmet sich die Galerie Kullukcu in München drei Tage lang drei Generationen iranischer Filmemacher. Abbas Kiarostami (*1940), Jafar Panahi (*1960) und Asghar Farhadi (*1972) stehen dabei stellvertretend für das neue iranische Kino, das fortwährend von der Zensur bedroht ist – man denke nur an das 2010 über Jafar Panahi verhängte 20 Jahre lange Berufsverbot. Gleichzeitig finden ihre Filme international beachtliche Aufmerksamkeit wie zuletzt Pradé von Panahi, der dieses Jahr in Berlin mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde.
Drei Generationen Filmemacher in drei Tagen. Das Programm, das viele Kurzfilme und unbekannte Spielfilme der drei großen Namen bereithält, wurde von der in Teheran geborenen Filmemacherin Narges Kalhor und dem iranischen Dramaturgen Aydin Alinjead kuratiert. Ein lohnenswerter Blick in ein Filmschaffen, das trotzt allem, wie aus einer inneren Notwendigkeit heraus, entstanden ist.
IRAN CINEMA – Drei Generationen iranische Filmemacher. 14.-16. März 2013, Galerie Kullukcu, Schillerstr. 23, München.