Der Münchener Literatur-Fernsehpreis |
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Der Autor und Dramaturg Oliver Storz in Dominik Grafs Lawinen der Erinnerung |
Von Dunja Bialas
Das Fernsehen und die Literatur sind seit dem Ende des berühmt-berüchtigten »Literarischen Quartetts« eine bisweilen problematische Liaison eingegangen, die aber, trotz ihrer Unsichtbarkeit mit Sendeplätzen oft erst nach Mitternacht, durchaus vital ist. Die Landeshauptstadt München vergibt, um durch Anerkennung der Literatur im Fernsehen zu ihrem Recht zu verhelfen, seit 1991 zusammen mit dem Literaturhaus den LiteraVision-Preis für Fernsehbeiträge, die sich vorbildhaft, vermittelnd, im audiovisuellen Medium mit Literatur befassen. Dotiert ist der Preis, der in den Kategorien Kurz- und Langbeiträge vergeben wird, mit jeweils 5000 Euro, was als Signal für die jeweiligen Fernsehproduzenten und Programmredakteure verstanden sein will, Literatur im Fernsehen zu wagen.
Anders als im Fernsehen, das in vielen Bereichen, die es produziert, so auch im Dokumentarfilm, oftmals nicht den eigenen Produktionen zu vertrauen scheint – indem es diese, trotz vielfältiger Kritik, beharrlich in den letzten Winkeln seines Programms versteckt – stellt LiteraVision die Literatur-Fernsehbeiträge in öffentlichen Vorführungen auf großer Leinwand aus. Erstmals im Rahmen des Münchner Literaturfests können am kommenden Freitag und Samstag die zwölf kurzen und langen Anwärter auf den Preis, ausgewählt aus über sechzig bundesweiten Einreichungen, im Literaturhaus gesehen und der öffentlich abgehaltenen Jurysitzung beigewohnt werden.
Um eine ungefähre Ahnung zu geben, wie hochkarätig Fernsehen sein kann, sei auf zwei Langbeiträge hingewiesen, die allemal die große Projektion verdient haben. Dominik Graf ist bekannt als TV-Regisseur, der sich auch in Kino und Literatur bestens zurecht findet (soeben wurde sein Schiller-Film Die geliebten Schwestern als deutscher Beitrag um den Oscar für den besten ausländischen Film ins Rennen geschickt). Er hat sich mit der Größe des deutschen Fernsehschaffens auseinandergesetzt. In Lawinen der Erinnerung lässt er Oliver Storz, Drehbuchautor, Dramaturg und Produzent von Fernsehspielen, aber auch später Autor von Literatur (sein bekanntestes Werk ist der Erinnerungsroman »Die Freibadclique«) in die Tiefe der Vergangenheit und seiner Memoiren hinabsteigen. Ein dichtes Dokumentarfilm-Essay, das in seiner unaufgeregten Form, in der sich Gespräche, Archivmaterial und Filmausschnitte abwechseln, aufmerksame Unterhaltung widerspiegelt, gerade so, wie es beim Lesen von Literatur wichtig wird. (Freitag, 28.11., 14:00 Uhr, Literaturhaus Forum)
Ein anderer Literat, der sich dem Film öffnete, ist Thomas Brasch, der Dichter zwischen DDR und BRD. 1976 verließ er infolge eines Ausreiseantrags die DDR, fand Aufnahme im mächtigen P.E.N.-Zentrum der Bundesrepublik. Sein Freund Christoph Rüter hat ihn bei seinen Lesungen und Zusammenkünften mit anderen Größen der Literaturszene oft mit der Kamera begleitet. Mit seinen Aufnahmen und den zahlreichen selbst gedrehten Filmentwürfen Braschs, erzählt »Brasch. Das Wünschen und das Fürchten« von dessen widersprüchlichen Existenz und seinem Schaffen zwischen den Welten, politischen wie emotionalen. (Samstag, 29.11., 14:00 Uhr, Literaturhaus Forum)