Kinos in München – Berlinale-Kamera für Marlies Kirchner
Höchste Filmkunst! |
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Bei der Preisübergabe: Marlies Kirchner empfängt die Berlinale-Kamera von Dieter Kosslick (Foto: privat) |
Von Dunja Bialas
Sie hat das schönste Kino der Stadt und beglückt in diesem seit nun fast sechzig Jahre die Cineasten mit Filmen im Original mit Untertiteln: Marlies Kirchner. Zusammen mit ihrem Mann Walter Kirchner brachte sie die aufsehenerregendsten und bahnbrechendsten Filme im Verleih der Neuen Filmkunst Walter Kirchner ins Kino und trug damit maßgeblich zur Cinephilie mehrerer Generationen bei. Zunächst im Kino Theatiner Filmkunst, das noch heute mit seiner Namensgebung an den mittlerweile aufgelösten Verleih erinnert, später auch in der Lupe 2 im Schwabinger Fuchsbau, einer weiteren, leider seit langem verschwunden Kino-Kultstätte Münchens.
Für alles, was sie für das Kino getan hat und immer noch tut, für das Glück, das sie den meist romanistisch orientierten Cineasten mit Filmen im französischen, spanischen oder italienischen Original bereitet, bekam Marlies Kirchner jetzt von Berlinale-Leiter Dieter Kosslick eine der höchsten Ehren-Auszeichnungen der Berlinale überreicht: die Berlinale-Kamera.
Marlies Kirchner liebt ihr Kino, die Theatiner Filmkunst, und sie liebt das Kino und die Filme. Fast zufällig kam sie zu ihrer Leidenschaft: Sie hatte an einer Polyglott-Sprachschule Fremdsprachen studiert, und ihre Kenntnisse führten sie zusammen mit ihren Bruder Ernst Liesenhoff und später mit ihrem Mann zu den Filmfestspielen nach Cannes, um dort Verhandlungen zu führen. 1957 übernahm das Ehepaar Kirchner die Theatiner Filmkunst in München, und konnte hier fortan die Filme des 1953 gegründeten Verleih Neue Filmkunst Walter Kirchner zeigen. Zunächst waren das Stummfilme aus den 20ern, die poetischen Realisten der 30er Jahre und unter den Nazis verbotene Filme, später holte die Neue Filmkunst mit den Neorealisten und der Nouvelle Vague auch ein neues Filmgefühl nach Deutschland.
Seit 1975, also seit mehr als vierzig Jahren macht Marlies Kirchner dies nun allein, zusammen mit getreuen Mitarbeitern: Klaus Fuchsberger, Bernd Brehmer und seit einigen Jahren der Familie Holzscheiter.
Das Theatiner der Marlies Kirchner sorgte jahrelang bundesweit für die höchsten Zuschauerzahlen im OmU-Segment, das die Kinobetreiber sonst scheuen. Noch bis zum Ende des analogen Film-Zeitalters vor wenigen Jahren zog man extra für sie eine Kopie des gewünschten Films. Es lohnte sich.
Erwähnt werden muss auch, dass sie sich nicht auf die Fremdsprachen, die man landläufig in der Schule lernt, beschränkt. Als echte Cineastin weiß sie von dem Glück, wenn die Originalsprache zu hören ist, und sie weiß, dass auch die arabische, japanische, türkische oder russische Sprache durch keine Synchronisation zu ersetzen ist. Als Frau von Welt steht sie mit der Auszeichnung mit der Berlinale-Kamera jetzt verdientermaßen neben Lauren Bacall, Meryl Streep oder Juliette Binoche, und neben Michael Ballhaus, Erika und Ulrich Gregor und Günther Rohrbach.
Artechock gratuliert Marlies Kirchner zur Berlinale-Kamera!