Film ab! |
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Jetzt beim Theaterfestival Radikal jung und als Film auf dem Dokfest: Das Crossmedia-Projekt der Künstlerin Samira Elagoz (Foto: Film Craigslist Allstars) |
Von Dunja Bialas
Mit seiner 13. Ausgabe kommt »Radikal jung«, das immer noch junge Theaterfestival der »jungen Stücke« doch immerhin in die Backfisch-Zeit. Mit der Pubertät musste es nun erkennen: Es ist nicht mehr zeitgemäß, sich wie bislang »Festival junger Regisseure« zu nennen. Zumal das diesjährige Programm sich aus Inszenierungen von sechs Regisseurinnen bestückt, gegenüber drei ihrer männlichen Kollegen. Jetzt nennt es sich »Festival junger Regie« und hebt damit den künstlerischen Akt, nicht die etwaige Genderfrage ins Blickfeld.
Geschlechtergleichheit ist also kein dringliches Thema für die junge Theaterregie ist. »Pro Quote Regie«, eine Initiative von Filmregisseurinnen, beißt sich derweil die Zähne an den männerdominierten Arbeits- und Vergabestrukturen der Filmförderungen und Fernsehredaktionen aus.
Interessanterweise scheint für das junge Theater jedoch wiederum der Film Leitmedium zu sein.
Zumindest zwei der neun Stücke, die ab dem 28. April im Münchner Volkstheater zu sehen sind, befassen sich mit dem audiovisuellen Medium. Die gebürtige Münchnerin Nora Abdel-Maksoud befasst sich gerne mit dem Apparat anderer Künste, ihr Satirestück KINGS mit bissigen Blicken auf den Kunstbetrieb wurde vor drei Jahren begeistert aufgenommen. Nun hat sie sich den Film vorgenommen. In ihrem Stück THE MAKING-OF, das im Januar Premiere am Berliner Maxim-Gorki-Theater hatte, inszeniert sie die Nöte einer Filmregisseurin, die ein Remake zu einem Superheldenfilm vorhat. THE MAKING-OF ist, so die Stückebeschreibung, »in Echtzeit geschnitten und ganz ohne Kamera«. Was also ist mit Montage, den wechselnden Perspektiven (aka Kameraeinstellungen) und den Outtakes?
Was hat wohl das Theater vom Film gelernt?
(THE MAKING-OF von Nora Abdel-Maksoud, Regie: Nora Abdel-Maksoud, Premiere: Maxim Gorki Theater Berlin. Aufführung: 30.4. und 1.5., 19:30 Uhr, Volkstheater, Große Bühne)
Ein weiteres Stück befasst sich mit dem Transponieren audiovisueller Reproduzierbarkeit in bühnenhafte Echtzeit-Präsenz. COCK, COCK.. WHO’S THERE? der in Amsterdam lebenden Künstlerin Samira Elagoz lag zunächst ein Kunstprojekt zugrunde, aus dem ein Film entstand, dessen Material wiederum nun in COCK, COCK.. WHO’S THERE? auf die Bühne gelangt. Ein vielschichtiges, crossmediales Projekt also, dem ein autobiographisches Erlebnis den Impuls gab. Angetrieben von einem traumatischen sexuellen Ereignis suchte Elagoz weltweit Männer auf, die sie zuvor im Internet kontaktiert hatte. In deren Wohnzimmer stellte sie die Kamera auf und dokumentierte die Begegnung mit den unbekannten Fremden. Elagoz zeigt sich in den Treffen mit extremen Persönlichkeiten als äußert wagemutig. Motto: Lass mich Subjekt werden, damit ich nicht untergehe. Ein Teaser zu ihrer im YouTube-Style gehaltenen Videodokumentation findet sich auf dem Vimeo-Kanal der Künstlerin. Hier erhält man eine Ahnung von ihrer Vielseitigkeit und ihrer ganz und gar unerschrockenen Radikalität, wie sie nur die Jugend haben kann.
(COCK, COCK.. WHO’S THERE? von Samira Elagoz., Regie: Samira Elagoz, Aufführung: 7.5., 10:30 Uhr, Volkstheater, Große Bühne, ab 18 Jahren, in englischer Sprache. Der zum Stück gehörende Dokumentarfilm Craigslist Allstars ist begleitend zu »Radikal jung« auf dem Dokfest in München zu sehen, 8.5., 21 Uhr, HFF)
RADIKAL JUNG. Das Festival für junge Regie.
28.4.-7.5.2017, Volkstheater München, Brienner Str. 50, 80333 München. Karten unter 089 / 523 46 55. Mehr Informationen unter www.muenchner-volkstheater.de