27.04.2017

Film ab!

Craigslist Allstars
Jetzt beim Theaterfestival Radikal jung und als Film auf dem Dokfest: Das Crossmedia-Projekt der Künstlerin Samira Elagoz (Foto: Film Craigslist Allstars)

Spot on auf zwei junge Stücke, die den Film auf die Bühne bringen. Zu sehen beim Theaterfestival »Radikal jung« in München

Von Dunja Bialas

Mit seiner 13. Ausgabe kommt »Radikal jung«, das immer noch junge Thea­ter­fes­tival der »jungen Stücke« doch immerhin in die Backfisch-Zeit. Mit der Pubertät musste es nun erkennen: Es ist nicht mehr zeitgemäß, sich wie bislang »Festival junger Regis­seure« zu nennen. Zumal das dies­jäh­rige Programm sich aus Insze­nie­rungen von sechs Regis­seu­rinnen bestückt, gegenüber drei ihrer männ­li­chen Kollegen. Jetzt nennt es sich »Festival junger Regie« und hebt damit den künst­le­ri­schen Akt, nicht die etwaige Gender­frage ins Blickfeld.

Geschlech­ter­gleich­heit ist also kein dring­li­ches Thema für die junge Thea­ter­regie ist. »Pro Quote Regie«, eine Initia­tive von Film­re­gis­seu­rinnen, beißt sich derweil die Zähne an den männer­do­mi­nierten Arbeits- und Verga­be­struk­turen der Film­för­de­rungen und Fern­seh­re­dak­tionen aus.
Inter­es­san­ter­weise scheint für das junge Theater jedoch wiederum der Film Leit­me­dium zu sein. Zumindest zwei der neun Stücke, die ab dem 28. April im Münchner Volks­theater zu sehen sind, befassen sich mit dem audio­vi­su­ellen Medium. Die gebürtige Münch­nerin Nora Abdel-Maksoud befasst sich gerne mit dem Apparat anderer Künste, ihr Sati­res­tück KINGS mit bissigen Blicken auf den Kunst­be­trieb wurde vor drei Jahren begeis­tert aufge­nommen. Nun hat sie sich den Film vorge­nommen. In ihrem Stück THE MAKING-OF, das im Januar Premiere am Berliner Maxim-Gorki-Theater hatte, insze­niert sie die Nöte einer Film­re­gis­seurin, die ein Remake zu einem Super­hel­den­film vorhat. THE MAKING-OF ist, so die Stücke­be­schrei­bung, »in Echtzeit geschnitten und ganz ohne Kamera«. Was also ist mit Montage, den wech­selnden Perspek­tiven (aka Kame­ra­ein­stel­lungen) und den Outtakes? Was hat wohl das Theater vom Film gelernt?

(THE MAKING-OF von Nora Abdel-Maksoud, Regie: Nora Abdel-Maksoud, Premiere: Maxim Gorki Theater Berlin. Auffüh­rung: 30.4. und 1.5., 19:30 Uhr, Volks­theater, Große Bühne)

Ein weiteres Stück befasst sich mit dem Trans­po­nieren audio­vi­su­eller Repro­du­zier­bar­keit in bühnen­hafte Echtzeit-Präsenz. COCK, COCK.. WHO’S THERE? der in Amsterdam lebenden Künst­lerin Samira Elagoz lag zunächst ein Kunst­pro­jekt zugrunde, aus dem ein Film entstand, dessen Material wiederum nun in COCK, COCK.. WHO’S THERE? auf die Bühne gelangt. Ein viel­schich­tiges, cross­me­diales Projekt also, dem ein auto­bio­gra­phi­sches Erlebnis den Impuls gab. Ange­trieben von einem trau­ma­ti­schen sexuellen Ereignis suchte Elagoz weltweit Männer auf, die sie zuvor im Internet kontak­tiert hatte. In deren Wohn­zimmer stellte sie die Kamera auf und doku­men­tierte die Begegnung mit den unbe­kannten Fremden. Elagoz zeigt sich in den Treffen mit extremen Persön­lich­keiten als äußert wagemutig. Motto: Lass mich Subjekt werden, damit ich nicht untergehe. Ein Teaser zu ihrer im YouTube-Style gehal­tenen Video­do­ku­men­ta­tion findet sich auf dem Vimeo-Kanal der Künst­lerin. Hier erhält man eine Ahnung von ihrer Viel­sei­tig­keit und ihrer ganz und gar uner­schro­ckenen Radi­ka­lität, wie sie nur die Jugend haben kann.

(COCK, COCK.. WHO’S THERE? von Samira Elagoz., Regie: Samira Elagoz, Auffüh­rung: 7.5., 10:30 Uhr, Volks­theater, Große Bühne, ab 18 Jahren, in engli­scher Sprache. Der zum Stück gehörende Doku­men­tar­film Craigs­list Allstars ist beglei­tend zu »Radikal jung« auf dem Dokfest in München zu sehen, 8.5., 21 Uhr, HFF)

RADIKAL JUNG. Das Festival für junge Regie.
28.4.-7.5.2017, Volks­theater München, Brienner Str. 50, 80333 München. Karten unter 089 / 523 46 55. Mehr Infor­ma­tionen unter www.muenchner-volks­theater.de