Big Best Buddies Daddy |
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Richard Donner (1930-2021), im Jahr 2006 | ||
(Foto: Tostie14, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons) |
Von Axel Timo Purr
»People say, You paid your dues, but I never paid any dues. It’s always been a great trip.« – Richard Donner
Wer in den 70er und frühen 80er Jahren mit dem Neuen Deutschen Film sozialisiert wurde, für den waren die Filme Richard Donners entweder eine Sünde an Gott und Glauben (zumindest was den Film betraf), oder das ganze Gegenteil: eine wirkliche Befreiung.
Dass es dazu kommen konnte, dass Donner einmal diesen Stellenwert einnehmen würde, war dann allerdings doch ein wenig überraschend, denn wie so viele Regisseure seiner Generation durchlief Donner, der 1930 als Richard Donald Schwartzberg als Kind jüdischer Eltern in der Bronx zur Welt kam, keinerlei Filmhochschulausbildung, sondern fiel als Schauspieler irgendwie sehr schnell und fast zufällig ins Regiefach durch, drehte ein paar Serienfolgen ab und 1961 mit Charles Bronson und der Marlboro-Werbe-Ikone David Mclean seinen ersten abendfüllenden Spielfilm X-15. Erst 1968 folgte dann mit SALZ UND PFEFFER eine Agentenkomödie, die es wegen ihrer drastischen, fast schon abstrusen Gewaltszenen noch heute in sich hat.
Doch so richtig ins Rollen kam Donners Karriere erst in den 1970ern, als er mit THE OMEN (1976) nicht nur einen der größten Horrorschocker des Jahrzehnts ablieferte, sondern 1978 mit Christopher Reeve als SUPERMAN einen Meilenstein des Superheldenfilms schuf, der den späteren Mainstream-Erfolg der Superheldenfilme (der bis heute ungebrochen anhält) nicht nur vorwegnahm, sondern mit bis dahin ungesehenen Special Effects, kommerziellem Erfolg, guten Kritiken und vor allem der Mahnung, die Figur des Superhelden ernstzunehmen, regelrecht zementierte.
Donners jedoch wohl größter Erfolg war seine innovative Behandlung des leicht in die Tage gekommenen Buddy-Cop-Films, das nach Klassikern wie Akira Kurosawas Stray Dog (1949), In the Heat of the Night (1974) oder 48 Hrs. (1982) nur mehr müde dahindümpelte. Donner setzte ein Drehbuch des damals noch jungen Shane Black (der später für die Drehbücher von The Last Boy Scout und die Regie von Iron Man 3 und The Nice Guys bekannt wurde), kongenial um und schuf mit Mel Gibson und Danny Glover in den Hauptrollen (und Joe Pesci in einer überragenden Nebenrolle) ein Franchise von vier Filmen, das die Buddy Cop-Filme bis heute prägt – von Fernsehkost à la Tatort bis zu so innovativen wie durchgeknallten Buddy-Cop-Franchises wie Bad Boys for Life.
Das lag nicht nur daran, dass Donner in Lethal Weapon (1987-1998) die in diesem Genre üblichen ungleichen Ermittlertypen überaus kreativ aufeinanderhetzte (und Gibson und Glover den Weg zu Ruhm und Ehre ebnete), sondern dass er diese Nähe-Distanz bzw. Liebe-Hass-Beziehung mit homoerotischem Augenzwinkern auflud, die afro-amerikanische Seite von Glover auch um eine Rassismuskomponente erweiterte und auch vor politischen Botschaften nicht zurückschreckte und nebenbei erschütternde Bild- und Todeskompositionen fand, um seine Helden aus dem Tritt zu bringen. So wie etwa in Lethal Weapon 2 – Brennpunkt L.A. der Mord an der Südafrikanerin Rika van den Haas (Patsy Kensit), der in seiner stillen Wucht nicht nur Detective Martin Riggs (Mel Gibson) nachhaltig traumatisieren sollte.
Doch das vielleicht innovativste Element dieser Reihe war sein im Eingang schon erwähnter (unfreiwilliger) Bezug zum Neuen Deutschen Film. Denn anders als etwa in Wim Wenders' Im Lauf der Zeit, in dem die „Buddies“ Rüdiger Vogler und Hans Zischler bis zum Ende am Leben und ihrem Erwachsensein leiden, gehen Donners Helden in Lethal Weapon den umgekehrten Weg. Sie lassen das Erwachsensein einfach hinter sich und entscheiden sich für eine zweite Kindheit. Damit lagen Donners Helden am amerikanischen Puls der Zeit (man denke etwa an Spielbergs Indiana Jones), doch konfrontierte Donner sein Personal weiterhin mit soviel krimineller und politischer Realität, dass das Zerren um Identität das eigentliche Herzstück dieses Franchise wurde, ein Zerren, das gerade durch seine Sehnsucht nach Spaß, Leben (und Zerstörung) nicht weiter entfernt vom inzwischen in die Jahre gekommenen jungen deutschen Film sein konnte.
Mit einem Buddy-Cop-Film beschloss Donner 2006 dann auch seine Regie-Karriere. In 16 Blocks ringen Bruce Willis und Mos Def mit ihrer Beziehung und ihrem Leben als Polizisten, so wie eh und je in Donners zentralem Werk, aber Donners letzter Film kam weder bei Kritikern noch dem Publikum so gut an wie seine Klassiker. Doch Donner dürfte es egal gewesen sein. Denn bis dahin hatte er mit MAVERICK und den GOONIES nicht nur weitere Regieerfolge, sondern auch als Produzent mit den X-Men (2000), dem Oliver Stone-Sportfilm Any Given Sunday (1999) und FREE WILLY (1993) Erfolge verbucht.
Nach FREE WILLY, das sei allen artechock-Lesern verraten, ist übrigens bis heute ein zentraler Bereich des artechock-Webservers benannt, auf dem die neuen Text- und Kinoprogrammseiten jede Mittwochnacht auf den Live-Server geschoben werden. So unermüdlich und stetig wie Richard Donner, der die letzten Jahre zwar keine Filme mehr machte, aber noch im Jahr 2018 mit seinem Assistenten Geoff Johns eine Geschichte für den 1000. Action Comics Band schrieb.
Es war eine Geschichte über Superman, den Superman, mit dem seine Karriere im Blockbuster-Kino ja angefangen hatte. Und dass es eine Rückkehr zur Vorlage, zum Ursprung (fast) aller Superheldenfilme war, zum Comicheft, ist dann fast schon wieder so romantisch und schön wie Donners so liebenswerten wie politisch und moralisch fragwürdigen Buddy-Cops, die bis zum Ende versuchen, ihre verlorene Kindheit zu retten. Und dafür bereit sind so ziemlich alles zu tun.