Rebellion is on! |
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Unter Klamotten versteckt: Sweetheart eröffnet Bimovie 28 | ||
(Foto: Overacliff Ltd.) |
Von Dunja Bialas
Vielsagend benannt nach den Produktionen, die nicht so viel Budget haben und deshalb andere Wege gehen müssen, sorgt das Festival BIMOVIE – Eine Frauenfilmreihe mit kurzer Unterbrechung seit über dreißig Jahren dafür, dass in München bereits in den Achtzigerjahren Filme von und für Frauen zu sehen waren. Aber auch Filme, die die geschlechtliche Zuordnung in Frage stellen: »Bi-Movie« bennent auch das Dazwischen der Geschlechter. Damit ist BIMOVIE auch so etwas wie ein Queerfilmfestival avant la lettre, ohne jedoch jemals die Frauenperspektive mit allen Begleiterscheinungen – Menstruation, Emanzipation, Lesbentum – aufzugeben. Auch wenn heute viele lieber von »Homosexuellen« sprechen, um das Geschlecht nicht zu betonen.
Selbst der queere Film ist trotz bundesweiter Netzwerke wie Queerscope und Grußworten von Claudia Roth noch immer Nische – und der Frauenfilm ist es heute allemal. Frau oder Feminstin zu sein scheint heute irgendwie nicht mehr »in« und ist auch keine einfache Position: im Fahrwasser kommen apokalyptische Beschwörungen vom »Verschwinden der Frauen« dazu, die man nur mühsam abwehren kann, wenn man beispielsweise aufs eigene Frausein mit ureigenen Erfahrungswelten besteht.
Bimovie übersieht solche Problemlagen, zum Glück. Im diesjährigen, 28. Programm, zeigen die »Geierwallis«, wie sich das im legendären Kulturladen Westend beheimatete Team selbstironisch nennt, die ganze Bandbreite dessen, was man sich im 21. Jahrhundert unter »Frauenfilm« vorstellen kann. Alle Vorführungen finden im Kino Neues Maxim statt.
Mit einer Liebesgeschichte geht es bei der Eröffnung los. Die Britin Marley Morrison, die als Newcomerin des letzten Jahres gilt, inszeniert in ihrem vielfach ausgezeichneten Debütfilm Sweetheart einen jener grausamen Sommerurlaube, den man als Teenager mit den Eltern verbringen muss. Zwang und Langeweile machen sich breit, bis die Kleiderwahl jenseits der Rollenklischees eine unerwartete Wendung einleitet und ihre Protagonistin AJ sanft in eine zarte Liebesgeschichte hinübergleitet. (Do 3.11. 18:00, Sa 5.11. 20:30)
Alle lieben Patricia Highsmith: Loving Highsmith, so heißt auch der Dokumentarfilm von Eva Vitija über die Meisterin des psychologischen Thrillers. Ihr Privatleben und ihre Liebe zu Frauen ist heute noch Vielen unbekannt, »Carol«, den lesbischen Liebesroman, 2015 von Todd Haynes mit Cate Blanchett verfilmt, veröffentlicht sie unter Pseudonym. Eine Annäherung mit viel Archivmaterial und Auzügen aus ihren Tagebüchern, die in der deutschen Originalfassung von Maren Kroymann gelesen werden. (Do 3.11. 20:30, Di 8.11. 18:00)
Mit dem georgischen How the Room Felt geht es in einen queeren Safe Space in Kutaisi. Der Dokumentarfilm von Ketevan Kapanadze lässt die Gefahr und Bedrohung spüren, die in Osteuropa zunehmend das andere Geschlecht erlebt. Hier ist leider nichts mehr safe. (Fr 4.11. 20:30, So 6.11. 18:00)
Die immer noch problematische Situation von Alleinerziehenden wird im Programm nicht vergessen, aber um eine Stufe brisanter erzählt. Der Dokumentarfilm Be My Voice erzählt von der iranischen Journalistin und Aktivistin Masih Alinejad, die seit Jahren im Exil in den USA lebt (siehe auch Shirin Neshat LAND OF DREAMS, der diese Woche Kinostart hat). Masih ist die Initiatorin der Kampagne »My Stealthy Freedom«, in der es um die Selbstbestimmung der Frau geht – und ihre Freiheit, selbst zu wählen, ob sie ein Kopftuch trägt. Ein hochaktueller Film, von der iranisch-schwedischen Regisseurin Nahid Persson. (Sa 5.11. 15:30, Di 8.11. 20:30)
Bettina, das ist der Conter-Film zur Machophantasie Lieber Thomas. Bettina, das ist Bettina Wegner, die Sängerin (»Sind so kleine Hände«) aus West-, Ost-, dann wieder Westberlin, toxisch liiert mit dem Schriftsteller Thomas Brasch. Im Zentrum des Films von Lutz Pehnert steht jedoch die politsche Bettina Wegner, ihre Kritik an der DDR, ihre Sehnsucht nach einer Heimat. Ihre eigentliche Liebe galt einem Land, das sie nicht wollte, in dem sie nicht bleiben konnte. Und das ist in letzter Konsequenz gar nicht mehr ein weibliches Schicksal, aber beleuchtet eine, die sonst im Schatten der lauten Männer allzu leicht vergessen bleibt. (So 6.11. 20:30, Mi 9.11. 18:00)
Auch ein historischer Film findet sich im Programm, vom British Film Institute gelisteten Filme von »zu Unrecht übersehen Filme von Regisseurinnen«. Mit Flickan i frack (Mädchen im Frack) inszenierte die Schwedin Karin Swanström bereits 1926 einen genderqueere Geschichte, die alsbald in die Freud’schen Fänge zu geraten scheint, wenn sich eine Neurologin, Linguistin und eine Professorin für vergleichende Anatomie gegen das provinzielle Patriarchat zusammenschließen. (So 6.11. 15:30, Mo 7.11. 18:00, mit Live-Musik)
Bimovie 28 – Eine Frauenfilmreihe
03.-09.11.2022, Kino Neues Arena
Eine Veranstaltung von den Geiewallis und der Filmstadt München e.V.