Cinema Moralia – Folge 304
Der interessanteste Regisseur des Gegenwartskinos |
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Bertrand Bonellos neuer Film: The Beast | ||
(Foto: Filmfest Hamburg) |
»There will be always the music«
– Bertrand Bonello
Eine Stadt, mit der ich San Sebastián, wo ich gerade bin, schon öfters verglichen habe – und aus guten Gründen –, ist Hamburg, meine Geburtsstadt. Es ist eine Hafenstadt, sie ist kosmopolitisch und offener als viele, es ist eine Stadt, die unverwechselbar ist, die eine Eigenart hat und dann auch eigenes Lebensgefühl, eine Stadt, die übrigens ungefähr zur gleichen Zeit ein paar Mal deutscher Fußballmeister wurde, in der San Sebastiáns Fussballclub Real Sociedad auch seine große Zeit hatte.
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Das diesjährige Filmfest Hamburg wird ein sehr besonderes. Nach 20 Jahren hört Albert Wiederspiel als Leiter auf. Das ist ein Einschnitt und ein Verlust, auch wenn die neue Chefin bestimmt spannende Ideen hat.
Dazu demnächst noch mehr.
Jetzt wollen wir erwähnen, dass es beim Filmfest einige „Must see“-Ereignisse gibt. Der Tribute für Alicia Rohrwacher ist eines davon. Ihr neuer Film, La Chimera wurde in Cannes aus schwer verständlichen Gründen bei der Preisverleihung übergangen. Er ist zu sehen, wie anderes von dieser einmaligen Frau. (»Unique« kann man auf Deutsch nicht besser sagen, oder?)
Ebenso „unique“, nicht nur für Deutschland, ist der fesselnde, das Gemüt nachhaltig beschäftigende zweite Film von Timm Kröger: Die Theorie von Allem.
Er erlebt seine Deutschlandpremiere und eigentlich sollten alle, die endlich wieder mal einen überraschenden, unerwarteten deutschen Film sehen möchten, jetzt nach Hamburg fahren.
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Und schließlich: Mehr „unique“ als Bertrand Bonello kann man gar nicht sein. Ihm ist beim Filmfest Hamburg die zweite Werkschau gewidmet. Bonello ist, glaube ich, der gerade interessanteste Regisseur des Gegenwartskinos.
Wer denn sonst?
Und es ist – jetzt wird es »in eigener Sache« – mir mehr als eine Ehre, es ist ein sehr sehr großes Vergnügen, dass das Filmfest Hamburg mir angeboten hat, das Werkstattgespräch mit Bonello zu führen. Es findet am
Feiertag, 3. Oktober um 14 Uhr im Metropolis statt. Details hier.
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Das Filmfest schreibt dazu: »Zwei nonkonformistische Stimmen des europäischen Kinos sind zu Gast in Hamburg: Die italienische Regisseurin Alice Rohrwacher und der französische Regisseur Bertrand Bonello zeigen neben ihren jeweils aktuellen Filmen La Chimera und The Beast auch einige ihrer früheren Werke. Ausführliche Gespräche mit den Filmemacher·innen vor
Ort ergänzen das 2019 eingeführte Programmformat 'Gegenwartskino im Fokus'«.
»Beide verfolgen seit ihren Anfängen kompromisslos ihre filmischen Visionen, die thematisch gezeichnet sind von der Fusion von Realität und Fiktion.« (Programmleiterin Kathrin Kohlstedde)
Zu Bonello: »Obsessionen und Mystik in politisch aktuelle Fragestellungen einzubinden, ist auch zentral für den in Frankreich geborenen Bertrand Bonello – auch wenn er sich sonst in seinen Werken jeglicher kohärenten Narration entzieht. Zwischen der visuellen klinischen Klarheit von Bonellos Bildsprache und der fast gegenteiligen Verschachtelung seiner Handlungen, die von Zeitsprüngen, über Phantasmagorien hin zu Halluzinationen reicht, zeigen seine Filme eine große Leidenschaft für neue Erzählformen des modernen Kinos. Hier reiht sich auch lückenlos sein neuster Film The Beast ein, der bei den Filmfestspielen in Venedig läuft. Zwischen Liebesmelodram und Science-Fiction-Dystopie erzählt der Film innerhalb dreier Zeitebenen von Künstlicher Intelligenz, Liebe und gesellschaftlichen Umbrüchen der jeweiligen Epoche.«
Neben The Beast zeigt das Filmfest Hamburg auch die Filme Nocturama (2016) und Saint Laurent (2014). In seinem bis dahin aufwendigsten Film widmet sich Bonello dem gleichnamigen Modeschöpfer Yves Saint Laurent, dessen Leben geprägt war von Kunst, Affären und seiner Drogensucht. Gespielt wird Laurent von Gaspard Ulliel. Der Darsteller war auch für die Hauptrolle in The Beast vorgesehen, doch er verunglückte 2022 bei einem Skiunfall. Bertrand Bonello hat ihm seinen aktuellen Film The Beast gewidmet.
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In Venedig habe ich The Beast gesehen. Dies ist – versprochen! – ein Film, der ganz einmalig ist und der keineswegs alles umfasst, was Kino kann, aber der einiges von dem, was Kino kann, in absolut bester Weise verkörpert. Ein Film, dem man sich nicht entziehen kann, noch entziehen will, den man gerne immer länger sieht und wieder sieht und wieder... und wieder...
Es freut mich, dass auch andere das so wahrnehmen. Christoph, deutscher Produzent, bestätigte mir gestern, dass das auch ein witziger Film ist.
Wie toll, dass ein Film gleichzeitig intelligent ist und emotional und witzig. Er packt einen am Schlafittchen und lässt nicht mehr los.
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Und wer es jetzt immer noch nicht glaubt, den weise ich darauf hin, dass Léa Seydoux in der Hauptrolle quasi immer im Bild ist. Und ich empfehle den gewohnt detaillierten artechock-Podcast zur Premiere ín Venedig.
Bis nächste Woche also!
(to be continued)