dffb Statement for Peace |
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Jüdisches Leben in Berlin: Deborah Feldmans Unorthodox als Miniserie in der Netflix-Auswertung... | ||
(Foto: Netflix) |
Liebe Leser,
im Cinema Moralia 307 haben wir in der vergangenen Woche das aus unserer Sicht empörende Statement kritisiert, das als sogenannter Aufruf der dffb-Studenten antisemitischen Ansichten und kaum verklausuliertem Israelhass das Wort redet und außerdem das paranoide Szenario eines von Zensur beherrschten Deutschlands entwirft.
Nach wie vor hat sich die Studienleitung und die aktuell im Amt stehende Führung der dffb zu
dieser Veröffentlichung nicht öffentlich geäußert oder sich wie es geboten wäre von ihr distanziert – dies ist ein politischer Skandal, der Folgen nicht zuletzt für diese wichtige Berliner Filmhochschule selbst haben wird.
Umso mehr freuen wir uns, an dieser Stelle einen offenen Brief einiger dffb-Studentinnen und Studenten veröffentlichen zu können, der dieses öffentliche Bild zurecht rückt und sich eindeutig von jenem offenen Brief distanziert.
Wir möchten unsere
Leser aufrufen, diese Position unter den dffb-Studierenden auch öffentlich nachdrücklich zu unterstützen.
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Antwort auf das Statement von Studierenden der dffb und Anstoß einer anderen Gesprächskultur über die Situation im Nahen Osten
Wir, eine Gruppe von Studierenden und Alumni der DFFB, sind zutiefst erschüttert über den Brief und die Petition von einigen Studierenden, die darauf abzielt, die Palästinenser:innen zu unterstützen, die Meinungsfreiheit zu verteidigen und gegen Rassismus vorzugehen, während es sich dabei um einen antisemitischen, ungenauen Text handelt, der nicht zu Frieden und Ausgewogenheit aufruft, sondern vielmehr Ausdruck eines Mangels an moralischer Verantwortung und selektiver Empathie ist.
Wir verurteilen jede Form von Gewalt in Israel, dem Gazastreifen und der Westbank und sind zutiefst besorgt über die vielen getöteten und verletzten Zivilisten in diesem Konflikt und die wachsende humanitäre Krise. Wir sind gegen die Unterdrückung des palästinensischen Volkes sowohl durch die Hamas als auch durch die rechtsextreme israelische Regierung und hoffen auf eine Zukunft, in der Palästinenser:innen und Israelis in Frieden und Gleichheit zusammenleben können.
Mit Blick auf die Situation in Deutschland und Europa setzen wir uns für Menschenrechte, Demonstrations- und Meinungsfreiheit ein.
Ein Plädoyer für Frieden und Waffenstillstand hat jedes Recht, gehört zu werden!
ABER!
Ein Appell, der den historischen Kontext, die abscheulichen Gräueltaten der Hamas am 7. Oktober 2023 – dem blutigsten Tag der jüdischen Geschichte seit dem Holocaust – sowie die bis heute andauernde Geiselnahme nicht anerkennt, ist nichts anderes als eine zynische Verunglimpfung des Schmerzes und des Leids, das dieser Brief fälschlicherweise zu verurteilen vorgibt.
Es ist ebenso wichtig, das Recht und die Notwendigkeit Israels anzuerkennen, seine Bürger:innen gegen die Angriffe durch die Hamas zu verteidigen – eine Terrororganisation, die wiederholt und offen zur Auslöschung Israels aufgerufen hat und ihre Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde benutzt.
Es ist von entscheidender Bedeutung anzuerkennen, dass Israel ein Staat von und für Geflüchtete ist, der nach dem Holocaust mit dem Ziel gegründet wurde, einen sicheren Zufluchtsort für diejenigen zu bieten, die den Völkermord an den Juden in Europa während des Zweiten Weltkriegs überlebt haben und der für die von ethnischen Vertreibungen auch im Nahen Osten und Afrika betroffenen Juden seither von lebenswichtiger Bedeutung ist.
Wir lehnen die illegalen Siedlungen und die systematische Unterdrückung der Palästinenser:innen im Westjordanland entschieden ab, aber Israel als bloßen kolonialen Siedlerstaat zu bezeichnen und dabei sowohl die Existenz jüdischen Lebens in der Region seit Tausenden von Jahren abzustreiten sowie die Geschichte der Kriege und Aggressionen seit der Gründung des Staates außer Acht zu lassen, impliziert eine zutiefst antisemitische Sichtweise.
Die Auslassung wesentlicher Fakten dieser andauernden Krise und die Parteinahme für eine einseitige politische Agenda – anstatt einzutreten für Menschenleben, unabhängig ihrer Nationalität und Ethnie – haben uns zutiefst getroffen, insbesondere da sie aus unserer Gemeinschaft kommt. Wir müssen einen solch unausgewogenen Text entschieden verurteilen.
Trauer kennt keine Grenzen. Wir sind der festen Überzeugung, dass es einen öffentlichen Raum geben muss, um die unschuldigen Verluste auf allen Seiten zu betrauern und für Frieden zu demonstrieren. Gleichwohl ist es unsere Überzeugung, dass es dabei keinerlei Toleranz für etwaige Form von Antisemitismus, Rassismus oder Islamophobie geben darf.
Wir verurteilen jeden Versuch, den Kampf gegen Antisemitismus zu nutzen, um Hass gegen Muslime zu verbreiten. Und wir verurteilen jeglichen Versuch, hinter dem Deckmantel antirassistischer Kämpfe und durch den fatalen Missbrauch des Schlagwortes Dekolonialisierung Antisemitismus zu verbreiten.
Wir glauben, dass die Autor:innen und Unterzeichner:innen der Petition, indem sie den unbeschreiblichen Terror der Hamas und ihre Rolle bei der strategischen Eskalation des Konflikts nicht verurteilen, an einem fortlaufenden Prozess der Entmenschlichung teilnehmen, den wir nicht akzeptieren können.
Eine einseitige, voreingenommene Darstellung zu fördern, ist emotional und intellektuell faul, es ist unverantwortlich und trägt nur dazu bei, dass die Gewalt weiter eskaliert. Unsere Aufgabe als Künstler:innen und Filmemacher:innen muss sein, die Realität in ihrer Komplexität zu ergründen und sichtbar zu machen. Wir tragen alle die Verantwortung, so zu sprechen und zu agieren, dass Raum für Frieden bleibt.
Initiiert und Unterschrieben von:
Liel Simon, Rebeca Ofek, Florian Dietrich, Katharina Woll, Albrecht von Grünhagen, Matan Radin, Rebecca Martin, Sabine Schmidt, Beliban zu Stolberg, Alexandra Balteanu, Stanislav Danylyshyn, Florian Plumeyer, Annika Pinske, Kristina Kean Stubert, Margarita Amineva-Jester, Jonas Rothländer.
Zum dffb-Statement-for-Peace mit der Möglichkeit zu unterzeichnen...