07.12.2023

Pia Frankenberg

Nicht nichts ohne Dich
Pia Frankenbergs erster Langfilm Nicht nichts ohne dich (1986)
(Foto: Filmgalerie 451)

Wiederzuentdecken: Pia Frankenberg auf Filmtour

Von Rüdiger Suchsland

Warum auch immer – und jeden­falls zu Unrecht: Pia Fran­ken­berg, geboren 1957 hat nach frühen Erfolgen in den 80er und 90er Jahren, keine Filme mehr als Regis­seurin gemacht. Dabei verkör­pert sie ziemlich viel von dem, was das deutsche Film­system mit den ange­schlos­senen Fern­seh­sen­dern angeblich will: Sie machte Komödien, gewann Preise und hatte Erfolg an der Kasse. »Screwball made in Hamburg. Voilà, hier kommt Pia Fran­ken­berg.« – so schwärmte 1988 der »Wiener« (wer erinnert sich noch?).

30 Jahre nach ihrem letzten Spielfilm bringt die »Film­ga­lerie 451« jetzt die Kinofilme von Fran­ken­berg wieder ins Kino – in einer kleinen Filmtour durch Berlin und Hamburg und dann in Form einer kompletten DVD-Box und on demand.

Der Verleih schreibt von einer Regis­seurin, »die ihre Geschichten als leicht­füßige und subver­sive Komödien erzählt. Das ist unge­wöhn­lich und bis heute selten im deutschen Kino.«
Diese Woche beginnt die Kinotour in Anwe­sen­heit von Pia Fran­ken­berg, deren Stationen hier doku­men­tiert sind.

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Die aufre­gende Aktua­lität der Regis­seurin Pia Fran­ken­berg

Von Anna Bitter

Als der Film­kri­tiker Helmut Schödel im Zuge der Verlei­hung des Max Ophüls Preis' an Pia Fran­ken­bergs ersten Lang­spiel­film Nicht nichts ohne Dich 1986 in der »Zeit« von einem Erfolg »auf verlo­renem Gelände« spricht, spielte dies auf den damaligen Austra­gungsort der Preis­ver­lei­hung an: eine Diskothek, die bis vor Kurzem noch »Saar­brü­ckens größtes Kino« gewesen war.
Zugleich aber schien klar, dass Pia Fran­ken­berg mit ihrem Film, trotz aller Unter­gangs­stim­mung, die das Kino hart­nä­ckig verfolgt, als neuer Hoff­nungs­schimmer in der deutschen Kino­land­schaft wahr­ge­nommen wurde: Sie hatte sich, unge­wöhn­lich und im deutschen Kino bis heute eher selten, als Talent auf dem Terrain der Film­komödie bewiesen. Die Komödie sei, so sagt sie 1988 der »Morgen­post«, »die schönste Form, Anre­gungen subver­siven Verhal­tens zu geben« und trifft damit ins Herz ihres ästhe­ti­schen Ansatzes, der sich quer durch ihr filmi­sches OEvre nach­ver­folgen lässt: Ihre Filme sind leicht­füßig, provokant, unan­ge­passt und bleiben zugleich kluge, unge­schlif­fene Refle­xionen der bundes­deut­schen Wirk­lich­keit (80er- und 90er-Jahre), in der sie entstanden.

In Nicht nichts ohne Dich zeigt Pia Fran­ken­berg die Turbu­lenzen des Alltags einer Regis­seurin, die sich im winter­li­chen Hamburg mehr rastlos als ziel­si­cher durch ihr Leben bewegt, ohne sich und ihre Filme auf vorge­fer­tigte Program­ma­tiken herun­ter­bre­chen zu lassen. Wolf Donner schrieb 1986 im tip Berlin: »In seinen besten Momenten, wo er radikal die subjek­tiven Erfah­rungen der Autorin umsetzt, doku­men­tiert der Film blub­bernden Zeitgeist und steckt, so irgendwie, voller echt schwer­wie­gender Probleme.« Auch Brennende Betten sucht 1988, erneut vor Hamburg-Kulisse, entlang der Geschichte eines unglei­chen Paares jene Reibung mit der unmit­tel­baren Umwelt.

In Nie wieder schlafen treiben 1991 drei Freun­dinnen durch das junge Nachwende-Berlin. In der Bewe­gungs­form des Umher­strei­fens nähert sich der Film einer Stadt im Umbruch: ein wüstes Brachland zwischen Vergan­gen­heit und Zukunft.
Pia Fran­ken­berg erzählt unmit­telbar aus dem Geschehen heraus. Ihre Filme finden darin einen ebenso persön­li­chen wie poli­ti­schen Ansatz. Sie sind intensive Zeit­do­ku­mente, die in ihrem unver­stellten Blick eine aufre­gende Aktua­lität bewahrt haben. Nie wieder schlafen war ihr letzter Spielfilm, den sie als Regis­seurin reali­sierte. Auf die Frage, warum sie danach keine Filme mehr machte, antwortet Pia Fran­ken­berg heute: »Die Stoffe zu meinen Filmen waren immer in ihrer Zeit verankert, deshalb wollte ich meine Ideen schnell umsetzen. Doch die Finan­zie­rung in Deutsch­land dauerte schon damals ewig, nichts ging mehr ohne Fernsehen, und die Redak­tionen wollten Kompro­misse, die ich verwei­gerte.«