Liebe, Heimat und andere Vorkommnisse |
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Hanna Hovities Quadratur des Kreises | ||
(Foto: Bunter Hund) |
Von Hanni Beckmann
Menschen, die unter Hundephobie leiden, unterscheiden gerne zwischen Hunden, die bellen, aber nicht beißen, und den gemeinen Wadenzwickern. In der Fachwelt spricht man auch von harmlosen »Hundis« versus gemeingefährlichen »Hundos«. Welcher Kategorie entspricht wohl der »Hasso«?
Er ist ein »plüschiges Maskottchen«, das zum Festival aus seinem »Körbchen« kommt, beruhigen die Macher des Münchner Kurzfilmfestivals »Bunter Hund«. Hasso ist damit zweifelsfrei ein supersüßes Hundi, das sich gerne auf dem Schoß der vielen Besucher*innen niederlässt, die beim »Bunten Hund« das Werkstattkino füllen. Zum 23. Mal können die Kurzfilmbegeisterten der Stadt vier Tage lang Filme sehen, bis es ihnen zu bunt wird. Durchhalten sollten sie aber bis zur Vorstellung am Sonntag um 19 Uhr, denn da wird der Preisträgerfilm gekürt und mit dem »Hasso« ausgezeichnet, der immerhin 500 Euro wert ist. Eine ganze Menge für einen kurzen Film!
Länger als 20 Minuten pro Film wird’s zumindest nicht beim »Bunten Hund«. Die vier Wettbewerbsreihen und ein Special Programm versprechen große Abwechslung. Alle Genres sind erlaubt: Spiel- und Dokumentarfilm, Animations- und Experimentalfilm. Durch das Programm führen die ehrenamtlichen Macher, selbst ein bunter Haufen unterschiedlichster Charakterköpfe, mit launigen Sprüchen und sinnstiftenden Gedankenspielen.
Vier Wettbewerbsprogramme perspektivieren Filme zu Liebe & andere Grausamkeiten, Arbeit ist das halbe Leben, Heimat und Anders & Artig. Letzteres ist gleich das erste Programm, und es stellt wie ein Motto für das Festival die Vielfalt in den Fokus. Animationsfilme aus Argentinien, Tschechien und Deutschland gesellen sich zu drei Experimentalwerken aus Finnland, zwei Spielfilme aus Schweden und Litauen garnieren das bunte Programm. Da tanzt ein Typ im Wald, Kirschen werden gepflückt, die Quadratur des Kreises wird gesucht, und eine Flamme rebelliert gegen das System der Glühbirnen.
Wenn Arbeit das halbe Leben ist, hat man dabei meist nur halb so viel Spaß. Beim Bunten Hund ist das anders, gemäß dem Motto »Geteiltes Leid ist halbes Leid«. Auch das »Arbeitsprogramm« verspricht deshalb gute Laune. Allein schon beim Filmemachen, wenn die Klappe fällt, steigt das Adrenalin. Oder als Kriminalinspektor. Als Dragster-Driver in halsbrecherischen Beschleunigungsrennen sowieso. Aber es gibt hier auch weniger spaßige Filme, etwa einen schwedischen Dokumentarfilm, in dem Frauen den Mut hatten, sich aus einem Leben voller Verzweiflung zu befreien.
In Heimat lassen sich ebenfalls ernstere Filme finden. Ein Vorfall an der Mauer im geteilten Berlin. Ein liebgewonnenes Kalb soll an einen Schlachter gehen. Das »Einschulungs-Abitur«. Aber auch die Tätigkeit als »Zombie« haben die Bunten Hunde hier als Arbeit eingestuft, und sorgen damit wieder dafür, dass es dann trotzdem nicht zu ernst wird.
Liebe und andere Grausamkeiten: Dem Titel des vierten Programms muss man eigentlich kaum noch was hinzusetzen, so selbsterklärend ist er. Ob Altersheim, schwierige Vater-Tochter-Beziehung, erste Liebe, Homosexualität in einer polnischen Strafanstalt oder die verwunschene Reise auf einen anderen Planeten: Die Kurzfilme des »Bunten Hund« wissen zu verzaubern, stimmen nachdenklich, sind herzerwärmend oder herzzerreißend.
Top-Seller des Programms ist das Special Trash & Sonderbares, für das man sich unbedingt früh in die Einlassschlange reihen sollte. »Diese unvergleichlichen Perlen sind ein Garant für ein unvergessliches Kinoerlebnis«, versprechen die Bunten Hunde (dieses Jahr sind das: Anna Serafin, Julia Lehmann, Markus Mathar, Markus Sauermann, Noni Lickleder und Stephan Golega). Und weiter: »Mit schönen Grüßen aus des Teufels Giftküche kommen diese süßsauren Kostbarkeiten direkt aus der untersten Schublade, um Euch mit Wucht in die Kurzfilmhölle zu katapultieren.« Dafür sorgen die Satire »Die Meise der Pinguine« mit der Stimme von Werner Herzog, die Alliteration in »Pissen aufs Patriarchat« und ein Film ganz in Rosa. Nein, Barbie ist es nicht. Schließlich tanzt noch ein Roboter in einer Münchner Disco. Nach der bunten Samstagnacht ergibt sich ja vielleicht noch was.
Werkstattkino München
Eintritt 6 Euro
Rabatt für Kurzsüchtige: Wer um 18 Uhr für alle drei Vorstellungen eines Tages Karten kauft, zahlt nur 15 statt 18 Euro