Cinema Moralia – Folge 331
»Mind your own damn business!!« |
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Wirklich der »deutsche« Beitrag für die kommenden Oscars? – The Seed of the Sacred Fig | ||
(Foto: Filmfestspiele Cannes · Mohammad Rasoulof) |
»Der Film sofern er Kunst ist, ist Bildkunst. Die Bildersprache, die rhythmisierte Optik, die ihre eigenen Formen und Formgesetze schuf, unterscheiden ihn von allen anderen Künsten, von Epik, Theater und Oper. Er wird immer versagen oder doch selbst in Glücksfällen zweiten Ranges sein, wo er andere Kunstformen imitiert oder als Ersatz für andere Künste auftritt.«
– Gunter Groll, Filmkritiker, 1953»Ich mag’s, wenn sich die Wut entfacht/ Und ich mag deine Zaubermacht
Ich mag die Tiere nachts im Wald/ Wenn sie flüstern dass es schallt
Ich mag den Weg, ich mag das Ziel/ Den Exzess, das Selbstexil
Ich mag erschaudern und nicht zu knapp/ Ich gebe jedem etwas ab
All das mag ich/ Aber hier leben, nein danke«
– Tocotronic
Jetzt wird es lustig! Pünktlich zum Ende des Olympia- und EM-Sommers nimmt die US-amerikanische Wahlkampfshow langsam Fahrt auf, und seit den letzten Wochen verspricht sie eine Show zu werden, die unerwartet viel Spaß macht. Die nächsten Monate werden zu einer großen Show gerade auch für uns Europäer. Denn sie zeigen uns, wie Politik sein kann, nicht nur in ihren Tiefpunkten, für die Donald Trump steht, sondern auch in ihren Höhen, für die vielleicht Tim Walz stehen kann. Sie zeigen uns, wie Politik sein muss, was für großartige Reden man halten kann, wenn man nur will und nicht immer mit verkniffener Grundhaltung und der Moralkeule in der Hinterhand auf die ästhetischen Seiten der Politik blickt – so, wie es leider sehr oft in Deutschland geschieht.
Tim Walz ist der unerwartete, jetzt schon nicht mehr wegzudenkende »Running-Mate« der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris. Er hat hochgradigen Unterhaltungswert, nicht nur weil er manche wie mich an »Fossi Bär« oder an den Trainer aus der Serie »Die Bären sind los« erinnert. Sondern weil er etwas zu sagen hat, und weil er es schön und gut formuliert zu sagen hat.
Ein Beispiel für das, was ich meine, ist dieser Ausschnitt aus seiner Rede in diesem NBC-Beitrag, in dem der Kommentator übrigens nicht zufällig US-Präsident Joe Biden als »Executive Producer« der ganzen Show bezeichnet (0.35min).
Kurz darauf, ab Minute 5.02 beginnt ein längerer Abschnitt (bis ca 9.00), den sich unbedingt bitte alle Leser anschauen sollten, weil er das eigentliche Leitmotiv des kommenden Wahlkampfs herausarbeitet, und das wichtigste politische Thema des 21. Jahrhunderts: Freiheit! Freiheit!! Freiheit von Eingriffen aller Art. Von Regulierungen aller Art, sofern sie Handlungsfreiheit beschneiden. Sie muss nicht nur amerikanische und europäische Bürger, sie muss auch uns,
Filmkünstlern und Filmkritikern, ein essentielles Anliegen sein. Die Frage der Freiheit ist die Wasserscheide zwischen Demokraten und Autoritären.
»Mind your own damn business« ist der Ausdruck dieser Freiheit. Lasst die Leute mit Eingriffen in Ruhe!
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Das gilt auch für uns. Es sollte sich keiner täuschen: Es hat mit uns zu tun. Denn hier wird vorgeführt und unmissverständlich klargemacht: Das heißt Freiheit.
Freiheit bedeutet, dass Filmemacher die Filme machen dürfen, die sie machen wollen, ohne dass ihnen Redakteure und Filmförderer reinquatschen.
Dass sie nach ihren Ergebnissen bewertet werden, ästhetisch wie ökonomisch, nicht nach irgendwelchen Vorhaben und Plänen und schon gar nicht nach irgendwelchen
Diversitätslisten oder Sozialgerechtigkeitslisten oder irgendwelchen anderen Vorschriften, die letztlich nichts anderes tun, als künstlerische Freiheit zunächst einmal einzuschränken. Die nichts anderes tun, als die Handlungsfreiheit von einzelnen Künstlern und Machern einzuschränken. Egal mit was für guten Absichten und was für tollen Werten das gerechtfertigt wird.
»Mind your own damn business« bedeutet auch, dass Filmkritiker schreiben können, was sie wollen – ohne Einschränkung. Dass sie auch über andere Menschen, Filmemacher wie Filmkritiker offen und unverblümt ihre Meinung sagen dürfen. Dass sie andere kritisieren dürfen, ohne auf irgendwelche Vorstellungen oder die Benimmregeln eines Herren- oder Damenclubs Rücksicht zu nehmen. Oder auf Anzeigenkunden. Ohne dass irgendwelche Lobbys oder Vereinigungen und deren imaginärer Corpsgeist ihnen vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben. »Mind your own damn business« bedeutet, dass Geld und Macht nicht mehr Freiheiten haben, als andere. »Mind your own damn business!« bedeutet, dass Meinungsfreiheit alles gilt und dass gesellschaftliche Gruppen nicht das Recht haben, Meinungsfreiheit einzuschränken, die Gesellschaft zu verändern und in ihren Grundfesten zu erschüttern.
In einer freien Gesellschaft muss es möglich sein, über Menschen unter ihrer Namensnennung zu sagen: »This guy is creepy and just weird as hell!« Und dies gilt nicht nur für JD Vance, sondern es gilt selbstverständlich auch für manche Menschen, die Filme machen, für manche Menschen, die Filmfestivals leiten, und für manche Filmkritiker. Ich kenne welche!
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Selbstverständlich hat auch Kamala Harris ausgesprochenes Star-Potential und Showqualitäten. Das zeigte etwa der gemeinsame Wahlkampfauftritt in Arizona, der hier in Gänze zu sehen ist. Nach 20 Minuten ist sie dort zu sehen.
Es sei ein »fight for freedom«, der bevorstehe.
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Tim Walz kennt übrigens offenbar auch den deutschen Film, vor allem Rainer Werner Fassbinder: »We'll sleep, when we are dead!« (11.00min) »Schlafen kann ich, wenn ich tot bin!«
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Alle Jahre wieder gibt es einen Oscar und davor eine Oscar-Einreichung, bei der die neun Weisen der (möglicherweise tatsächlich) wichtigsten neun deutschen Filmverbände ihre Ansicht darüber kundtun, welcher deutsche Film denn wohl die besten Chancen im kommenden Jahr haben dürfte.
Und so wird auch in diesem Jahr wieder ein deutscher Oscar-Teilnehmer gesucht. »German Films« meldet hier die 13 Filme, die für die Abstimmung in einer Woche eingereicht wurden. Hoffentlich ist die Zahl kein böses Omen. Manches Spannendes ist darunter, auch manches, über das man sich nur wundern kann.
Was mich allerdings wirklich erstaunt, ist bei allem Verständnis dafür, wie Industriekino in Deutschland seit jeher funktioniert, warum der neueste Film (The Seed of the Sacred Fig) des iranischen Regisseurs Mohammad Rasoulof, der aus politischen Gründen in Deutschland lebt, nun plötzlich ein deutscher Film sein soll? Es handelt sich selbstverständlich um einen iranischen Film. Er hat einen iranischen Regisseur, iranische Darsteller, ein iranisches (wenn auch irgendwie universales) Thema, es wird Persisch gesprochen – nichts ist hier deutsch, außer der Finanzierung. Diese Finanzierung ehrt die zuständigen Filmförderer und es ehrt die deutschen Steuerzahler, dass sie so etwas möglich machen.
Die Teilnahmebedingungen der Oscar-Einreichung sind selbstverständlich öffentlich. Wer will, kann sie hier nachlesen und überlegen, ob The Seed of the Sacred Fig hier hineinpasst.
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Aber auch wenn The Seed of the Sacred Fig produktionstechnisch als »deutscher Film« durchgeht, dann darf man doch fragen: Wäre es das richtige Signal, wenn dieser Film den deutschen Film vertreten würde? Oder eine Ausrede, ein Armutszeugnis. Oder schlimmer noch: Ein Feigenblatt? Stellen wir uns nur mal vor, der Film würde gewinnen? Würde Claudia Roth dann wieder eine ihrer Reden mit einem Lob des deutschen Films halten?
Ein Film eines iranischen
Dissidenten, der außer dem Geld so gar nichts mit Deutschland zu tun hat, wäre natürlich genau der Film, der das repräsentiert, wie sich Deutschland im Ausland am liebsten zeigt. Jedenfalls das Deutschland der Filmfunktionäre.
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»Das ist ungeschriebene Zensur« – bereits am 24.11.2022 hat die aus dem Iran stammende, in Deutschland lebende Regisseurin Narges Kalhor, deren neuer Film Shahid gerade seit vorletzter Woche in den deutschen Kinos läuft, der »Mittelbayerischen Zeitung« ein Interview gegeben, in dem sie wohltuend unverblümt über ihre Eindrücke und Erfahrungen spricht, die sie hatte, als sie aus einem Land
mit einer totalen Zensur in ein demokratisches Land kam. Sie sagt:
»Zuerst wurde mir klar, dass ich die meisten deutschen Filme – bis auf wenige Ausnahmen – richtig schwach und oberflächlich finde. Ich habe mich gefragt, ob es keine guten Filmemacherinnen und Filmemacher in diesem Land gibt. Später habe ich gemerkt, es gibt so viele talentierte Menschen, deren erste Filme wahnsinnig toll und kreativ sind. ... Danach geht aber etwas kaputt. Alle machen das Gleiche, um
finanzielle Unterstützung und die großen Produktionsfirmen zu bekommen. Wer wirklich kreative Filme drehen will, schafft das nicht. Das ist ungeschriebene Zensur. Das kommt nicht von einer Person, sondern die deutsche Filmindustrie ist eine gemeinsame, ängstliche Familie, die sich nicht traut, Neues auszuprobieren. Das, was dann am Ende rauskommt, ist leider oft traurig und Geldverschwendung. ... Diejenigen, die in der Kultur- und Filmszene an der Macht sind, halten die
Menschen für dumm und behaupten, das Publikum würde sich nicht für Neues interessieren. Das ist falsch. Ich denke nicht, dass die Deutschen keinen Filmgeschmack haben.«
Man muss diese Eindrücke nicht vollkommen teilen, um festzustellen: Narges Kalhor hat einen Punkt!
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»Indessen: nicht immer liegt es an der Filmwirtschaft. Auch die Filmkritik hat ihr Sündenregister.«
- Gunter Groll
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Gunter Groll, zwischen 1945 und 1961 hochgeachteter Filmkritiker der Süddeutschen Zeitung, hat in seinem Buch »Magie des Films« von 1953, aus dem wir hier zitieren, auch der Filmkritik seiner Gegenwart die Leviten gelesen. Groll war Mitglied in der »Arbeitsgemeinschaft der Filmjournalisten e.V.«, der sich viel später in »Verband der deutschen Filmkritik« umbenannte und Mitglied in der Jury des »Preis der Filmkritik«. Er wusste also genau, wovon er redet, wenn er über Filmkritik redete. Und wenn er das tat, sprach Groll von Freiheit:
»Jede Kritik sei persönliche Meinung. ›Doch besser, die Kritik hat die Freiheit selbst zum Irrtum, als keine Freiheit. Kritik hat viele Gefahren: des Irrtums, der Selbstherrlichkeit, des Missbrauchs ihrer Mittel, der allzu verletzenden Schärfe und der allzu betulichen Schwäche. Aber alle diese Gefahren sind geringer als die Gefahr der Unfreiheit. Wenn persönliche Meinungen, selbst irrige, nicht mehr geäußert werden dürfen, regiert die Angst.
Es wird immer gefährlich
bleiben, in irgendeinem Sinne, seine Meinung zu sagen und niemanden zum Munde zu reden. Aber wer sich fürchtet ist kein Kritiker. Wo Kritik ist, ist Auseinandersetzung. Das ist nicht immer angenehm. Doch wo Kritik fehlt, breitet sich Stumpfsinn aus. Das ist tödlich.‹«
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Natürlich war es der unvergessene Michael Althen, der zum 80. Geburtstag von Gunter Groll in der Süddeutschen schrieb. Sein ziemlich genau 30 Jahre alter SZ-Text vom 6. August 1994 endet mit folgender Passage: »Ab 1946 hat Gunter Groll in dieser Zeitung den Ton angegeben, und es gab in diesem Land keine Stimme, die sich mit ihm messen konnte. Auch dort, wo man nicht seiner Meinung ist, kann man lernen: Dass es keine Liebe zum Kino ohne Lust an der Sprache gibt. Die Tugenden, die er hinter Renoirs Bildern spürte, waren auch die seinen: ‚die Liebe, die Barmherzigkeit, die Gelassenheit und die Heiterkeit'.«
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Die Olympiade in Paris, die, glaube ich, nicht nur für mich, eine ganz besondere war, ist leider zu Ende. Sie hätte ewig dauern können, jedenfalls nochmal 16 Tage. Über das Abschneiden der Deutschen im Medaillenspiegel und überhaupt kann man streiten. Worüber man aber glaube ich, nicht streiten kann, das ist, was für ein großartiges Fernsehfest Olympia gewesen ist.
Im medialen Panopticum kam das Fernsehen endlich einmal zu sich selbst. Fernsehen ist nämlich genau das – und nur das! – was während Olympia und zuvor bei der Fußball-Europameisterschaft stattfand: Ein mediales Panoptikum auf zehn Bildschirmen, gleichzeitige Live-Erlebnisse eines Ereignisses, in Echtzeit miteinander verbunden auf einem Display und dort ergänzt durch über weitere 100 Bildschirme, die die Wiederholung bereits beendeter Übertragungen im Live-Modus
ermöglichen.
Dazu ein weiterer Bildschirm, der das Sendebild des linearen Fernsehens überträgt, auf dem das alles zusammengeführt wird, aber jederzeit von uns Zuschauen nach persönlicher Vorliebe auseinandergeführt werden kann. Nichts anderes, nur das ist Fernsehen!
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Alles andere ist Mediathek, es ist Streaming und es sind entweder schlechte, also inhaltistische und illustrative Filme oder es sind Filme, die gut sind und die man daher besser im Kino ansieht.
In Sportgroßereignissen wie den Fußballeuropameisterschaften und jetzt den Olympischen Spielen aber kommt Fernsehen einmal wirklich zu sich selbst. Hier lohnen sich die Gebührengelder!
Echtes Fernsehen ist nur da, wo es live ist – eben fernes Sehen ermöglicht: Jetzt und hier zumindest als Augenzeuge und Beobachter teilhaben an etwas, das gerade geschieht. Das Unvorhergesehene sehen. Fernsehen ist, wo es wirklich Fernsehen ist, immer Liveschaltung, ist immer das Unvorhergesehene.
Darum sind diese sogenannten »Sternstunden« des Fernsehens oft Unglücke, Unfälle, Katastrophen, Attentate, Kriege; auch noch gelegentlich Demonstrationen,
Parlamentsdebatten, die aus dem Ruder geraten, in seltenen Fällen eine Show oder eine Talkrunde, aber auch nur dann, wenn Wirklichkeit sich ausnahmsweise gegen den vorgegebenen Rahmen durchsetzen, wenn Momente der Echtheit und Wahrhaftigkeit sich gegen das Script behaupten.
Sport hat trotz allem letztlich kein Script. Die Sportgroßereignisse sind – wie auch sonst Sport oft die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln ist – die gebändigten Katastrophen und Konflikte, die zum Abenteuer mutierten, ihr positiver Spiegel.
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Was ebenfalls zu Olympia im Fernsehen gehört: Der Jahrmarkt, den man einst im Kino finden konnte, heute leider allzu selten. Während man sich als zahlender Zuschauer vor Ort in der Regel Karten für etwas besorgt, von dem man eine Vorstellung hat, sehen wir hier Sportarten, von denen wir nicht einmal wussten, dass es sie gibt. Mein Lieblingsbeispiel: Die Freestyle-Kür der BMX-Räder in der Halfpipe. Man denkt bei jedem Auftritt, sie brechen sich jetzt aber wirklich das Genick und dieses Genick müsste eigentlich schon fünf Mal vorher im Training gebrochen sein. Sie fahren mit einem Fahrrad ohne Bremse. Man möchte danach echt wissen, wie man für so etwas eigentlich trainiert? Ist das überhaupt Sport? Oder ist es nicht eher Artistik, Zirkus? Mit dem Fahrrad machen die Athleten bei voller Fahrt einen Salto, bei dem man das Fahrrad in der Luft dreimal hin und her schwenkt und dann wieder mit den Füßen auf den Pedalen landet – wie funktioniert das überhaupt? Und dann landen sie auch so, dass die Männer nicht sofort vom Sattel ihr Gemächt zerquetscht bekommen, und dass sie außerdem im Gleichgewicht bleiben und das gleich zehnmal hintereinander in einer einzigen Minute! Diese Auftritte waren der absolute Wahnsinn.
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Philipp Hübls Buch über die aktuellen »Moralspektakel« hatte ich hier vor einigen Wochen schon gelobt. Man kann es nicht oft genug loben. Nicht nur weil das die Richtigen ärgert, sondern auch weil es ein Plädoyer für Gelassenheit und Freiheit ist. Und eine Attacke auf die Tugendwächter: Hübl, dessen öffentlich auf You Tube zugängliche UdK-Vorlesung zur »Bullshit-Resistenz« von 2023 ich jedem nur empfehlen kann, schreibt als genauer Beobachter der Öffentlichkeit selbstverständlich auch über die Filmbranche. Ich zitiere:
»Auch in der Filmbranche äußert sich das Moralspektakel. Die amerikanische Academy of Motion Picture Arts hat entschieden, dass ab 2024 kein Oscar mehr an Filme geht, in denen nicht mindestens eine Frau, eine 'Person of Color' oder ein Mitglied einer sexuellen Minderheit in jeweils zwei von vier Bereichen zu finden ist, nämlich: Hauptrolle (oder wichtige Nebenrolle), Filmproduktion, bezahltes Praktikum und 'Marketing und PR'. Es bleibt eine offene Frage, ob man für mehr soziale
Gerechtigkeit in der Gesellschaft sorgt, indem man die Preisvergabe innerhalb einer Gruppe neu sortiert, in der fast jeder Millionär ist.
Dem Beispiel aus Hollywood scheint in Deutschland die Filmförderung Hamburg und Schleswig-Holstein zu folgen, die Filmprojekte unterstützt. Sie verpflichtet Autoren, Regisseure und Produzenten darauf, keine 'Klischees', 'stereotype Rollenbilder' und 'unbewusste Vorurteile' in ihren Drehbüchern zu verwenden. Antragsteller müssen
außerdem lange Checklisten ausfüllen, auf denen man alle Minderheiten ankreuzen kann, die in den Filmen vorkommen. Gleichzeitig will die Filmförderung mit diesen Kontrolllisten aber 'die künstlerische Freiheit nicht berühren'«.
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»Es ist an der Zeit, sich gegen die Zukunft zur Wehr zu setzen.« schrieb Michael Althen, in der SZ in seiner Rezension über den zweiten Alien-Film im November 1986. Was für ein genialer Satz! Zeitlos wahr.