»I’d like to walk out of the fucking frame« |
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Dreharbeiten zu Cocksucker Blues | ||
(Foto: Jim Marshall Photography) |
Robert Frank, der Fotograf, als Filmemacher: Mit einer spektakulären Retrospektive eröffnet das Filmmuseum München diese Woche seine neue Spielzeit. »Seine Sprache sind die Bilder«, schreibt der Filmemacher Heiner Stadler im Vorwort der Reihe, und dass er sich nie an die Regeln gehalten habe. Als Fotograf brachte er seine Aufnahmen in Fotobüchern in Serie, als Dokumentarfilmer ließ er sich von seinen dokumentarischen Aufnahmen leiten. »Aus zeitgebundenen Einzelbildern werden Bilder über die Zeit«, heißt es bei Stadler.
Berühmt wurde er für seine dokumentarische Foto-Serie »The Americans«, der er in einem Fotobuch eine feste Abfolge und damit Dramaturgie und Narrativität verlieh. Weniger bekannt sind seine mehr als dreißig Filme, die er u.a. im Umfeld der Beat Generation realisierte. Adaptiert hat er auch ihre Methoden: Es gibt Cut-ups, Beschreibungen und Destruktionen, allesamt Eingriffe des Künstlers in das filmische Material des Ready Made.
In Zusammenarbeit mit dem Museum of Fine Arts, Houston, und dem Münchner Filmzentrum e.V. zeigt das Filmmuseum jeweils freitags und samstags bis zum 28. September 15 kurze und lange Filme von oder über Robert Frank. Erhellend ist Laura Israels Dokumentation Don’t Blink – Robert Frank (2015), die den 92-jährigen Robert Frank über seine Lebensstationen und Arbeitsweise befragt. Er kam als deutsch-jüdischer Einwanderer 1947 aus der Schweiz in die USA und arbeitete zunächst als Modefotograf, ging auf Reisen in den südamerikanischen Kontinent und arbeitete schließlich als Fotoreporter. Aus dieser Tätigkeit heraus entstand dann auch »The Americans«, Betrachtungen seiner neuen Landsleute. Über Jack Kerouac kam er zur Beat Generation und bald entstanden auch erste Filme. (Freitag 13.09. 21:00)
Sein erster Film überhaupt hieß Pull Me Daisy (1959), der als Symbol für das New American Cinema gilt. Gedreht wurde in einem Irrenhaus, der Film eine einzige Provokation. Am Spieltermin im Filmmuseum werden u.a. auch Energy And How To Get It (1981) mit William S. Bourroughs und Robert Downey sowie Moving Pictures (1994) mit Allen Ginsberg gezeigt. (Freitag 20.09. 21:00)
Ähnlich wie der amerikanische Avantgardist Stan Brakhage hat auch Robert Frank Filme über sich und seine Familie gedreht. In Conversation In Vermont (1969) besucht er seine Kinder Andrea und Pablo in Vermont. Ein anrührender Moment, denn Andrea verstarb wenige Jahre später, und auch Pablo war nicht fürs Leben geschaffen. Dem dunklen Ereignis, das ihm seine Tochter nahm, ist Life Dances On (1980) gewidmet. Wie er auch nach Themen rang, zeigt The Present (1996), eine Art Tagebuch seines kreativen Schaffens. (Samstag 14.09. 21:00)
Es gibt auch Ausflüge in die »ernste« Filmwelt. O.K. End Here (1963) zeigt, wie attraktiv die Nouvelle Vague auch auf die amerikanischen Künstler wirkte. Für Candy Mountain (1987) arbeitete er mit Rudy Wurlitzer, dem Drehbuchautor für Monte Hellman und Sam Peckinpah zusammen. Die Story aber ist wieder Independent: In dem Roadmovie geht es um einen abgerockten Musiker, der in Kanada den besten Gitarrenbauer der Welt sucht.
(Samstag
21.09. 21:00)
Sein erster Langfilm wurde ein Werk, das sich am Direct Cinema abarbeitet. In Me and My Brother (1965-68) bringt er Inszenierungsgesten in das scheinbar nur Abgefilmte. Paper Route (2002), den er in der Schweiz über einen Zeitungszusteller drehte, ist eher streng dokumentarisch, während Tunnel (2005), in dem die Schlachtung eines Stiers durch Mozart überhöht wird, ans Delirium grenzt. (Freitag 07.09. 21:00)
Zum Abschluss der Reihe wird es noch einmal legendär. Cocksucker Blues (1972) vereinigt die Rolling Stones vor der Kamera, außerdem Andy Warhol, Truman Capote, Tina Turner und andere. Es war eine Auftragsarbeit der Stones, die wollten, dass Frank ihre Auftritte filmte. Mehr interessierte ihn aber, was Backstage geschah: Sex, Drugs & Rock’n‘Roll. Der Film wanderte in den Giftschrank der Band-Historie und durfte nur fünf Mal pro Jahr aufgeführt werden. Dem Stones-Image freilich hat der Film natürlich nicht geschadet, eher im Gegenteil. (Samstag 28.09. 21:00)